Rede zur konstituierenden Sitzung der Ratsversammlung für die V. Wahlperiode
Rede von Oberbürgermeister Burkhard Jung zur konstituierenden Sitzung der Ratsversammlung für die V. Wahlperiode, 11. November 2009. Es gilt das gesprochene Wort.
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
meine sehr geehrten alten und neuen Mitglieder des Leipziger Stadtrates,
liebe Leipzigerinnen und Leipziger!
Ich darf Sie alle sehr herzlich zur Eröffnung des fünften frei gewählten Leipziger Stadtrats hier im Ratsplenarsaal des Neuen Rathauses willkommen heißen. Meinen Gruß richte ich zunächst an die neuen Mitglieder des Stadtrates, an diejenigen, die - ob jung oder alt - zum ersten Mal die Verpflichtung eingehen, das demokratische Mandat des Souveräns zu übernehmen.
Ich darf Sie im besonderen an diesem Ort willkommen heißen. Sie stehen vor dem Beginn eines neuen Abschnitts ihrer Biographie, ihrer politischen Lebensgeschichte. Bringen Sie Ihre ganze Kraft und Phantasie, Ihre Vorstellungen und Ihren Ideenreichtum in dieses Haus ein! Geizen Sie nicht mit Kritik und Anregung. Und lassen Sie sich von den Altvorderen nichts ins Bockshorn jagen!
Ich darf mich im gleichen Atemzug bei den Stadträten bedanken, die diese wichtige Aufgabe in den letzten fünf Jahren wahrgenommen haben. Einige sitzen noch unter uns, andere haben ihre Arbeit beendet. Sie alle haben die Entwicklung unserer Stadt mit ihrem Rat und ihrer Tat an entscheidender Stelle begleitet. Sie alle haben sich um Leipzig verdient gemacht!
Ich bin sicher, dass die ausgeschiedenen Kollegen in den heute hier Versammelten ebenso engagierte wie kritische Nachfolger finden werden.
Meine Damen und Herren,
der Soziologe Max Weber hat in seinem berühmten Vortrag "Politik als Beruf" eine für uns wichtige Unterscheidung geprägt. Er sagt dort: "entweder man lebt für oder von der Politik". Entweder man macht die Politik "zu seinem Leben", wie Weber sagt, oder zu einer "dauernden Einnahmequelle".
Für die Politik zu leben – und das ist selbstverständlich Webers ethische Option für die Politik – heißt, eine große Verantwortung zu übernehmen. Denn Politik in der Demokratie bedeutet stets, das Gemeinsame zu bedenken, um im Interesse des Gemeinwesens zu entscheiden.
Politik in der Demokratie darf sich keinem Klüngel, keinem bornierten Gruppeninteresse unterordnen. Politik in der Demokratie muss im klaren Wissen um die zu lösenden Probleme das Gemeinsame stets neu bestimmen.
Wir alle wissen: Die Wirklichkeit gleicht selten dem Ideal. Aber das Ideal muss bleiben, wenn die Demokratie ihre Seele nicht verlieren will. In den Vereinigten Staaten wird man in jeder zweiten politischen Rede an die klassischen Satz von Abraham Lincoln erinnert: "Demokratie ist die Regierung des Volkes durch das Volk und für das Volk." Diese Ethik der Demokratie sollte auch für uns gelten. In jeder Sitzung von Stadtrat, Fachausschuss und Ortschaftsbeirat stellt uns diese Anforderung auf die Probe. Bemühen wir uns, ihr gerecht zu werden.
Liebe Mitglieder des Stadtrats!
Das Mandat des Stadtrats beinhaltet eine doppelte "Verpflichtung". Als politische Repräsentanten sind wir unseren Wählern verpflichtet, das Beste für unsere Stadt zu wollen. Und gleichzeitig sind wir es, die wir uns selbst im Auftrag des Allgemeinwohls verpflichten, im vollen Wissen um die eigene Verantwortung und das Vertrauensmandat unserer Wähler.
Denn unsere Demokratie lebt dann, wenn die Bürger sie bestätigen. Und je mehr sich die Bürger im Handeln ihrer gewählten Repräsentanten erkennen, desto stabiler ist das Fundament unserer politischen Ordnung. Demokratie ist kein fertiges Gebäude, sondern eine ständige Baustelle um die beste Ordnung des Gemeinwesens. Und auf der Ebene der Kommune ist der Stadtrat dieses Haus der Demokratie.
