Die Krematoriumsanlage auf dem Südfriedhof
Die Kremationsanlage auf dem Südfriedhof Leipzig wurde als 18. Deutsches Krematorium offiziell am 14.01.1910 in Betrieb genommen.
Die ursprüngliche Anlage wird zunächst mit zwei nebeneinander liegenden Etagenöfen nach dem System Schneider (Stettin) ausgerüstet. Im Jahr 1915 wurde ein dritter Einäscherungsofen nachgerüstet.
Diese Einäscherungsöfen basierten auf dem Prinzip des Regenerations-Gasofens der Firma Siemens-Schneider.
Im Verlauf der Betriebszeiten der Öfen wurden diese öfters umgebaut, blieben aber dem Grundprinzip des Etagen-Schwerkraftofens treu.
Die letzte Generalreparatur erfolgte im Jahr 1986/87. In ihrer Art und Lage wurde in diesem Kremationsbereich bis 1994 eingeäschert. Im Jahr 1994 wurde die gesamte Anlage aus umwelttechnischen Gründen außer Betrieb genommen.
In der Übergangsphase wurden die Feuerbestattungen in einer, neben dem ursprünglichen Standort errichteten Kremationsanlage, vorgenommen.
Neue Kremationsanlage im rekonstruierten Gebäudeteil
Im Jahr 1998 wurde im 1. Quartal mit der Rekonstruktion des gesamten Gebäudeteils begonnen. Dabei wurde unter Berücksichtigung der neusten Erkenntnisse auf dem Gebiet der Kremationstechnik, auf der Grundlage von Studien der beauftragten Technikbüros, in enger Zusammenarbeit mit dem damaligen Friedhofsamt, jetzigem Amt für Stadtgrün und Gewässer, Abteilung Friedhöfe und dem Stadtumweltfachamt der Stadt Leipzig, die Neukonzeption der jetzigen Kremationsanlage erarbeitet.
Bei der Gestaltung des Einfahrbereiches vor den Kremationsöfen wurde mit großer Sorgfalt darauf geachtet, dass der ehemalige Gedanke des Stadtbauarchitekten Scharenberg zum sakralen Charakter der Einäscherungshalle wieder belebt und nachempfunden werden konnte.
Dabei wurden die acht Rundbogenfenster, der Kuppelbereich dieser Halle, der ebenso in den letzten 40 Jahren nicht mehr vorhanden war, wieder eingebaut beziehungsweise neu erstellt.
Die neu erbaute Kremationsanlage wurde am alten Standort errichtet. Das neue Krematorium steht seit dem 30. Juli 1999 wieder zur Nutzung zur Verfügung.
Für die Hinterbliebenen besteht auf Wunsch die Möglichkeit, bei der Kremation ihres verstorbenen Angehörigen mit beizuwohnen.
Nach Beantragung beim Arbeitskreis Kommunaler Krematorien wurde dem BgA Krematorium der Stadt Leipzig 2009 das Güte- und Vertrauenssiegel "Kontrolliertes Krematorium" verliehen.
Weitere Informationen
Bereits im Jahr 1876 bestand in Leipzig ein Verein für Feuerbestattung, der durch den bekannten Leipziger Arzt Prof. Dr. Reclam ins Leben gerufen wurde.
Zur gleichen Zeit ließ der freisinnige Herzog Ernst von Coburg/Gotha das erste deutsche Krematorium in Gotha in Betrieb nehmen. Als der Gründer des ersten Leipziger Feuerbestattungsvereines starb, wurde dieser im Krematorium zu Gotha eingeäschert, da in Leipzig noch nicht an eine solche, von vielen gewünschte Einrichtung zu denken war.
Das Ableben von Prof. Dr. Reclam war dann wenig später auch das vorläufige Ende dieses Vereines. Es bedurfte einer Zeit von Jahren, bis dieser Gedanke wieder aufgegriffen wurde und durch den Gohliser Kaufmann Wilhelm Seifert am 13. August 1891 der Feuerbestattungsverein wieder ins Leben gerufen wurde.
Zu dieser Zeit fehlte in Sachsen immer noch jegliche gesetzliche Grundlage zur Durchführung der Feuerbestattung und zum Betrieb einer Feuerbestattungsanlage.
