Wohnen in der wachsenden Stadt: Auftaktveranstaltung am 2. Juni 2014
Zum Auftakt des Beteiligungsverfahrens zur Aktualisierung des Wohnungspolitischen Konzepts der Stadt Leipzig diskutierten etwa 180 Leipzigerinnen und Leipziger am 2. Juni im Festsaal des Neuen Rathauses, wie Wohnen in Leipzig auch zukünftig für alle attraktiv bleiben kann. Weitere Informationen zum gesamten Prozess und zur Beteiligung finden Sie hier.
Die Teilnehmenden waren überwiegend interessierte Bürgerinnen und Bürger sowie Vertreter der Wohnungswirtschaft, von Initiativen und Verbänden sowie der Politik. Ein Großteil der Teilnehmenden wohnt im Altbau in zentralen Lagen - entweder zusammen mit dem Partner oder in einer Wohngemeinschaft. Bewohner von Großwohnsiedlungen waren nur wenig vertreten. Die meisten der Teilnehmenden zahlen eine Gesamtmiete, die über dem Leipziger Mietdurchschnitt von 425 € liegt, die Bandbreite rangiert aber zwischen unter 300 € bis über 1.000€. Zwanzig Vertreter der Stadtverwaltung moderierten die Diskussion der Arbeitsgruppen.
Bürgerinnen und Bürger tauschen sich im Vorfeld der Veranstaltung aus.
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Bilder vergrößert anzeigenEtwa 180 Bürgerinnen und Bürger diskutierten am Abend des 2. Juni im Festsaal des Neuen Rathauses.
Bilder vergrößert anzeigenAn den Tischen fanden intensive Diskussionen statt.
Bilder vergrößert anzeigenAn Tisch wird diskutiert, welche Themen im Wohnungspolitischen Konzept besondere Bedeutung erfahren sollen.
Bilder vergrößert anzeigenAuch nach der Veranstaltung wird noch diskutiert.
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Thematische Diskussionen an den Tischen
Die Ergebnisse der Diskussionen an den 20 Tischen und auf der Empore des Festsaals waren sehr umfangreich und vielschichtig und lassen sich in 5 Themenkomplexe zusammen fassen. Darin wurden die Aspekte sozialer Wohnungsbau, kommunale Flächenpolitik, Unterstützung alternativer Wohnformen, Wohnumfeldentwicklung und soziale Durchmischung besonders häufig genannt. Weitere wichtige Stichworte waren der Erhalt von preiswertem Wohnraum, das Für und Wider von Marktregulierungsinstrumenten sowie Mietsteigerungen durch steigende Nebenkosten.
1. Themenkomplex: Kostengünstiges Wohnen/Mieterschutz
Besonders wichtig war den Teilnehmenden der Erhalt und die Schaffung von bezahlbarem und preisgünstigem Wohnraum. Dieser soll einerseits für bestimmte Zielgruppen wie Familien, Senioren oder Auszubildende und andererseits auch über den gesamten Stadtraum verteilt zur Verfügung stehen. Hierzu wurden Aspekte wie die Förderung von kleinteiligem Wohnungsneubau oder die Befürwortung von sozialer Durchmischung in den Gebäuden/im Quartier benannt. Eine Dämpfung der Nebenkosten, besserer Mieterschutz oder sozialverträgliche Sanierungsvorhaben können steigenden Mieten entgegenwirken.
2. Themenkomplex: Stadt- und Quartiersentwicklung
Die Entwicklung des Wohnumfeldes und des Quartiers können Wohnen attraktiver machen: Soziale Durchmischung, gute soziale Infrastruktur, Erhalt von Grün- und Freiräumen, Erhalt von historischer Bausubstanz, gute Anbindung an den Nahverkehr, die Einbindung und Förderung des Engagements der Bewohner sind nur einige Beispiele. Auch die vorhandenen Qualitäten in den Stadtteilen sollen erhalten bleiben. Aus gesamtstädtischer Perspektive betrachtet wurden im Sinne eines nachhaltigen Wachstums eine Innenentwicklung durch Nachverdichtung und Bestandsqualifizierung, die Entwicklung auch weniger nachgefragter Quartiere sowie die Stärkung des ÖPNV-Netzes oder umweltfreundlicher Mobilitätsformen gefordert.
