Koordination kommunaler Entwicklungspolitik
Mit der Einrichtung einer durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) geförderten Projektstelle „Koordination kommunaler Entwicklungspolitik (KEpol)“ setzte sich die Stadt Leipzig in zwei Projektphasen das Ziel, ihre kommunale Entwicklungspolitik sichtbarer zu machen und voranzutreiben.
Aus dem Projekt „KEpol“ hat sich eine Koordinationsstelle mit Expertise im Bereich der fairen Beschaffung etabliert, die einen besonderen Fokus auf die sozialen Aspekte der nachhaltigen Beschaffung legt, Theorie und Praxis verbindet und hierfür die Vernetzung und Impulsgebung fördert.
Unter kommunaler Entwicklungspolitik wird „die Summe der Mittel und Maßnahmen verstanden, die die Kommunen einsetzen und ergreifen, um die global nachhaltige Entwicklung in der eigenen Kommune, ebenso wie in Partnerkommunen in Entwicklungs- und Transformationsländern zu fördern. Sie umfasst neben den Maßnahmen im Inland, wie die Informations- und Bildungsarbeit, auch die Entwicklungszusammenarbeit, das heißt die Verbesserung der Lebensbedingungen in den Partnerkommunen im Ausland durch den Austausch von Erfahrungen und Wissen auf der jeweils korrespondierenden Ebene sowie das zur Verfügung stellen von Ressourcen.“ (Quelle: Bund-Länder-Ausschuss Entwicklungszusammenarbeit vom 7. Juni 2010)
Unter der nachhaltigen Beschaffung versteht man den Einkaufsprozess für verschiedene Produkte (Lebensmittel, Kleidung, Möbel, Bürogeräte, Papier etc.) sowie Dienstleistungen (IT-Service, Gebäudereinigung etc.) deren Herstellung und Lieferkette soziale, ökologische und ökonomische Aspekte berücksichtigt. Dieser Prozess stellt einen wichtigen Beitrag für den globalen Umwelt - und Ressourcenschutz dar.
Der Faire Handel trägt dazu bei, ungerechte und unmenschliche Arbeitsbedingungen (Kinderarbeit, Ausbeutung, Gesundheitsgefährdung etc.) in vielen Regionen unserer Erde zu beseitigen und soziale Gerechtigkeit sowie ökonomische Sicherheit für Beschäftigte in den Produktionsländern zu fördern.
Faire Beschaffung in der Stadt Leipzig
Die Stadt Leipzig engagiert sich seit Jahren dafür, bei ihrer Beschaffung Nachhaltigkeitskriterien zu berücksichtigen und somit Schritt für Schritt auf nachhaltige Produkte umzustellen. Dabei wurden insbesondere die Anteile von Produkten aus fairem Handel in den letzten Jahren kontinuierlich gesteigert. Dies zeigt sich bei der Ausgestaltung mehrerer großer Rahmenverträge, beispielsweise im Bereich der Berufs- und Arbeitsschutzkleidung bei der Branddirektion, im Hauptamt oder im Eigenbetrieb Stadtreinigung. Mit der Geschäftsordnung der Stadt Leipzig zur Vergabe von Leistungen (PDF 120 KB) wurde am 12.10.2022 festgelegt, dass künftig nachhaltige, soziale, strategische und innovative Aspekte für Einkauf und Beschaffung zu berücksichtigen sind. Für die öffentliche Beschaffung innerhalb der Stadtverwaltung heißt dies zum Beispiel konkret, dass nur noch Produkte eingekauft werden sollen, die ohne Verletzung der ILO-Kernarbeitsnormen (international anerkannte Arbeitsrechte) hergestellt wurden.
Vernetzung und Impulsgebung
Regelmäßig werden interne „FAIRnetzungstreffen“ für Mitarbeitende der Stadtverwaltung organisiert, um dezernatsübergreifende Zusammenarbeit zu stärken, Schulungen, um über neueste Gesetzesentwicklungen zu informieren und von anderen Beschaffungsprozessen zu lernen, sowie Infoveranstaltungen, um den Austausch und die Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit anderen Kolleg/-innen zu stärken. Dabei spielt die Kooperation von Verwaltung und Zivilgesellschaft und das Brückenbauen in Bereiche auch außerhalb der Verwaltung eine große Rolle. Die Zusammenarbeit mit dem Eine Welt e.V. Leipzig ist hierfür beispielhaft zu nennen und reicht von der Beratung einer sozialverantwortlichen Beschaffung von Sportbällen für Leipziger Schulen bis hin zur gemeinsamen Erstellung eines bundesweit nutzbaren Leitfadens zur sozialverantwortlichen Beschaffung von Sportartikeln (PDF 1,55MB)
Entwicklungspolitisches Handlungskonzept
In einer Steuerungsgruppe, bestehend aus vier Fachbereichen der Stadtverwaltung, wurden vielfältige Aspekte kommunaler Entwicklungspolitik erarbeitet. Diese Aspekte werden bisher in vier Handlungsfeldern sichtbar: Faire Beschaffung und Fairer Handel, Entwicklungspartnerschaften und Entwicklungszusammenarbeit, Migration und nachhaltige Entwicklung sowie eine global verantwortliche Wirtschaftsförderung. Die Steuerungsgruppe setzt sich aus den Referaten Nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz, Internationale Zusammenarbeit, Migration und Integration sowie dem Amt für Wirtschaftsförderung zusammen.