In vielen Bundesstaaten, wie Hamburg, Württemberg, Hessen, Baden, Weimar war bereits eine gesetzliche Regelung der Feuerbestattung erfolgt. Nur noch nicht in Sachsen! Eine entgültige Entscheidung sollte erst nach der sächsischen Kirchenkonferenz im Jahre 1906 erfolgen.
Mittlerweile war in Chemnitz das erste sächsische Krematorium fertiggestellt worden, aber erhielt noch keine Erlaubnis zur Betriebseröffnung. Daraufhin wurde von Chemnitzer Seite beim Oberverwaltungsgericht eine Anfechtungsklage eingelegt und die Entscheidung erreicht, dass in Sachsen ein gesetzliches Verbot der Feuerbestattung nicht bestehe. An dieser Tatsache konnte die Regierung nicht vorübergehen und legte dem Landtag einen Gesetzentwurf vor. 1906 erfolgte die Annahme dieses Entwurfes durch den Landtag.
Nach langem Kampf hatte Sachsen somit ein Feuerbestattungsgesetz erhalten. Chemnitz eröffnete daraufhin sein Krematorium, das erste in Sachsen. Leipzig versuchte nun zu folgen.
Die Stadt Leipzig war nun sogar bereit, als sich die Erweiterung des Südfriedhofes notwendig machte, dem bestehenden Feuerbestattungsverein an der Reizenhainer Straße ein Baugrundstück zur Errichtung eines Krematoriums zur Verfügung zu stellen.
Die Stadtverordneten lehnten die Ratsvorlage Überlassung eines Bauplatzes auf dem Südfriedhof zur Errichtung eines Krematoriums ab und ersuchten den Rat, eine neue Vorlage auszuarbeiten, die die Erbauung durch die Stadt und eingegliedert in den Gesamthallenbau vorsehen sollte, weil nur dadurch der Feuerbestattung am besten gedient und eine volkstümliche Verbreitung derselben gesichert würde. Diesem Verlangen der Stadtverordneten wurde mit einem Ratsbeschluss gefolgt und zur Aufgabenstellung für den Stadtbauarchitekten Oberbaurat Scharenberg.
Bei dieser ihm übertragenen Aufgabe standen ihm der Architekt Hackert und der Baumeister Dechandt zur Seite.
Ursprünglich sollte dieser Bau in Nähe des Friedhofstores errichtet werden. Da er jedoch in unmittelbare Nachbarschaft zum Völkerschlachtdenkmal getreten wäre, käme der kleinere Friedhofsbau nicht zur Geltung. Da sich sowieso eine Erweiterung des Friedhofes zu dieser Zeit erforderlich machte, wurde dieses Bauwerk an der jetzigen Stelle errichtet.
Der Baubeginn erfolgte im Jahre 1907.
Bei dieser Gesamtanlage handelt es sich um die größte, geschlossene Anlage nördlich der Alpen, die für den Zweck von Trauerfeierlichkeiten/Bestattungen und Kremationen existiert!
Die erste Einäscherung erfolgte am 04.12.1909. Der erste Bürger, der hier eingeäschert worden ist, hieß Georg Wilhelm Max Woelker, Kaufmann und Fabrikbesitzer aus Leipzig. Im gesamten Jahr 1910 wurden auf Wunsch insgesamt 320 Verstorbene eingeäschert.
Bis zum heutigen Zeitpunkt wurden im Krematorium Leipzig insgesamt 554.000 Kremationen durchgeführt.
2009 - 100 Jahre Feuerbestattung in Leipzig
Mit der Einäscherung des Kaufmanns und Spinnereidirektors Georg Wilhelm Woelker Anfang Dezember des Jahres 1909 begann die Einäscherung von Verstorbenen im Krematorium auf dem Südfriedhof Leipzig.
Aus Anlass des 100-jährigen Bestehens der Einäscherungsanlage auf dem Südfriedhof, fand am 4. Dezember 2009 eine Veranstaltung in der Hauptkapelle des Feierhallen- und Krematoriumskomplexes auf dem Südfriedhof statt. In Vorträgen zum Thema wurde ein Streifzug durch die Geschichte der Feuerbestattung in Leipzig unternommen und es wurden die Baulichkeiten des Feierhallen- und Krematoriumskomplexes auf dem Südfriedhof vorgestellt. In diesem Rahmen wurde auch eine neue Publikation vorgestellt, die sich der 100-jährigen Entwicklung der Feuerbestattung in Leipzig widmet. Herausgeber ist die Stadt Leipzig.