Meine Damen und Herren!
Wahlen sind stets eine Probe auf die Lebendigkeit einer Demokratie. Sie bilden ab, welche Anerkennung die demokratische Angelegenheit bei ihrem Souverän, den Bürgerinnen und Bürgen, findet. "Alle Macht geht vom Volke aus", so will es unser Grundgesetz und so drückt es sich im Votum der Wähler aus. Gerade die Leipzigerinnen und Leipziger haben in der Friedlichen Revolution um diese demokratische Mündigkeit gekämpft. Es heute zu besitzen - und hier spreche ich alle Leipziger an – sollte uns verpflichten, es zu nutzen.
An dieser Stelle tun sich widersprüchliche Tendenzen auf. So ist die Bürgerbeteiligung in unserer Stadt in vielen Bereichen vorbildlich: Stadtteilforen, Freiwilligenagentur, Stiftungen und Bürgervereine leisten einen wichtigen Beitrag zur Stadtentwicklung. Dieses Engagement hat uns bundesweite Anerkennung verschafft. Um so ernüchternder ist die Beteiligung an der letzten Kommunalwahl.
Ein Blick zurück ist hier hilfreich. Bei der ersten freien Kommunalwahl in Leipzig im Mai 1990 lag die Wahlbeteiligung bei 70,3 Prozent, im Juni 1994 bei 57,9 Prozent und im Juni 1999 bei 42,2 Prozent. Im Juni 2004 waren wir bei 38,6 Prozent und am 7. Juni 2009 sind wir – immerhin – bei 41,4 Prozent angekommen. Aber dieses Ergebnis kann niemanden zufrieden stellen. Diese Zahlen sind beschämend gering. Damit dürfen und wollen wir uns nicht abfinden! Wählerschelte hilft hier nicht weiter. Der Wähler hat immer Recht. Wir müssen ihn durch unsere Arbeit überzeugen. Wir müssen durch unser Tun für unsere Demokratie werben!
Meine Damen und Herren,
daher bleibt bei allem, was wir tun, die Frage zu stellen: Was nützt es der Entwicklung Leipzigs? Wie bringt es unsere Stadt voran? Und jeder einzelne Stadtrat steht vor der Frage, was er selbst für die Entwicklung unserer Stadt einbringen kann und will.
Mein Bekenntnis zu einer fairen Kooperation mit allen demokratischen Parteien dieses Stadtrats besitzt hier seine Grundlage. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass alle demokratischen Parteien im Stadtrat die gute Entwicklung unserer Stadt als ihr Grundanliegen begreifen. Dieses Vertrauen sollte unser Verhalten zueinander prägen. Dieses Wissen sollte uns verbinden bei der Lösung der enormen Sachprobleme, die auf uns warten.
Ich möchte daher zu Beginn der fünften Amtszeit unseres Stadtrats an alle demokratischen Parteien appellieren, sich dieser gemeinsamen Grundlage stets zu vergewissern. Anlass zu Debatte, Streit und Dissens wird es auch weiterhin geben. Im Gegensatz zu autoritären Ordnungen bilden sie das Lebenselixier der Demokratie. Aber diese Kontroversen sollten von einem Geist geprägt sein, der um das Gemeinsame weiß und es gemeinsam gegen alle Verächter der Freiheit verteidigt. Ich verspreche Ihnen einen fairen, sachlichen Umgang und reiche allen Demokratinnen und Demokraten die Hand.
Meine Damen und Herren,
wir begegnen uns in einem besonderen zeitgeschichtlichen Augenblick. Seit dem Zusammenbruch der Lehmanns Bank im September 2008 ist unsere Wirklichkeit eine andere geworden. Wir alle haben erfahren, was es heißt, in einer Welt zu leben, die durch zunehmende wirtschaftliche und politische Verflechtungen geprägt ist. Diese Lektion hatte uns das Debakel der Sächsischen Landesbank bereits gelehrt. Auch hier war man - bedenkenlos oder gutgläubig - einem verantwortungslosen Spekulationstreiben erlegen. Die globale Finanzkrise hat diese sächsische Erfahrung verallgemeinert.
