Gastfamilie für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge werden
In den letzten Monaten hat sich die Zahl der Menschen, die auf der Flucht vor Bürgerkrieg und Verfolgung in Leipzig Zuflucht suchen, erhöht. Unter diesen Menschen befinden sich auch unbegleitete Minderjährige, die oft belastende Erfahrungen gemacht haben. Dabei handelt es sich um überwiegend männliche Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren.
Diese unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge werden vom Amt für Jugend, Familie und Bildung in Obhut genommen, erhalten einen Vormund und werden beim Kinder- und Jugendnotdienst oder in Interimseinrichtungen der Stadt wie zum Beispiel dem Offenen Freizeittreff "Am Mühlholz" in Obhut genommen. Anschließend werden viele von ihnen in Wohngruppen betreut.
Gastfamilien gesucht
Die zum Teil traumatischen Fluchterfahrungen und das Fehlen der eigenen Familie macht das Ankommen in Deutschland für die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge besonders schwer. Die Geborgenheit einer Familie kann den Jugendlichen helfen, die Vorstellung von Deutschland mitsamt den Gepflogenheiten des Alltags hier auf behutsame Weise kennenzulernen.
Um einigen der Jugendlichen ein solches familiäres Umfeld zu bieten, in dem sie beschützt in der deutschen Kultur ankommen und die Sprache unmittelbar lernen können, werden in Leipzig Familien, Paare, Lebensgemeinschaften und Einzelpersonen mit stabilem sozialen Netz gesucht, die einen jungen Menschen mit Fluchterfahrung aufnehmen möchten.
Gastfamilien erhalten finanzielle Unterstützung im Rahmen des gesetzlich vorgesehenen Pflegesatzes und umfangreiche Qualifizierungsmaßnahmen, welche auf die Gastelternschaft vorbereiten.
Voraussetzungen und Erwartungen an Gastfamilien
Gastfamilien sind Pflegefamilien für Kinder und Jugendliche mit Fluchterfahrung. Sie unterscheiden sich von Pflegeeltern nicht im rechtlichen Sinne, sondern in der Besonderheit, dass sie Jugendliche aufnehmen, die höhere Anforderungen an interkulturellem Verständnis und Toleranz benötigen. Gastfamilien sind ein Angebot im Rahmen der Vollzeitpflege für unbegleitete, minderjährige Ausländer gemäß dem Sozialgesetzbuch (SGB VIII § 33).
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Gastfamilien müssen keine Familie im herkömmlichen Sinne sein, um einen Jugendlichen bis zur Volljährigkeit zu begleiten. Auch Paare, Alleinstehende oder Lebensgemeinschaften sind als neue Bezugspersonen willkommen. Erfahrungen und Toleranz im Umgang mit Jugendlichen sollten jedoch vorhanden sein.
Unklarheiten über die Herkunft des Kindes, die sowohl seine Identität wie auch Informationen über seine Herkunftsfamilie betreffen, sind Faktoren, die von Verunsicherung bis hin zu Misstrauen im Zusammenleben führen können. Daher sind Toleranz und Einfühlungsvermögen in die fremde Kultur mitsamt den Fluchterfahrungen wichtig.
Die Vorstellung zur Pubertät und des Heranwachsens zum Erwachsenen in Deutschland können sich deutlich von den bisher gemachten Erfahrungen der Jugendlichen unterscheiden und diese unter Umständen entwerten. Dadurch entstehen Probleme, auf deren Bewältigung sie nicht unbedingt vorbereitet sind und für die sie keine passenden Lösungsstrategien haben. Das betrifft zum Beispiel den Umgang mit Sexualität, Vorstellung von Pünktlichkeit, die ungeschriebenen Normen und Regeln im Schulalltag beziehungsweise im Arbeitsleben.
Die Jugendlichen pflegen vorwiegend einen engen Kontakt zu den eigenen Familien, die noch im Kriegsgebiet leben oder auf der Flucht sind. Daher ist es wichtig, die Ängste der Jugendlichen ernst zu nehmen. Sie nutzen vorrangig das Internet mit der E-Mail-Funktion, Whatsapp oder auch Skype, um mit ihrer Familie zu kommunizieren.
Manchmal wurden diese unbegleiteten Jugendlichen auch als "Abgesandte" ihrer Familien auf den Weg nach Europa geschickt, um einen Aufenthaltstitel zu erlagen, der einen Familiennachzug ermöglichen kann.
