Volkspark Kleinzschocher
"Ein Schmuckkästchen für den Westen Leipzigs" resümiert die "Neue Leipziger Zeitung" am 9. September 1928 und kündigt die Freigabe des ehemaligen Gutsparks als ein "gartenkünstlerisches Werk von bezwingender Schönheit" an. Schauen Sie sich den Park selbst an, es lohnt sich!
Im Stadtteil Schleußig, unmittelbar an der Antonienstraße, befindet sich der Eingang zum Volkspark Kleinzschocher. Der Park hat viele Gesichter. Man findet das Sommerbad Kleinzschocher, Sportplätze, Blumenbeete, seltene Baumarten, große Langgraswiesen und vieles mehr.
Der Volkspark liegt inmitten eines dicht bewohnten und verkehrsmäßig gut erschlossenen Gebietes. Betritt man ihn, findet man eine Oase der Ruhe und Erholung vor. Beim Betrachten der Heuernte im Volkspark Kleinzschocher fühlt man sich augenblicklich in eine ländliche Gegend versetzt und ist doch mitten in der Großstadt.
Hier findet man die unterschiedlichsten Plätze zum Verweilen oder Spazieren. Es gibt eine mit Silberahornbäumen bepflanzte Allee, die an der Antonienstraße beginnt, an einer anderen Stelle hat man einen schönen Blick auf das Rosen-Parterre und das Stauden-Rondell.
Wer aus Richtung Kantatenweg kommt, kann im Frühjahr den blühenden Trompetenbaum bewundern oder sich am Zusammenspiel verschiedener Blütenfarben erfreuen, im Herbst zieht das bunte Laub der Bäume die Blicke an. Pyramidenpappeln betonen besondere Punkte der Anlage.
Eine Tafel am ehemaligen Eingang zum Gutspark erinnert die Betrachter an Johann Sebastian Bach, der hier am 30. August 1742 seine Bauernkantate zu Ehren Dieskaus uraufführte. Deshalb wurde der Schlossweg im April 2001 in Kantatenweg umbenannt.
Ein weiteres Denkmal erinnert an die Völkerschlacht bei Leipzig. Anlässlich des 100. Jahrestages wurde das Österreicher-Denkmal mit dem Doppeladler errichtet. Es befindet sich an der Antonienstraße.
Ein Spaziergang durch den angrenzenden Auenwald führt am Liebesdenkmal vorbei, verliebt oder nicht - es ist wunderschön hier.
Leipziger Hain der Jahresbäume
Der Hain der Jahresbäume auf der Küchenholzwiese zeigt alle von 1989 bis 2014 gekürten Jahresbäume, die auf künstlichen Geländeanhebungen gepflanzt wurden.
Langjähriger und treuer Unterstützer dieses Projektes ist von Anfang an die Fielmann AG. Die 24. Grundschule ist Patenschule der Jahresbäume und wirkt an deren Pflanzung und Erhaltung mit.
Weitere Informationen
Der Volkspark Kleinzschocher umfasst in seiner Gesamtheit mehrere gartenkünstlerisch gestaltete Einzelbereiche, die verschiedenen Zeitepochen angehören.
Der älteste Teil ist der Schlosspark, der wegen seiner Komposition und seines Gehölzbestandes als eine der wertvollsten Parkanlagen Leipzigs gilt.
In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde der regelmäßige Bereich der Sondergärten angelegt, neue Wegeverbindungen geschaffen und die verschiedenen Teilbereiche zu einem großen Volkspark zusammengefasst.
Innerhalb dieses Volksparks ist heute noch die Entwicklung vom feudalen Rittergut über den Landschaftsgarten der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, den Volkspark der 30er Jahre bis hin zu den Umgestaltungen in den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts ablesbar.
Der ehemalige Schlosspark, Sportanlagen, die Sondergärten, die der ruhigen Erholung vorbehalten sind, wertvolle Parkräume, große Wiesenflächen und das Freibad sind im Wesentlichen bisher erhalten.