Mit dieser Krise hat das Modell einer wunderbaren Geldvermehrung Schiffbruch erlitten. Erfolgreich schien nur der zu sein, der den größtmöglichen persönlichen Vorteil erwirtschaftete. Der schnelle Euro war das Gebot der Stunde, nicht die langfristige, geduldige Investition, die unser Gemeinwesen voranbringt.
Um nicht missverstanden zu werden: Ja, wir brauchen eine kluge Standortpolitik, wir brauchen eine kluge Arbeitsmarktpolitik, wir brauchen eine kluge Wirtschaftsförderung. Aber es muss kristallklar sein, dass eine demokratische Politik eigenen Prinzipien folgt, die unser Gemeinwesen begründen und uns alle verpflichten. Die Demokratie erkennt jedem einen Wert zu und verlangt ein Fundament der Ebenbürtigkeit. Vorteile zu privatisieren und Verluste der Gemeinschaft zu überantworten, Vermögen maßlos zu konzentrieren bei gleichgültigem Blick auf die öffentliche Misere beschädigt auf Dauer unsere demokratische Ordnung. Dass sie die Handlungsfähigkeit unserer Städte zunehmend einschränken, hat erst jüngst der Deutsche Städte- und Gemeindetag unterstrichen.
Ohne Frage: Die genannten Exzesse haben der Idee der sozialen Marktwirtschaft und der Demokratie schweren Schaden zugefügt. Viele der Vorurteile, die nicht wenige in den neuen Bundesländern gegenüber einer marktwirtschaftlichen Ordnung haben, sind durch diese Praktiken nicht eben ausgeräumt worden. Wir werden in den nächsten Jahren auch diesem Vertrauensverlust begegnen müssen.
Dies betrifft zunächst und vor allem unser kommunales Eigentum. Viele Bürger misstrauen der Privatisierung gemeinschaftlichen Eigentums. Sie wissen, ich war und bin auch heute noch der Überzeugung, dass der Stadtwerkeanteilsverkauf richtig gewesen wäre. Aber der Leipziger Bürgerentscheid ähnelt Abstimmungen in Hamburg oder Freiburg. Auch hier haben sich deutliche Bürgermehrheiten gegen einen Verkauf kommunalen Eigentums ausgesprochen. Wasser- und Energieunternehmen, Krankenhäuser und Schulen, Wohnungsgesellschaften und Verkehrsbetriebe sollen im Besitz der öffentlichen Hand bleiben – so ist es klarer Bürgerwille.
Ich stehe dafür ein, dass wir unsere kommunalen Unternehmen entwickeln. Wir werden unser kommunales Eigentum hegen und pflegen!
Meine Damen und Herren!
Die globale Krise ist aber nicht nur eine Krise der Finanzwirtschaft. Sie hat längst die Realwirtschaft erreicht. Karstadt und Quelle, Hallberg Guss und PC Ware sind Leipziger Unternehmen. Der Zusammenschluss zu großen Unternehmenseinheiten, die Verlagerung von Unternehmensteilen, die Börsenplacierung Leipziger Unternehmen: Entscheidungen dieser Art schlagen sich nicht nur in den Gewerbesteuern nieder. Sie betreffen unmittelbar den Arbeitsmarkt und damit das Leben vieler Leipziger und Leipzigerinnen.
Die Leipziger Wirtschaft hat sich der Krise gegenüber bisher sehr robust gezeigt. Dies ist auch ein Ergebnis unserer kommunalen Wirtschaftspolitik. Wie bisher stehe ich dafür ein, dass wir alle Akteure der Leipziger Wirtschaft nach Kräften unterstützen: das Großunternehmen, den Mittelständler und den Kleinbetrieb, den Gewerbetreibenden und die Gewerkschaften, die Arbeitnehmer und die Unternehmer. Es ist bisher eine große Qualität der Leipziger Politik gewesen, an diesem Punkt keine falschen Gegensätze auftreten zu lassen. So wird es unter meiner Verantwortung bleiben.
Und eine dritte Krisendimension ist zu nennen. Jeder der wachen Sinnes durch die Welt geht, wird mit der ökologischen Krise konfrontiert. In einigen Tagen werden sich die politischen Repräsentanten der Welt in Kopenhagen zusammenfinden, um über ein neues weltweites Klimaabkommen als Verlängerung des Kyoto-Vertrages zu verhandeln.
