Fachgespräch: Leipzig wächst - Wie kann die doppelte Innenentwicklung gelingen?
Seit einigen Jahren ist Leipzig eine der am stärksten wachsenden Städte Deutschlands. Bis 2030 wird mit einem weiteren Wachstum auf circa 720.000 Einwohner gerechnet. Die Stadt steht nun vor der Herausforderung, auf die damit einhergehenden Bedarfe und Ansprüche an Wohnraum, Gewerbeflächen und Freiräume sowie die entstehenden Nutzungskonflikte zu reagieren und durch vorausschauendes kommunales Handeln möglichst ausgewogene Rahmenbedingungen für alle Beteiligten zu schaffen.
Vor diesem Hintergrund diskutierten Vertreterinnen und Vertreter der Stadtverwaltung (Amt für Stadtgrün und Gewässer, Amt für Umweltschutz, Stadtplanungsamt) am 15. August 2016 in der Volkshochschule mit Fachvertreterinnen und Fachvertretern aus der Wirtschaft sowie aus Vereinen und Verbänden an vier Diskussionstischen zu folgenden zentralen Fragestellungen:
- Welche Funktionen und Qualitäten von Freiraum und Umwelt sollen in den Quartieren gesichert werden?
- Wie können Flächen für die Stabilisierung und Steigerung der Freiraum- und Umweltqualität gesichert werden? Welche Instrumente sind geeignet? Wie können Eigentümer mobilisiert werden?
Die Ergebnisse aus dem Werkstattgespräch fließen in die weitere Bearbeitung des INSEK Leipzig 2030 ein, insbesondere in das Fachkonzept Freiraum und Umwelt.
Ausgangslage der Doppelten Innenentwicklung in Leipzig
Rüdiger Dittmar, Leiter des Amtes für Stadtgrün und Gewässer, erläutert, warum sich die Stadt Leipzig zum Prinzip der sogenannten Doppelten Innenentwicklung bekennt. Das heißt, dass die bauliche Innenentwicklung und Nachverdichtung im Bestand, die auch aus Sicht der Umwelt- und Freiraumbelange eindeutig Vorrang vor weiteren Flächeninanspruchnahmen im Außenbereich hat ("Innen- vor Außenentwicklung") gleichzeitig mit dem Erhalt, der Entwicklung und der Qualifizierung von Freiflächen verbunden werden muss. Ziel ist es, die Lebensqualität in der Stadt und im Quartier zu erhalten und weiter zu verbessern. Hierzu ist eine kontinuierliche ressort- und ämterübergreifenden Kooperation unverzichtbar.
Jochem Lunebach, Leiter des Stadtplanungsamtes, beschreibt die umfassenden Wirkungen des prognostizierten Bevölkerungswachstums auf circa 720.000 Einwohner bis 2030. Jährlich werden bis dahin circa 4.500 neue Wohnungen benötigt, die durch Reaktivierung von Leerstand (circa 1.500 Wohneinheiten) und Neubau (circa 3.000 Wohneinheiten) realisiert werden müssten. Weiterhin stellt er eine Typologie von Bauflächen mit großer Bedeutung für die Doppelte Innenentwicklung in Leipzig und die geeigneten Instrumente vor:
- Innerstädtische Brachflächen: Entwicklung durch Bebauungspläne (zum Beispiel das ehemalige Krystallpalastgelände)
- Innerstädtische Grün- und Aufenthaltsflächen: Bebauung nach § 34 Baugesetzbuch (BauGB). Dies betrifft vor allem Flächen zur Zwischennutzung per Gestattungsvertrag
- Großes innerstädtisches Entwicklungsgebiet: Bebauung über Gesamtkonzept und Bauleitplanung (zum Beispiel Bayerischer Bahnhof)
- Siedlungsbereich der 1950er und 60er Jahre: Geschossbauten mit großen Freiflächen, die häufig nur monofunktional genutzt werden und Potenzial zur Verdichtung bieten (zum Beispiel in Großzschocher)
Leipzig wächst – Welche Auswirkungen auf den Freiraum werden erwartet?