Die Jugendlichen sind zwar der Gastfamilie angebunden, die gesetzliche Vertretung des Jugendlichen übernimmt jedoch ein Vormund, den das Amt für Jugend, Familie und Bildung stellt. Die Gasteltern sind nicht voll verantwortlich und Grundentscheidungen (zum Beispiel schulische oder berufliche Integration, Aufenthaltsort oder Operationen) werden zusammen mit dem Vormund getroffen. Die Gastfamilie entscheidet über Angelegenheiten des täglichen Lebens wie Arztbesuche, Kontakte zu Freunden, Teilnahme an Elternabenden oder Sportvereinsmitgliedschaften.
Die Gastfamilie muss der Aufsichtspflicht nachkommen, indem sie das Tun und die Kontakte des Jugendlichen im Blick behält. Des Weiteren ist eine altersgerechte Aufklärung über Gefahren und Vorsichtsmaßnahmen notwendig.
Die minderjährigen Flüchtlinge sind an die Residenzpflicht gebunden. Das vorübergehende Verlassen des beschränkten Aufenthaltsbereichs zur Teilnahme an Verwandtenbesuchen, Sportveranstaltungen oder Ausflügen kann auf Antrag des Vormunds erfolgen.
Die unbegleiteten jugendlichen Flüchtlinge besuchen "Deutsch als Zweitsprache" (DaZ)-Klassen und berufsvorbereitende Maßnahmen, die Grundlagen der Alltags- und Bildungssprache vermitteln. Da es unter Umständen zu Wartezeiten kommen kann, bis ein Platz für den Jugendlichen im Stadtgebiet verfügbar ist, müssen sich Gasteltern bewusst sein, dass der Betreuungsbedarf zu Hause in der Anfangszeit erhöht sein kann.
Gastfamilien, die einen Jugendlichen bei sich aufnehmen, müssen im Bewusstsein darüber sein, dass bei der Ankunft noch offen ist, welchen Ausgang ein Asylverfahren nimmt und ob der junge Mensch in Deutschland ein Bleiberecht bekommt.
Ja. Gastfamilien erhalten finanzielle Unterstützung im Rahmen des gesetzlich vorgesehenen Pflegesatzes und umfangreiche Qualifizierungsmaßnahmen, die auf die Gastelternschaft vorbereiten.
Rechtsgrundlage ist § 39 Sozialgesetzbuch, Achtes Buch (SGB VIII), was einmalige Hilfen und monatliches Pflegegeld beinhaltet.
Rechtlich gesehen gibt es keinen. Inhaltlich sind die Anforderungen jedoch umfassender als bei Pflegeeltern:
- Durch das jugendliche Alter ist der zu erwartende Betreuungszeitraum bis zur Volljährigkeit kürzer.
- Familienangehörige des Jugendlichen könnten jederzeit in Deutschland eintreffen, was zur Folge hat, dass das Kind dann von einem Tag auf den nächsten aus der Gastfamilie herausgenommen wieder verlassen kann.
- Es ist ein sehr hohes Maß an interkultureller Kompetenz und Verständnis erforderlich.
Das hängt vom Mietvertrag ab und muss privat geprüft werden. Es sollte jedoch ausreichend Platz in Ihrem Zuhause vorhanden sein. Außerdem müssen alle volljährigen Mitbewohner Ihrer Wohnung bzw. Ihres Hauses mit der Aufnahme eines jugendlichen Flüchtlings einverstanden sein.
Eventuell kann der junge Flüchtling dann in der Familie bleiben. Da hier noch keine Erfahrungen vorhanden sind, wird dies geprüft und noch geregelt.
Sie haben ein eintragfreies, erweitertes Führungszeugnis, leben in gesicherten wirtschaftlichen Verhältnissen und sind bei stabiler Gesundheit? Dann können Sie Gastfamilie werden. Unter der Telefonnummer 0341 123-4370 erhalten Sie weitere Informationen zum Ablauf des Verfahrens.
Nach der Interessenbekundung wird eine Eignungsfeststellung durchgeführt. Danach kommt es zum Vermittlungsverfahren.
Der Weg zur Gastfamilie
Obwohl das Verfahren deutlich gestrafft wurde, braucht die Vermittlung seine Zeit, um geeignete Gastfamilien ausfindig zu machen. Folgender Ablauf zeigt den Weg zur Gastfamilie:
- Interessensbekundung der potentiellen Gastfamilie
- Kontaktaufnahme durch das Amt für Jugend, Familie und Soziales
- Erstgespräch
- Eignungsfeststellung
- Qualifizierung durch Teilnahme an drei Schulungseinheiten
- Anonymes Kennenlernen und Anbahnungsphase
- Vermittlung