Bürgerwerkstatt zur Haushaltsplanung 2014
Die Haushaltsplanung für das Jahr 2014 gestaltete sich für die Stadt Leipzig aufgrund diverser externe und interner Einflussfaktoren äußerst schwierig. Zum Zeitpunkt der Haushaltseinbringung in den Leipziger Stadtrat betrug der Fehlbetrag im Ergebnishaushalt rund 40 Millionen Euro. Deutliche Einsparungen waren daher unabdingbar, um die Handlungsfähigkeit der Stadt weiter zu erhalten.
Vor diesem Hintergrund fand am 21. Oktober 2013 wieder eine Bürgerwerkstatt zum städtischen Haushalt statt. Ging es in den beiden Veranstaltungen des letzten Jahres um die mittelfristige Haushaltsplanung, sollte es diesmal konkreter werden und die Haushaltsplanung 2014 im Mittelpunkt der Diskussion stehen. Um ein möglichst repräsentatives Meinungsbild aus der Diskussion zu bekommen, wurde aus dem Einwohnermelderegister eine repräsentative Stichprobe ermittelt. Der persönlichen Einladung durch den Beigeordneten für Finanzen, Torsten Bonew, folgten rund 25 Bürgerinnen und Bürger, die aktiv und kompetent mit den verschiedenen Vertretern der Verwaltung über vorhandene oder denkbare Möglichkeiten der Haushaltskonsolidierung diskutierten.
Nach einer inhaltlichen Einführung von Finanzbürgermeister Torsten Bonew begann die Arbeit für die Bürgerinnen und Bürger und den Vertretern aus verschiedenen Bereichen der Verwaltung. In drei Arbeitsgruppen wurde über zwei Stunden intensiv diskutiert und Fragen für die Diskussion in der Abschlussrunde formuliert. Im Folgenden sind alle Ergebnisse der beiden Diskussionsteile nach Themenfeld zusammengefasst.
Themen und Ergebnisse der Arbeitsgruppen
1. Finanzentlastung bei den Pflichtaufgaben - Pflichtaufgabe Kita
Aufgrund der aktuellen Rahmenbedingungen – Rechtsanspruch auf eine Kinderbetreuung ab dem vollendeten ersten Lebensjahr seit August 2013 – ist die Stadt in der Pflicht, ein bedarfsgerechtes Angebot an Betreuungsplätzen zu schaffen. Angesichts des Einwohnerzuwachses insbesondere von Jüngeren bedeutet dies einen überproportionalen Anstieg der Aufwendungen im Kita-Bereich, die aufgrund stagnierender Landeszuweisungen die Kommune allein stemmen muss.
Die Arbeitsgruppe befasste sich deshalb mit den Fragen:
- Investitionsbedarf: Welche Standards können und wollen wir uns unter den verschärften Sparbedingungen sowie angesichts der strategischen Zielstellungen in Kitas künftig leisten?
- Strategische Zielstellung: Wie viel wohnungsnahe Versorgung wollen/können wir uns künftig leisten?
- Einnahmen: Sollen Elternbeiträge erhöht werden? Auch unter Beteiligung bisher befreiter Eltern für Beitragszahlungen?
Die Ergebnisse
Im Ergebnis wurden vielfältige Ansätze zur Erhöhung der Einnahmensituation wie die Ausgabenbegrenzung diskutiert. Hier einige Ansätze und Ideen.
- Die Mehrzahl der Teilnehmenden befürwortet eine Anhebung der Elternbeiträge für einen Kindergartenplatz auf 30 % (Höchstgrenze lt. Sächs. Kitagesetz); Ein Großteil davon würde jedoch noch mehr befürworten, wenn diese Erhöhung gestaffelt nach Einkommen erfolgen könnte. Da dies gesetzlich derzeit nicht vorgesehen ist, könnte geprüft werden, ob eine Beitragsstaffelung bei der Erhebung von Elternbeiträgen generell angewandt werden sollte.
- Ungeachtet des steigenden Personalkostenanteils an den Kita-Ausgaben soll es keine Abstriche in dem Leistungsangebot der Kita-Einrichtungen geben. Eine Reduzierung des bisher gewährleisteten Anspruchs auf Betreuungszeit von neun Stunden wird grundsätzlich abgelehnt.