Auf das Konzept als Handlungsgrundlage für die kommunale Entwicklungspolitik der Stadt Leipzig soll sich ein partizipativer Weiterentwicklungsprozess anschließen.
Projektstelle „KEpol“ (2017-2022)
Die im Jahr 2017 im Dezernat Umwelt, Klima, Ordnung und Sport eingesetzte Personalstelle hat in ihrer ersten Projektphase (2017-2020) schwerpunktmäßig faire Beschaffungsprozesse in der Stadtverwaltung und innerhalb des Stadtkonzerns thematisiert und initiiert (Konzept der Stadt Leipzig zur fairen und nachhaltigen Beschaffung PDF 62 KB). In Folge dessen konnte im Jahr 2020 beispielsweise die Berufung der ersten Botschafterin der Stadt Leipzig für faire und nachhaltige Beschaffung erfolgen.
In der Folgeprojektphase (2020-2022) wurden entwicklungspolitische Handlungsmöglichkeiten verschiedener Themenfelder beleuchtet, um mit der Erarbeitung eines entwicklungspolitischen Handlungskonzeptes die strukturellen Voraussetzungen für eine praktische Umsetzung zu schaffen. Dabei wurden auch die angeschobenen Prozesse aus der ersten Projektphase fortgeführt und das Verständnis für die Bedeutung globaler Verantwortung weiter gefördert.
Einen Eindruck über konkrete Veranstaltungen und Wettbewerbe finden Sie nachfolgend.
Für das vorbildliche, systematische Einbinden der Stadtgesellschaft in die Entwicklungspolitik und der ganzheitlichen konzeptionellen Strategie, erhielt die Stadt Leipzig den ersten Platz in der Kategorie über 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern beim bundesweiten Wettbewerb „Kommune bewegt Welt“. Die Auszeichnung wurde am 15. September 2022 in Düren verliehen und ist mit einem Preisgeld in Höhe von 20.000 Euro verbunden. „Es freut mich sehr, dass sich aus unserer langjährigen Arbeit im Fairen Handel und der fairen Beschaffung im Dezernat Umwelt, Klima, Ordnung und Sport ein so lebhafter Prozess entwickelt hat. Mit dem Preisgeld möchten wir den Prozess verstetigen und weitere Akteurinnen und Akteure gewinnen, um mit unserer kommunalen Entwicklungspolitik vielfältig und partizipativ zu einer nachhaltigen Entwicklung bei uns in Leipzig und auf der Welt beizutragen,“ erläutert Heiko Rosenthal, Bürgermeister und Beigeordneter für Umwelt, Klima, Ordnung und Sport.
Der seit 2014 alle zwei Jahre stattfindende Wettbewerb wird von der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) von Engagement Global im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ausgetragen. Bereits 2020 nahm Leipzig am Wettbewerb teil und gewann damals den Sonderpreis „Synergien“.
Im Rahmen der Interkulturellen Wochen fand am 22. September 2022 in der Galerie für Zeitgenössische Kunst das Forum „Die Welt vor Ort“ statt. Im Mittelpunkt stand das entwicklungspolitische Engagement Leipziger Migrantenorganisationen in den Ländern des globalen Südens und hier vor Ort. Dazu luden die städtischen Referate Nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz sowie Migration und Integration und der Dachverband sächsischer Migrantenorganisationen e. V. ein.
Im Zuge der Erarbeitung des entwicklungspolitischen Handlungskonzepts wurden auch die Potentiale von Leipziger Migrant/-innen und ihren Organisationen für die Gestaltung entwicklungspolitischen und nachhaltigen Handelns der Stadt Leipzig gewürdigt. Nach einem Grußwort von Bürgermeister Heiko Rosenthal und vom Geschäftsführer des Dachverbands sächsischer Migrantenorganisationen, Mohamed Okasha, stellte die Stadt Leipzig Aspekte des Handlungskonzeptes und der laufenden Befragung von Migrantenorganisationen vor. Zudem wurden Möglichkeiten zur Einbindung von Migrantenorganisationen in das entwicklungspolitische Handeln aufgezeigt. Beispielhaft stellte auch der in Syrien gegründete DOZ International e. V. seine entwicklungspolitischen Projekte in Syrien und dem Irak vor. Abschließend tauschten sich die Anwesenden zur künftigen Gestaltung und Vernetzung der Eine-Welt-Arbeit von migrantischen Organisationen aus.