Rüdiger Dittmar beschreibt die derzeit wichtigsten Herausforderungen bei der Doppelten Innenentwicklung: Steigende Flächeninanspruchnahme, die sich erhöhende Nutzungsintensität und schwieriger werdende Rahmenbedingungen zum Beispiel durch den Klimawandel. Eine besondere Rolle kommt der grünen und blauen Infrastruktur zu: Grünflächen und Wasserverbindungen haben eine besondere Bedeutung einerseits für das Stadtklima und die Stadtökologie. Andererseits kommt Ihnen eine besondere gesellschaftliche Bedeutung zu, dienen sie doch der sozialen Interaktion, der Lebensqualität, der Gesundheitsförderung und der Attraktivität der Stadt. Die Umweltqualitäten von Freiflächen müssen demnach verstärkt in den Fokus genommen werden, da sie sonst aufgrund des steigenden Nutzungsdrucks immer stärker in Mitleidenschaft gezogen werden.
Der Freiraum in den innerstädtischen Bereichen soll daher zukünftig weiter qualifiziert, seine vielfältige Nutzbarkeit und Erlebbarkeit verbessert werden. Das Ziel soll die Sicherung der Lebensqualität in den Quartieren durch entsprechende Bereitstellung von vielfältig nutzbaren Freiräumen sein. So sollen noch vorhandene oder historisch bedeutsame Strukturen wiederbelebt werden (zum Beispiel das Gewässernetz). Räume mit derzeit noch anderen Funktionen können mit Grün ausgestattet (zum Beispiel Straßenbäume, Fassadengrün) und das Stadtgrün dadurch vernetzt werden. Weiterhin müssen Freiräume mit ihren Potenzialen zur Anpassung der Stadt an den Klimawandel genutzt werden (zum Beispiel zur Wasserrückhaltung und -speicherung). Und schließlich muss eine Vernetzung mit dem Freiraum in den benachbarten Kommunen hergestellt beziehungsweise optimiert werden.
Statement zur Strategie in Hamburg
Klaus Hoppe, Leiter der Abteilung Landschaftsplanung und Stadtgrün im Amt für Naturschutz, Grünplanung und Energie in der Hamburger Behörde für Umwelt und Energie, stellt die Herausforderungen in der wachsenden Hansestadt Hamburg dar. Auch Hamburg ist derzeit von einem starken Einwohnerwachstum geprägt und bemüht sich um eine verstärkte Innenentwicklung. Daraus ergeben sich große Herausforderungen für den Wohnungsbau (Neubaubedarf von 10.000 Wohneinheiten pro Jahr) und die Freiflächensicherung beziehungsweise die Freiflächenqualität. So versucht man in Hamburg Qualitäten für die Freiraumausstattung sehr konkret zu definieren: "Jeder Ort, jedes Milieu verlangt eine spezifische Antwort." Zur Finanzierung wird derzeit bei neuer Freiflächeninanspruchnahme ein erhöhter Grundsteuerbetrag festgesetzt und zweckgebunden für "grüne Themen und Aufgaben" verwendet.
Diskussionsrunde 1: Welche Funktionen und Qualitäten von Freiraum und Umwelt sollen in den Quartieren gesichert werden?
Vielfältige Freiraumfunktionen stehen für Lebensqualität und ökologische Bedeutung.
Leipzig wird als Stadt mit einem einzigartigen Freiraumangebot geschätzt - bestehend aus dem Auwald, Parks und Plätzen, Gewässern sowie Straßengrün und privaten Flächen. Die wesentlichen Funktionen des Freiraums liegen dabei im öffentlichen Raum mit seiner Verbindungs-, Aufenthalts- und Erholungsfunktion sowie seinen Funktionen für das Stadtklima und den Naturschutz. Als Freiraum werden grundlegend die Räume definiert, die nicht frei von Nutzung, sondern frei von Bebauung sind. Darüber hinaus werden Freiräume jedoch auch im übertragenen Sinn als bislang undefinierte Flächen, somit als Möglichkeits- oder Potenzialräume angesehen. Ihre Aneignung durch unterschiedliche Akteure trägt auch zum positiven Image Leipzigs unter dem Stichwort "Leipziger Freiheit" bei.