- Seitens der Kommune sollen andere Einsparpotentiale verfolgt werden: Neben einer stärkeren Wirtschaftlichkeitsprüfung sprachen sich die Teilnehmer/innen für eine Kostendeckelung bei Investitionen pro Kitaplatz aus. Eine Möglichkeit wurde in der Einführung einer Betriebskostenpauschale gesehen, die nicht in Prozent, sondern je Kind bemessen würde. Ein Kriterium dafür könnte eine definierte Fläche pro Kind sein. Ähnlich zu bewerten ist der Ansatz der Einführung einer Mindestgröße bei neuen Kitas, da sich Einrichtungen mit einer höheren Platzzahl kostengünstiger bauen und bewirtschaften lassen. Eine Mehrheit sprach sich dafür aus, dass bei einer Unterschreitung der Kinderzahl die höheren Kosten pro Kind durch die Eltern getragen werden könnten.
Bestehende Kitas sind ungeachtet ggf. geringer Nachfrage im unmittelbaren Umfeld auch künftig zu nutzen; 30 Minuten Wegstrecke für Kinder und Eltern wurden in diesem Zusammenhang als noch zumutbar eingestuft.
2. Sparpotenziale und Prioritäten bei Investitionen
Vor dem Hintergrund zahlreicher gesetzlich vorgeschriebener Pflichtaufgaben ist der Spielraum zur Umsetzung von freiwilligen Aufgaben bereits erheblich eingeschränkt. Anhand von Beispielen aus dem Investitionshaushalt der Stadt wurde diskutiert:
- Welche Verteilung der beschränkten Investitionsmittel auf Pflicht- und freiwillige Aufgaben ist sinnvoll?
- Welche Priorisierung bei Investitionen im Bereich der freiwilligen Aufgaben ist kurz (2014)- und mittelfristig klug?
- Welche Bedeutung haben Fördermittelpotentiale bei der Priorisierung der freiwilligen Aufgaben?
Die Ergebnisse
Die Diskussion drehte sich im Wesentlichen darum, wie Einsparpotenziale gefunden werden und wie eine veränderte Prioritätensetzung bei Investitionen aussehen könnte.
- Intensiv diskutiert wurde, ob im Bereich der Investitionen eine klare Priorität zur Erfüllung der Pflichtaufgaben erfolgen sollte und freiwillige Leistungen zurückgestellt werden sollten. In der Diskussion ergab sich hierzu keine klare Präferenz, da die Aufgaben und Investitionen aus dem freiwilligen Bereich wesentlich für die Lebensqualität in Leipzig sind. Zwei Positionen wurden abgewogen, die etwa gleiche Zustimmung erhielten: „Investitionen in freiwillige Aufgaben sind sinnvoll: man muss das Niveau der Stadt halten“ im Gegensatz zu „In Zeiten knapper Kasse sollte man die Pflichtaufgaben mit hoher Qualität erfüllen, um Spielräume für zukünftige Aufgaben zu haben."
- Eine Mehrheit der Teilnehmenden sprach sich dafür aus, bei der Prioritätensetzung die Nutzungsintensität und Breitenwirkung verschiedener Angebote bei Investitionsentscheidungen stärker zu gewichten. Als Beispiele wurden in der Diskussion die „Hochkultur“ (oft wenige Nutzerinnen und Nutzer, aber auch hohe Bedeutung für Leipzigs Außenwirkung) versus „Breitensport“ (viele Bürgerinnen und Bürger profitieren vom Angebot) herangezogen.
- Darüber hinaus wurde eine höhere Transparenz für die Folgekosten von Investitionen gewünscht. Diese sollen als Bewertungskriterium mit in die Haushaltsdebatte einfließen und in der künftigen Haushaltsplanung explizit aufgeführt werden. Auch die teilweise deutlichen Kostensteigerungen bei kommunalen Bauvorhaben sind transparent darzustellen und es soll gezielt nach Gegenstrategien für diese Problematik gesucht werden.