3. Themenkomplex: Kommunale Steuerungsmöglichkeiten
Am häufigsten nannten die Teilnehmenden die strategische Flächenpolitik als Steuerungsmöglichkeit. So könne die Stadt strategisch Flächen erwerben, eine Vergabe nach Konzept statt nach Höchstpreisverfahren bei Veräußerung anwenden und Erbpachtverträge vermehrt nutzen. Weitere Möglichkeiten wurden in der stärkeren Ausschöpfung der städtischen Planungshoheit z.B. bei einer sozialorientierten Ausgestaltung von Bebauungsplänen, der Erfassung von Leerständen, gefährdeten Gebäuden und Brachen gesehen. Mehrfach wurde die Rolle der Stadt als Mediator für den Interessensaustausch der Akteure (Mieter, Nutzer, Gewerbetreibende) gewünscht. Auch die stärkere Orientierung der LWB auf sozialpolitische Zielsetzungen und z. B. die Ausnutzung gesetzlicher Möglichkeiten, um in den Markt zugunsten der sozial schwächeren Einwohner einzugreifen, wurden diskutiert.
4. Themenkomplex: Wohnformen - Mieterstadt, Eigentum, Alternativen
Diverse Wohnformen, die für eine langfristige Dämpfung einer Mietpreisentwicklung (für die einzelnen Bürger) sorgen könnten, wurden diskutiert. So gab es Befürworter für die Steigerung des selbstgenutzten Wohneigentums. Auch genossenschaftliches Wohnen, alternative Wohnformen wie Eigentumsbildung durch Mieterselbsthilfe, Baugruppenbildung und die Verstetigung von Zwischennutzungen zählen dazu.
5. Themenkomplex: Prozess und Bürgerbeteiligung
Die verschiedenen Akteure und Bürger wünschten sich eine sachliche Diskussion, die auf einer differenzierten Analyse der vorhandenen Daten basiert. Das Konzept soll auch darauf abzielen, Chancengerechtigkeit zu erhalten und gleichzeitig qualitatives und nachhaltiges Wachstum ermöglichen.
Was sagen die Experten?
Auf die Frage der zweiten Runde "Wie ist der aktuelle Stand des Leipziger Wohnungsmarkts?" stellte Stefan Heinig, Abteilungsleiter Stadtentwicklungsplanung, dar, dass die Stadt vor allem durch den hohen Zuzug wächst. So sind in den letzten 3 Jahren jedes Jahr etwa 10.000 Einwohner mehr zu- als weggezogen. Der vor allem ausbildungs- und arbeitsbedingte Zuwachs erfolgt am stärksten sowohl in Einpersonenhauhalten als auch in Haushalten mit vier und mehr Personen. Bei dem Wachstum haben am deutlichsten die Gebiete des Leipziger Ostens und Westens gewonnen. Aus dem ersten Akteurs- und Expertenworkshop berichtete er, dass ein großes Interesse an vertiefenden Untersuchungen bzw. Erläuterungen zu vorhandenen Datengrundlagen besteht, denen man im weiteren Prozess nachgeht.
Auch aus dem Workshop berichtend, nannte Tobias Jacobs (Analyse & Konzepte) einige der dort diskutierten Fragestellungen: Wie viele neue Wohnungen würden bei anhaltendem Nachfragezuwachs benötigt? Wie viele Wohnungen könnten durch Leerstandsaktivierung oder Umnutzungen von Gewerbebauten und wie viele müssten durch Neubau entstehen? Gleichzeitig wurde erörtert, wie mit dem wirtschaftlichen Risiko umgegangen werden soll, wenn der Zuwachs nicht so anhält wie erwartet. Als wesentlichen Handlungsschwerpunkt nannten die Akteure die Bestandsentwicklung. Darunter fällt z. B. der Erhalt des preiswerten Wohnraums. Für die Weiterentwicklung und die Sanierung von Beständen sind aufgrund der vorhandenen gesetzlichen Vorgaben jedoch auch entsprechende Preisniveaus notwendig. Dies wird in einer Aufschwungphase ermöglicht und kommt dann u. a. dem Umbau, altersgerechten Anpassungen und Aufwertungen von Quartieren zu Gute.
Oberbürgermeister Burkhard Jung plädierte abschließend dafür, die Stadt nicht zu überfordern. Man müsse realistisch bleiben und akzeptieren, dass es Veränderungen in einer wachsenden Stadt gibt. Mit der Unterstützung von Eigentumsbildung nannte er einen wichtigen Ansatzpunkt, um langfristig steigenden Mieten zu begegnen.