Der Wettbewerb für einen künstlerischen Entwurf für die Gestaltung eines Luther-Melanchthon-Denkmals in Leipzig ist beendet
Der offene, anonym und zweistufig durchgeführte Wettbewerb für einen Künstlerischen Entwurf für die Gestaltung eines Luther-Melanchthon-Denkmals ist nach seiner Auslobung durch die Stadt Leipzig am 1. Oktober 2018 auf eine große Resonanz gestoßen. Die 77 Einreichungen kamen aus Deutschland (aus elf Bundesländern insgesamt 68 Beiträge, davon sechs aus Leipzig) und aus fünf europäischen Staaten (Frankreich, Niederlande, Österreich, Polen und Schweiz; insgesamt neun Beiträge).
1. Platz
Das Preisgericht sprach in seiner zweiten Sitzung am 23.5.2019 dem Wiener Künstler Gerald Aigner für seinen Entwurf eines neuen Luther-Melanchthon-Denkmals in Leipzig den ersten Platz zu. Der Beitrag trägt keinen zusätzlichen Titel.
Gerald Aigner: Entwurf Luther-Melanchthon-Denkmal, 2019 © Gerald Aigner Bilder vergrößert anzeigenDie Entstehung der Skulptur aus dem historischen Denkmal heraus. © Gerald Aigner Bilder vergrößert anzeigenDer Kern des Denkmals als Gedächtnisstütze. © Gerald Aigner Bilder vergrößert anzeigenInschriften am Boden des Denkmals © Gerald Aigner Bilder vergrößert anzeigen
2. Platz: "Luther-Melanchthon-Weg, Reform der Gegebenheiten"
Der zweite Platz wurde dem Entwurf der Künstlerinnengruppe missing icons (Ute Vorkoeper und Andrea Knobloch) aus Hamburg für die Idee "Luther-Melanchthon-Weg, Reform der Gegebenheiten" zuerkannt.
3. Platz: "Luther und Melanchthon - Köpfe der Reformation"
Der dritte Platz wurde für den Entwurf "Luther und Melanchthon - Köpfe der Reformation" an Nikolai von Rosen und Jonathan Banz aus Berlin vergeben.
Jury
Unter dem Vorsitz der Künstlerin Elisabeth Howey (Leipzig) gehörten dem Preisgericht die Bürgermeisterin für Kultur, Dr. Skadi Jennicke, der Künstler Prof. Bruno Raetsch (Dresden), die Künstlerin Prof. Renata Stih (Berlin), der Direktor des Museums der bildenden Künste Leipzig, Dr. Alfred Weidinger, der Kulturbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Dr. Johann Hinrich Claussen und Pfarrer i.R. Dr. Sieghard Mühlmann für den Luther-Melanchthon-Denkmal-Verein Leipzig an.
Ausstellung
Die Erläuterungen und Modelle der Einreichungen der zweiten Stufe werden vom 5. bis 27. Juni 2019 in der Ausstellung "DENK + MAL Luther Melanchthon" in der Unteren Wandelhalle des Neuen Rathauses Leipzig vorgestellt.
Der Weg zu einem neuen Luther-Melanchthon-Denkmal in Leipzig
Im Jahr 2005 gründete sich in Leipzig auf die Initiative engagierter Bürger der Luther-Melanchthon-Denkmal Verein e.V., der es sich zum Ziel gesetzt hat, an die beiden wichtigen Reformatoren in Leipzig in Denkmalsform zu erinnern. Seither hat der Verein das Verständnis für die Aktualität des Themas in die Bürgerschaft und den Leipziger Stadtrat getragen.