3. Aufgabenerfüllung unter Sparbedingungen - Bereich Umwelt
Das Energie- und klimapolitische Programm und der Lärmaktionsplan sind vom Stadtrat beschlossen und die Umweltqualitätsziele sind als Pflichtaufgabe festgeschrieben. Dennoch finden diese Ziele keine Widerspiegelung im Haushalt und dringend notwendige Maßnahmen zur Erfüllung dieser Aufgaben und Pflichten können, trotz drohender Sanktionen nicht umgesetzt werden. Die Arbeitsgruppe 3 befasste sich mit den Fragen:
- Wie kommen wir aus dem Dilemma heraus?
- Wie können die politisch beschlossenen Aufgaben trotz schwieriger finanzieller Rahmenbedingungen angegangen werden?
Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe
Schwerpunkt der Diskussion war vor allem die Aufgabenerfüllung unter Sparbedingungen im Umweltbereich. Als Problem stellte sich dar, dass die Umsetzung von Maßnahmen aus dem Energie- und Klimaschutzkonzept, dem Lärmaktionsplan oder dem Luftreinhalteplan aufgrund fehlender Finanzmittel nicht ausreichend erfolgt. Oft werden Maßnahmen nur dort umgesetzt, wo ggf. Sanktionen drohen.
Zum Abschluss der Veranstaltung resümierte Torsten Bonew die inhaltlichen Ergebnisse, die er mit in das weitere Verfahren zur Haushaltsplanung nehmen wird und betonte, wie sehr er die hoch motivierte und qualifizierte Diskussion, trotz der für viele Bürgerinnen und Bürger neuen und sehr komplexen Fragestellungen, geschätzt habe.
Vorstellung und Diskussion der Ergebnisse im Fachausschuss Finanzen
Im Rahmen der Sitzung des Fachausschusses Finanzen am 11. November 2013 wurden den politischen Vertretern der Prozess des Beteiligungsverfahrens und die Ergebnisse der Bürgerwerkstatt durch Bürgermeister Bonew und den Moderator Mothes vorgestellt. In der Diskussion zeigte sich, dass diese Form der Beteiligung am Haushaltsplanungsprozess fortgeführt und weiterentwickelt werden sollte. Zukünftige Veranstaltungen sollten zeitlich so eingeordnet werden, dass die Ergebnisse möglichst frühzeitig in die Haushaltsplanung einfließen können. Günstig für eine solche „repräsentative Bürgerkonferenz“ wäre ein Termin vor der parlamentarischen Sommerpause. Die zu diskutierenden Fragestellungen sollten nach Auffassung von Ausschussmitgliedern im Fachausschuss vorbesprochen werden. Besonderes Augenmerk soll auch weiterhin auf eine möglichst repräsentative Auswahl der Teilnehmenden gelegt werden. Eine besondere Relevanz könnte der Prozess durch den für die Jahre 2015/2016 vorgesehenen Doppelhaushalt erlangen.
Vorstellung und Diskussion der Ergebnisse in der Dienstberatung des Oberbürgermeisters
Am 12.12.2013 erfolgte die Präsentation der Ergebnisse in der Dienstberatung des Oberbürgermeisters. An dieser Beratung nahmen neben dem Oberbürgermeister die sieben Beigeordneten für Allgemeine Verwaltung, Finanzen, Umwelt/Ordnung/Sport, Kultur, Jugend/Soziales/Gesundheit und Schule, Stadtentwicklung und Bau sowie Wirtschaft und Arbeit teil. Hier wurde insbesondere die Einbindung der Veranstaltung im Rahmen der Reihe „Leipzig weiter denken“ positiv gesehen. Darüber hinaus besteht der Wunsch der Beigeordneten, bei einer Neuauflage bzw. Weiterentwicklung des Formates möglichst frühzeitig in den Prozess der Vorbereitung einbezogen zu werden, um die Themenauswahl so zu gestalten und aufzubereiten, dass eine noch konkretere und damit ergebnisorientierte Diskussion möglich ist.
Diesem positiven Feedback folgend, werden die erforderlichen Schritte für eine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger in die Zeitplanung der Haushaltsaufstellung im nächsten Jahr aufgenommen. Unabhängig davon werden alle Ideen, auch jene die noch nicht zu einer Entscheidung in diesem Jahr geführt haben, geprüft und nach Möglichkeiten gesucht ob und wie diese in das Verwaltungshandeln einfließen können.