Das Leistungsspektrum der Freiräume wird von den Teilnehmenden sehr stark unter den Aspekten Soziales und Ökologie gesehen. Aus sozialer Sicht dienen Freiräume der Begegnung und Kommunikation, der kulturellen und sozialen Bildung, dem Spiel und der Bewegung, der Gesundheitsförderung, dem Erfahren und Entdecken und der Naherholung. Zudem besitzen sie eine ästhetische Wirkung. Aus ökologischer Sicht sind Freiräume Habitate für Flora und Fauna, sie dienen der Wasserrückhaltung und Luftabkühlung (Klimafunktion). Gemeinsam erhöhen Freiräume damit die Lebensqualität und besitzen eine wichtige Funktion als Standortfaktor. Zudem wächst die Bedeutung der Vernetzung der Frei- und Grünräume, sowohl im kleinräumigen Maßstab, als auch in Bezug auf Stadt und Region. Um diese Funktionen wahrnehmen zu können, müssen Freiräume möglichst wohnortnah zugänglich und bedarfsgerecht nutzbar sein.
Diskutiert wurde der Aspekt, ob jeder Freiraum ständig alles leisten kann und muss, oder ob standortabhängig bestimmte Qualitäten für bestimmte Funktionen festzulegen sind. Freiräume sollten jedoch grundsätzlich multifunktional gestaltet sein - insbesondere neu gewonnene und neugestaltete Flächen. So könnten beispielsweise im Zuge eines Rückgangs des motorisierten Verkehrs Autostellplätze dem öffentlichen Freiraum mit erhöhter Aufenthaltsqualität und gleichzeitig verbesserter Wasserrückhaltung und -speicherung zugeführt werden. Maßgeblich ist zudem die dauerhafte Qualitätssicherung der Freiraumausstattung. Allgemein sollten in einem ersten Schritt vorhandene Freiflächen qualifiziert werden und in einem zweiten Schritt Differenzierungen erfolgen, welche Flächen bebaut werden dürfen.
Multifunktionalität und Vernetzung sichern ökologische, soziale und ästhetische Qualitäten.
Als weiterhin entscheidende Qualitäten werden die ökologischen Funktionen wie zum Beispiel die Rückhaltung von Wasser, Verschattung und Abkühlung betrachtet. Wichtig sind zudem die Vernetzungen der grünen Infrastruktur mit dem Gewässernetz. Zudem müssen Kompensationsmaßnahmen und Anforderungen an den Klimawandel (zum Beispiel Regenentwässerung/Versickerung, Hitzestress) im wohnungsnahen Freiraum erfolgen. Neben den Umweltqualitäten wurden auch die sozialen Qualitäten erörtert. Abhängig von den unterschiedlichen Freiraumbedarfen in den Stadtteilen muss die soziale Mischung beachtet und Konfliktlösungen müssen ausgehalten werden. Als Freiraumqualitäten unter dem Aspekt der Doppelten Innenentwicklung werden Zwischennutzungskonzepte gesehen, denn diese erfüllen bereits die genannten Kriterien. Diese Nutzungen sollten klar vermittelt und im Falle der Bebauung einer Freifläche kompensiert werden.
Als allgemeines Ziel zur Qualitätssicherung wäre ein Kriterienkatalog für Freiflächen mit zentralen Prioritäten wünschenswert.
Vortrag: Freiraumsicherung in Hamburg
In einem weiteren Vortrag erläutert Herr Hoppe für Hamburg die Instrumente zur Freiraumsicherung. So wurde 2012 eine Analyse erstellt, bei der Stadtgebiete mit prioritärem Handlungsbedarf zur besseren Freiraumversorgung der Bürger identifiziert wurden. Es wurde festgelegt, dass innerhalb des Grünen Rings in Hamburg derzeit keine Freiflächeninanspruchnahme mehr erfolgen soll. Gleichzeitig setzte sich ein erweitertes Freiraumverständnis durch, so werden zum Beispiel Industriebrachen, nicht mehr genutzte Verkehrswege oder Uferbereiche ebenso als nutzbare Freiräume angesehen. Zudem wurde deutlich, dass die Qualität der Freiräume in Beteiligungsverfahren verhandelt werden muss.