Entstehung der Anlage
Im Bebauungsplan von 1912 war das Gebiet für eine Bebauung vorgesehen, worauf man aber im Laufe der Zeit zugunsten einer großen Parkanlage verzichtete.
Bereits 1914 hatte der Leipziger Stadtrat Interesse am Kauf der Flächen des Rittergutes Kleinzschocher bekundet. Aber erst 1920 wurde der Kaufvertrag abgeschlossen. Obwohl Schloss und Gärtnerei zu Wohnzwecken umgestaltet worden waren, sperrte man den Schlosspark zunächst für die Öffentlichkeit.
1928 lieferte Gartendirektor Nikolaus Molzen seinen Entwurf für einen Volkspark auf dem Gelände der Schlosswiesen und des Küchenholzes. Zunächst sah die Planung eine ausgedehnte, streng symmetrische Anlage vor. Unter anderem waren eine große Tummelwiese, eine Planschwiese, ein Kulturtheater, ein Uferweg entlang der Elster sowie ein Teich geplant.
Ab 1928 begannen schrittweise die Arbeiten. Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurden unter anderem die Sondergärten entlang der Küchenholzallee und die weiterführende Wegeverbindung sowie die Ausbildung der Gehölzkulisse um die große Struthwiese fertiggestellt.
In der Folgezeit wurde die Planung jedoch modifiziert, dem vorhandenen reizvollen Landschaftsraum der Elsteraue angepasst und der Schlosspark sowie ein Sommerbad in die Gesamtanlage einbezogen.
Das Schloss wurde im Krieg zerstört und später abgetragen. 1945 wurde das Freibad an der Küchenholzallee wieder eröffnet. In den 50er und 60er Jahren wurde das Parkgelände wieder hergestellt und teilweise verändert. Die danach erfolgte Bebauung verschiedener Flächen durch die GST wurde inzwischen wieder abgebaut.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts vollzog sich ein tiefgreifender Wandel der gesellschaftlichen Verhältnisse. Die beispiellose Industrialisierung der Gründerzeit hatte mit all ihren Nebenerscheinungen, wie rasante Verstädterung, problematische Wohn-, Arbeits- und Lebensbedingungen für die proletarische Bevölkerung, ihren Höhepunkt erreicht.
Von England ausgehend kündigten sich Reformbewegungen an. Der Begriff Volkspark wurde zum neuen Leitbild erhoben und löste damit den typischen, inzwischen als schablonenhaft und in der beschränkten Nutzung kritisierten Stadtpark des 19. Jahrhunderts durch neue Funktions- und Formvorstellungen ab.
Die Volksparkidee
Die Volksparkidee dokumentierte gleichzeitig auch ein neues Programm und eine neue soziale Politik. Man wollte nicht nur gesunde, sondern auch zufriedene Arbeiter und Bürger, die stolz auf ihre Stadt waren. Das war neu. Die Bevölkerung sollte den Park nicht auf dem Wege des „landschaftlichen Genießens“ in Besitz nehmen, sondern über die „Beteiligung im Freien: Spiel, Sport, Lagern, Planschen, Reiten, Tanzen – dann ferner Musikgenuss, Kunstgenuss, Blumengenuss; leibliche Genüsse“, so der Hamburger Stadtbaurat Fritz Schumacher 1928.
Nach dem Ersten Weltkrieg schärfte die Wirtschaftskrise erneut den Blick für die sozialen Belange. Neben der Landesplanung bekam auch die kommunale Freiflächenpolitik einen Auftrieb in bisher nicht gekannte Dimensionen.
So kam es zwischen 1919 und 1933 zu einem regelrechten Volksparkboom. Auch als die Bewegung durch die Weltwirtschaftskrise 1929 allmählich ins Stocken geriet, wirkte sich die materielle Beschränkung noch einige Jahre entgegengesetzt aus, indem durch die hohe Arbeitslosigkeit wie in Leipzig allerorts Notstandsarbeiter für die Anlage oder Erweiterung der Volksparke eingesetzt werden konnten.