Diese Herausforderung für uns alle, für jeden einzelnen von uns, für jede Behörde, für jede Hilfsorganisation, wird in den nächsten Wochen und Monaten nicht geringer werden. Im Gegenteil, die Prognosen werden immer wieder nach oben korrigiert, vielleicht werden wir mit bis zu 750.000 Menschen rechnen müssen, die sich bis zum Jahresende nach Deutschland flüchten. In jeder Stadt, in jeder Gemeinde in Deutschland wird die Misere ankommen, werden wir die Folgen spüren, sind wir aufgefordert zu helfen.
Je enger wir Hand in Hand arbeiten, desto besser wird es uns gelingen, die Flüchtlinge zu integrieren. Dies funktioniert momentan noch nicht optimal, die verschiedenen Behörden auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene werden hier in den nächsten Wochen sich stärker öffnen müssen, es bedarf einer deutlich engeren Abstimmung.
Ich mache kein Hehl daraus, dass ich die Unterbringung von Menschen in einer Turnhalle für ungeeignet halte. Mehr als 400 Frauen, Männer und Kinder in der Ernst-Grube-Halle in Leipzig unterzubringen, mag in einer Notsituation für kurze Zeit hinnehmbar sein. Eine Lösung für Monate ist es sicher nicht. Wir als Stadt Leipzig wollen die Unterbringung in Turnhallen so lange es irgend möglich ist vermeiden. Und ich kann nicht nachvollziehen, warum auf Landesebene, wo die Verantwortung für die Erstaufnahme liegt, Liegenschaften wie das ehemalige Kinderkrankenhaus in der Oststraße nicht ertüchtigt werden, um dort Flüchtlinge menschenwürdig aufnehmen zu können. Durch den räumlichen Zuschnitt ist die Klinik geradezu ideal, um Privatsphären zu schützen und die Versorgung zu organisieren.
Wir sind heute in einer Situation, wie wir sie uns zu Jahresbeginn nicht vorzustellen wagten. Wir erleben Zeltstädte mitten in Deutschland, in denen Menschen untergebracht werden. Mit dem Herbst vor Augen werden in den nächsten Wochen überall in Deutschland tausende zusätzliche winterfeste Unterkünfte gebraucht werden. Ich appelliere an alle Vermieter und Eigentümer nicht nur in Leipzig: Schauen Sie, ob Sie Unterkünfte bereitstellen können. Ich bedanke mich bei den vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern und für die spontanen schnellen Spenden und Hilfen. Nur mit einem solchen engen Schulterschluss werden wir die Herausforderungen der nächsten Monate meistern können.