Zur Bewältigung der Herausforderungen wurden in Hamburg sechs strategische Handlungsfelder formuliert:
- Freiräume integriert entwickeln und Quartiersbezüge fördern
- Prozesse optimieren und Verfahren qualifizieren
- Flächenkonkurrenzen reduzieren und Synergien nutzen
- Ressourcen für Freiräume sichern und effizienter einsetzen
- neue Freiraumpotenziale erschließen und variable Nutzbarkeit ermöglichen
- zivilgesellschaftliches Engagement und lokale Kooperationen aktivieren
Das übergeordnete Ziel ist dabei die Entwicklung und Sicherung von Freiraumqualitäten im verdichteten Städtebau auf der Grundlage eines gesellschaftlichen Konsenses zum Wohnungsneubau. Als Projektbeispiele erläutert Herr Hoppe die Freiraumqualitätsoffensive Eimsbüttel, die Freiraummanager: Spot ON Hamm-Horn, das Instrument des Freiraumgestaltungsplans, die RISA - RegenInfraStrukturAnpassung, die Hamburger Gründachstrategie sowie das Projekt "Mein Baum - meine Stadt".
Diskussionsrunde 2 – Wie können Flächen für die Stabilisierung und Steigerung der Freiraum- und Umweltqualität gesichert werden? Welche Instrumente sind geeignet? Wie können Eigentümer mobilisiert werden?
Strategisches und aktives Liegenschaftsmanagement
Ein strategisches und aktives Liegenschaftsmanagement mit dem Erwerb von Liegenschaften ermöglicht der Kommune ein strategisches und langfristiges Handeln. Dies würde ein deutliches Signal der öffentlichen Hand an die Öffentlichkeit sowie an involvierte Akteursgruppen darstellen. Die dazu nötigen Managementstrukturen müssen den Blick auf die gesamte Stadt beinhalten und über ein Beteiligungsmanagement verfügen. Zur Sicherung von Freiflächen wäre ein punktueller Ankauf sinnvoll. Auch Flächen mit besonderer Funktion zum Beispiel zur Infrastrukturvernetzung oder dem Artenschutz könnten angekauft werden. Daneben wären weitere Flächensicherungsinstrumente zu entwickeln. Zudem sollte die Stadt versuchen, gemeinsam mit Bauherren kleinräumige Flächensicherungen durchzuführen.
Kommunale Instrumente: Formell und informell
In der Verwaltung gibt es erprobte Instrumente sowie Kenntnisse zu den Erfahrungen anderer Kommunen mit alternativen Lösungen: Gründachkonzepte, das Konzept "Baumstarke Stadt", die Landschaftsplanung, eine kooperative Bauleitplanung, Mobilitätskonzepte, die trotz des Wachstums die Umwidmung von Stellplätzen in Freiraum erlauben, oder die Erstellung eines Kriterienkatalogs für die Prioritäten bei Freiflächen. Wichtig ist vorab die Analyse der bestehenden und benötigten Freiraumversorgung sowie eine realistische Analyse von Nachverdichtungspotenzialen. Diese Analysen müssen die inhaltlichen Qualitäten (Soziales, grüne Infrastruktur) im Fokus haben. Bei konkreten Vorhabensplänen muss darüber hinaus geprüft werden, welche Bebauungsdichte möglich und verträglich ist und ob Mehrfachnutzungen möglich sind. In Konzeptvergaben sind zudem neben sozialen auch ökologische Ziele zu verankern.
Beteiligung als wichtiger Schlüssel
Als wichtig wird zudem die Mobilisierung der Stadtgesellschaft gesehen. Nur durch Bürgerbeteiligung können die Kompetenzen im Quartier erkannt, gebündelt und bei der Umsetzung der Freiflächenqualitäten anschließend verankert werden. Aushandlungsprozesse müssen somit am konkreten Projekt erfolgen. Auch eine Bürgerfinanzierungsplattform für stadtteil- oder projektbezogene Umsetzungen könnte initiiert werden.
"Fordern und Fördern"
Gemäß dem Motto "Fordern und Fördern" kann die Mobilisierung von Eigentümern vor allem durch die Unterstützung der Verwaltung und das Sensibilisieren für die Freiflächenthematik erfolgen. Für Wohnungs- und Immobilienunternehmen können bspw. durch Betriebskostenersparnisse oder anteilige Förderungen finanzielle Anreize geschaffen werden, sich in der Fassadenbegrünung, der Dachbegrünung oder der Regenversickerung zu engagieren. Durch Investitionen und Entschädigungen können bislang nicht zugängliche Flächen nutzbar gemacht werden. Auch eine Angebot an vorgehaltenen oder zumindest bereits vorbereiteten Kompensationsmaßnahmen "beschleunigen" in der Regel Bauaktivitäten, dazu sollte die Stadt vorab einen Kompensationsflächen- oder sogar Maßnahmenpool einrichten. In § 34 BauGB-Gebieten sollte versucht werden, die Eigentümer anzusprechen und zu informieren, um eine städtebaulich verträgliche Dichte sowie eine mögliche Zugänglichkeit von Freiflächen zu erzielen.