Fragen des Klimaschutzes, des schonenden Umgangs mit der Natur und ihren Ressourcen werden uns in den nächsten Jahren in zunehmendem Maße beschäftigen. Um es deutlich auszusprechen: Ich wünschte mir bei manchen Kampagnen der letzten Monate ein wacheres Bewusstsein für dieses große Problem unserer Zeit und unserer Zivilisation.
Nichts ist fataler, als ökonomische und ökologische Anliegen gegeneinander auszuspielen. Alles steuert auf einen neuen globalen Kompromiss hin, auf Formen eines neuen menschen- und naturfreundlichen Lebens-, Arbeits- und Konsumstils.
An dieser Stelle wird sich beweisen, inwieweit wir wirklich zukunftsfähig sind: nicht, indem wir Ängste schüren, sondern nach nachhaltigen, verkraftbaren Lösungen für alle Beteiligten suchen. Hierzu lade ich alle Partner der Leipziger Stadtgesellschaft ein. Die ökologisch verantwortbare Stadtentwicklung muss uns stärker als bisher beschäftigen.
Meine Damen und Herren,
Krisen sind Schockerfahrungen. Ich bin sicher, dass uns die globale Krise wieder auf die wesentlichen Aufgaben der Politik verweist: Arbeit – Bildung – Gesundheit – Altersvorsorge. Nichts wünschen sich die Menschen mehr als politische Klarheit in diesen grundlegenden Fragen ihrer Existenz. Wir werden im Blick auf unser Gemeinwesen insbesondere hier Antworten liefern müssen.
Hinzu kommt: Sie alle kennen die haushaltspolitischen Probleme, mit denen wir es in den nächsten fünf Jahren zu tun haben werden. Die finanzpolitische Stellung der Kommunen dramatisiert diese Lage. Oftmals sind wir das letzte Rad am Wagen und müssen die Lasten tragen, die uns andere aufbürden. Gesetzliche Vorgaben und eigene Schwerpunktsetzungen bedeuten eine steigende finanzielle Belastung, die aber keine Entsprechung durch die Dynamik der Landesförderung findet. So werden uns neue Pflichten auferlegt, ohne die entsprechenden Möglichkeiten der Umsetzung zu garantieren. Ohne Wenn und Aber: Die Städte brauchen mehr verbriefte Rechte. Was "Konnexität" heißt, muss auch praktiziert werden. Wer bestellt – mehr Kitas, mehr Sozialleistungen – soll auch bezahlen.
Unsere Haushaltsnöte beleuchten krass die Probleme, die den Hintergrund unserer gemeinsamen Arbeit bilden werden. Auch in unserer Stadt verdichten sich Konstellationen, die überall den Umbruch von der klassischen Arbeits- in die globale Wissensgesellschaft prägen. Sie alle kennen die Probleme: Viele Leipziger sind ohne Arbeit, jugendlichen Berufseinsteigern fehlt die Perspektive, der Immobilienleerstand ist nach wie vor zu hoch, soziale Brennpunkte sind zu erkennen, die Zahl der Hilfsempfänger bleibt auf hohem Niveau: Leipzig hat vor diesen Problemen nie die Augen verschlossen. An ihrer Bewältigung werden wir alle uns messen lassen müssen.
Trotz alledem: Leipzig hat sich in den vergangenen 20 Jahren so schnell und so positiv verändert wie selten zuvor in seiner fast 1.000-jährigen Geschichte. Ein Großteil der Gebäudesubstanz ist saniert, die Verkehrsinfrastruktur erneuert, viele Schulen - bei gleichbleibend großem Bedarf - instand gesetzt, eine Fülle neuer wissenschaftlicher Einrichtungen ist entstanden. Projekte wie der Bau des Neuen Messegeländes, die Errichtung des Güterverkehrszentrums und der interkontinentale Ausbau des Flughafens Leipzig/Halle haben eine moderne Infrastruktur geschaffen. Die neuen Werke von BMW und Porsche, von DHL und Amazon haben die Türen zu wichtigen globalen Branchen weit aufgestoßen.
Gerade im 20. Jahr der Friedlichen Revolution haben wir daher alles Recht zu sagen: Auf diese Entwicklung können wir stolz sein. Gemessen an den Schwierigkeiten ist in Leipzig ungeheuer viel gelungen!