Der Kerngedanke war zunächst, an das 1883 eingeweihte Luther-Melanchthon-Denkmal von Johannes Schilling und dessen Schicksal zu erinnern, um es wieder zu errichten. Dieses bedeutende Doppeldenkmal wurde 1943 von den Nationalsozialisten für Kriegszwecke eingeschmolzen. Das nicht nachlassende bürgerschaftliche Engagement führte zum Beschluss der Leipziger Ratsversammlung vom 19. März 2014. Dieser sieht die Wiedererrichtung des in der Zeit des Nationalsozialismus zerstörten Leipziger Denkmals zur Würdigung der deutschen Reformatoren Martin Luther und Philipp Melanchthon in zeitgemäßer Form vor. 2017 erfolgte eine ämterübergreifende Abstimmung zu möglichen Standorten eines Luther-Melanchthon-Denkmals, welcher schließlich in Einklang mit dem Verein auf der Grünfläche gegenüber dem Neuen Rathaus gefunden wurde. Der Luther-Melanchthon-Denkmal Verein e.V. änderte 2018 sein Satzungsziel und folgte der Haltung der Stadt Leipzig, keine Nachbildung aufzustellen. Er wirkte am Wettbewerb mit und verpflichtete sich, für die Errichtung eines neuen Luther-Melanchthon-Denkmals Spenden einzuwerben.
Mit der Beendigung des Ideenwettbewerbs geht der Staffelstab aus der Verantwortung der Stadt zurück an den Luther-Melanchthon-Denkmal Verein. Dieser beginnt nun für die Realisierung des Siegerentwurfs zu werben, Spenderinnen und Spender für die Umsetzung zu gewinnen, so dass das Denkmal wie vor 136 Jahren aus der Bürgerschaft heraus entstehen könnte.
Zum Siegerentwurf schreibt Dr. Sieghard Mühlmann, Pfarrer i.R. und stellvertretender Vorsitzender des Luther-Melanchthon-Denkmal-Vereins:
Der mit einem 1. Preis bedachte Entwurf des geplanten Reformationsdenkmals in Erinnerung an das Luther - Melanchthon - Denkmal zeigt das nachgebildete Podest, auf dem die Reformatoren saßen, einander im Gespräch zugewandt, Luther, sitzend, mit aufgeschlagener Bibel auf den Knien und der stehende Melanchthon, eine Ausgabe der Augsburger Konfession in der Hand. Das Podest ist nun leer, befreit von den ursprünglichen Zugaben, vier Reliefs, Aspekte evangelischen Lebens und die Einführung der Reformation in Leipzig bzw. im Herzogtum Sachsens erinnernd sowie anderen auf die Personengruppe bezogenen Inschriften und Interpretamente. Der Entwurf reduziert das Podest auf einen Kern, dem nun Hinweise auf historische Interpretationen und Einordnungen und die Rezeptionsgeschichte der Reformation fehlen. So fragt das "leere" Podest auch, was denn nun vernichtet ist und erinnert mahnend an den Schmerz der Zerstörung des alten Denkmals im 2. Weltkrieg durch die Nationalsozialisten. Es enthüllt letztlich aber den Kern der Reformation, um den in der Leipziger Disputation besonders zwischen Johannes Eck, dem Verteidiger der Papstkirche und Martin Luther, dem künftigen Reformator und Initiator der evangelischen Kirche heftig gestritten wurde. In Leipzig wurde Luther auf dem Weg zu einer neuen Kirche vorangetrieben, aber Leipzig wurde durch die Disputation auch zum ältesten Zentrum der Gegenreformation. Hier schieden sich die Geister. Das Podest selbst ist Ausdruck eines neuen Kirchenverständnisses: die Kirche ist nicht gegründet auf die Person oder das Amt des Papstes, sondern auf den Glauben des Petrus (= Fels) an Christus. Das Podest: es ragt symbolisch auf wie ein "Fels des Glaubens", wie es im Lutherlied, oder wie es Heinrich Heine und Friedrich Engels nannten, der Marseillaise der Reformation, heißt: "Ein feste Burg ist unser Gott". So könnte das neue Denkmal anregen zu einem die Grenzen der Konfessionen, Weltanschauungen und politischen Prägungen überschreitenden Gespräch und darüber, was letztlich wichtig ist und dem friedlichen Miteinander dient.
Dr. Sieghard Mühlmann, Pfarrer i.R. und stellvertretender Vorsitzender des Luther-Melanchthon-Denkmal-Vereins