Stadt als Vorbild
Besondere Steuerungsansätze bieten kommunale Immobilien. So können Zugangs- und Nutzungsrechte beispielsweise im Erbbaurecht festgeschrieben werden. Durch die Umsetzung der Freiflächensicherung und -qualitätssteigerung agiert die Stadt somit auch als Vorbild für private Investoren und die Stadtgesellschaft.
Moderierende und mobilisierende Kommune
Auch auf spezielle Akteure sollte zugegangen werden. Kleingartenvereine zum Beispiel können ihre Anlagen durchlässiger gestalten und so die Nutzungsmöglichkeiten von Freiräumen vorantreiben. Auch die Deutsche Bahn als Eigentümer großer Flächen, die häufig nicht mehr für den Bahnbetrieb benötigt werden, spielt eine wichtige Rolle bei der Aktivierung von Nutzungs- und Vernetzungspotenzialen von Freiräumen.
Schlussfolgerungen und Ausblick
Herr Lunebach und Herr Dittmar fassen die Schlussfolgerungen aus den Diskussionen an den vier Tischen zusammen. Die wichtigsten Herausforderungen liegen aktuell in der steigenden Flächeninanspruchnahme sowie der sich erhöhenden Nutzungsintensität durch das Wachstum. Die Flächenkonkurrenz um den Freiraum nimmt spürbar zu. Ziel muss es nun sein, dass für die Flächenentwicklung und Umsetzung von Bauvorhaben vorab allgemeine Regeln in einem nachvollziehbaren System zur Entscheidungsvorbereitung gefunden und Umsetzungsregelwerke erarbeiten werden, die der doppelten Innenentwicklung dienen. Gleichzeitig wurde deutlich, dass bei einer Verringerung von verfügbaren Flächen verstärkt Mehrfachnutzungen etabliert werden müssen. Hierzu ist es nötig, die Verinselung organisatorischer Zuständigkeiten aufzubrechen und zum Beispiel bei der Nutzung von Schulhöfen gemeinsame Lösungen zu entwickeln.
In den Diskussionen wurde ebenfalls deutlich, dass mehrheitlich der Innen- gegenüber der Außenentwicklung Vorrang eingeräumt werden soll, auch wenn die qualitativ hochwertige Innenentwicklung gegebenenfalls zunächst teurer, langwieriger und aufwändiger erscheint. Die Außenentwicklung kann allenfalls bei starkem Wachstum eine langfristige Entwicklungsperspektive sein.
Die Stadt Leipzig hat hier als Bauherr eine wichtige Vorbildfunktion: Eigene Bauvorhaben müssen eine hohe Qualität aufweisen, Entscheidungen müssen transparent vollzogen werden. Eine wichtige Rolle kommt zudem Aushandlungsprozessen zu. Der Qualitätsanspruch an den Freiraum soll auch im Rahmen von Beteiligungsverfahren neu vermittelt und verhandelt werden. Dazu müssen zivilgesellschaftliches Engagement und lokale Kooperationen aktiviert werden. Der Spagat zwischen sinnvollen, zielführenden Anforderungen und die Durchsetzbarkeit im Planungsprozess muss dabei gelingen.
Generell müssen auch Freiraum und Umwelt zusammen gedacht werden: Der Arten- und Biotopschutz, das Stadtklima und die Gewässer brauchen ein starkes, dauerhaftes und unverhandelbares Netz. Zudem soll eine Vernetzung der Freiräume angestrebt werden, die Lücken zwischen Freiräumen müssen geschlossen werden. Ergänzend sollen neue Orte und Potenziale gehoben, die Freiraumstruktur weiterentwickelt und variable Nutzbarkeiten ermöglicht werden. Grundlage all dessen ist eine "mitdenkende und vorsorgende Liegenschaftspolitik".