Wie kein anderes Ereignis hat mich der 9. Oktober 2009 in dieser Haltung bestärkt. Die Leipziger haben sich auf einzigartige Weise mit ihrer Stadt und ihrer Geschichte identifiziert. Die Hamburger Wochenzeitung "Die Zeit" schrieb dazu - und Sie gestatten mir dieses Zitat: "Ohne große Parolen und Transparente, ohne demonstrative Ausgelassenheit und Wir-sind-wieder-wer-Gejuchze. Still, aber nicht fromm. Heiter, aber nicht blasiert. So spazierten sie in die Nacht. Es war eine Nationalfeier ohne falschen Nationalstolz, ja beinahe ohne Nation."
Deshalb, verehrte Stadträte, bin ich zuversichtlich. Wir haben die Kraft. Natürlich wissen wir: 20 Jahre nach der Friedlichen Revolution wird uns in den nächsten Jahren der Wind heftiger entgegen wehen. Die globale Krise wird unsere finanziellen Möglichkeiten beschränken und die Sozialausgaben werden steigen. Aber wir sind nicht hilflos und zur Passivität verurteilt.
Allerdings: Dieser fünfte frei gewählte Stadtrat übernimmt eine gewachsene Verantwortung. Er wird noch vorausschauender denken und entscheiden müssen. Wir werden miteinander unter schwierigsten finanziellen Rahmenbedingungen die wirklich wichtigen Probleme identifizieren, Herausforderungen annehmen, Risiken nüchtern einschätzen und Chancen ergreifen müssen.
Dass wir hier nicht bei Null anfangen, ist auch der Arbeit der bisherigen Stadträte zu verdanken. Wir besitzen mit unseren beiden strategischen Zielen der Kommunalpolitik eine klare und sinnvolle Orientierung. In einer letzten Beratung des Sachverständigenforums am 5.Mai 2009 wurde Resümee gezogen. Die Sachverständigen stellten fest, dass ihre Empfehlungen eine beachtliche Wirkung auf die Arbeit der Verwaltung und des Stadtrates erzielten.
Wir werden weiterhin unser Handeln auf die Rahmenbedingungen für den Erhalt und Ausbau von Arbeitsplätzen und auf die Rahmenbedingungen für eine ausgeglichenere Alterstruktur, insbesondere in den Feldern Jugend und Bildung, konzentrieren. Ja, die Arbeitsplatzentwicklung treibt uns an. Unsere Wirtschaft ist in den letzten Jahren mit einem Arbeitslosenrückgang von über acht Prozent deutlich vorangekommen; und unser Bevölkerungswachstum gegen allen Trend in Ostdeutschland von 20.000 Menschen in den letzten drei Jahren ist Antrieb und Bestätigung.
Meine politischen Handlungs-Leitlinien als Oberbürgermeister, abgeleitet aus den Stärken unserer Stadt, sind diesen strategischen Zielen verpflichtet:
- Leipzig soll eine wachsende Stadt sein und wir wollen auf diesem Weg ökologisch zukunftsfähig und nachhaltig wirtschaften,
- Leipzig soll eine internationale, kulturell und wissenschaftlich anziehende Stadt sein,
- Leipzig soll eine bürgerschaftlich engagierte Stadt bleiben und unser Handeln dem sozialen Zusammenhalt unserer Stadtgesellschaft verpflichtet sein.
Diese Leitlinien, mit vielen Akteuren diskutiert, sind überzeugend in unser Integriertes Stadtentwicklungskonzept eingeflossen. Viele Städte beneiden uns um diese selbst erarbeiteten Selbstbindungen und Orientierungen. Mit dem SEKo besitzen wir einen gesamtstädtischen Entwicklungsansatz, der unser Handeln in den nächsten zehn Jahren vorzeichnet, aber natürlich kontinuierlich zu ergänzen und weiterzuentwickeln ist. Hierin sehe ich eine wichtige Aufgabe des neuen Stadtrats.
Wir haben uns auf den Weg gemacht, unser Leipzig zu einer prosperierenden, sozialen, kulturell und wissenschaftlich spannenden und die natürlichen Ressourcen schonenden europäischen Metropole mit hoher Lebensqualität und großer Anziehung zu machen. Auf diesem Weg sollten wir optimistisch voranschreiten.
Meine Damen und Herren!
Leipzig ist eine im Vergleich mit westdeutschen Großstädten im hohen Maße sozial homogene Stadt. Diese Tatsache ist auch das Ergebnis einer sozialen Politik, die von den Bürgern unterstützt wird. Alle Bürgerumfragen seit 1990 bestätigen: Die Leipziger wollen, dass ihre Stadt eine Stadt für alle Bürger ist. Niemand soll an den Rand gedrängt werden, niemand sich überflüssig fühlen. Alle Menschen, ungeachtet ihrer individuellen Möglichkeiten und sozialen Lagen, sollen die Möglichkeit der Teilhabe besitzen.
Auf dieses soziale Grundgewissen unserer Stadt müssen wir bauen. Es gilt, heute die richtigen Entscheidungen zu treffen, damit Leipzig morgen eine wachsende Stadt bleibt, eine Stadt für alle Bürger, eine Stadt mit sinnvoller Arbeit und genügendem Einkommen, eine Stadt, die wächst und in der jedes Lebensalter seinen Platz findet, eine Stadt, in der man gerne zu Hause ist.
Liebe Stadträte,
die Jahre Ihrer Amtszeit werden von großen und aufregenden Ereignissen geprägt sein. Mit dem diesjährigen Jubiläen von Universität, Mendelssohn und dem 20. Jahrestag der Friedlichen Revolution ist der Startschuss erfolgt. 2011 werden wir Gustav Mahler ehren, 2012 800 Jahre Thomaner begehen, 2013 Wagner und die Völkerschlacht, 2014 den 25. Jahrestag der Friedlichen Revolution feiern. Hinzu kommen eine Fülle von Jubiläen, die sich dem Aufbruch von 1989 verdanken: 20 Jahre Umweltforschungszentrum, 20 Jahre Hochschule für Wirtschaft, Technik und Kultur, zehn Jahre BioCity, zehn Jahre Porsche und viele andere mehr.
Wir werden die bauliche Sanierung unserer Innenstadt zu einem Abschluss bringen, die universitäre Neubau am Augustusplatz wird abgeschlossen und auch der City-Tunnel eröffnet sein. Ich bin sicher! Der Jubiläumsreigen wird seinen Höhepunkt im Jahr 2015 finden, wenn wir den 1000. Geburtstag unserer Stadt feiern. Für all diese Ereignisse brauchen wir die Unterstützung des Stadtrats, der Stadtgesellschaft, und das heißt von allen Leipzigern!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Stadträte!
Leipzig hat keine geringen Ziele. Wir wollen, dass unsere Stadt in der Zukunft wieder den Platz einnehmen wird, den sie zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Deutschland und der Welt besaß. Wir sind ohne falsche Bescheidenheit das geistige und wirtschaftliche Zentrum Mitteldeutschlands. Und wir wollen eine europäische Metropole sein, die eine noch stärkere Sogkraft entwickelt, um Menschen in unsere Stadt zu ziehen, um hier zu investieren und zu arbeiten, zu studieren und zu forschen, mit einem Wort: zu leben. Leipzig wird aufregend anlocken.
Schon heute werden wir als eine kreative, moderne, fremdenfreundliche, junge und nachhaltige Metropole mit hoher Freizeit-, Aufenthalts- und Lebensqualität wahrgenommen. Unser reiches, buntes Kulturleben, unsere einzigartige urbane Struktur, unsere Messe, unsere innerstädtische Universität - und unsere Erfahrung der Friedlichen Revolution von 1989 machen uns unverwechselbar im Reigen und im Wettbewerb der großen Städte Europas. Wir haben alle Chancen trotz schwieriger Bedingungen, auf diesem guten Weg voran zu kommen.
Ich reiche jedem die Hand, der dabei mit anpacken will. Ich bin sicher: Der fünfte frei gewählte Leipziger Stadtrat wird ein Höchstmaß an Energie und Engagement, an Kraft und Intelligenz aufbringen wird, um dieses Ziel zu erreichen.
Ich danke Ihnen allen, dass Sie diese große Aufgabe, diese große Herausforderung für unsere Stadt annehmen. Ich wünsche Ihnen von ganzem Herzen Gesundheit, Kraft, eine Fülle guter Ideen, ich wünsche uns viele Stunden anregender Debatten und kluger Entscheidungen im Ringen um die beste Lösung für unsere wunderschöne Stadt.
Stadt Leipzig
Der Oberbürgermeister
11. November 2009