Schritte zum Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal 2008-2010
Beschluss der Ratsversammlung zum weiteren Vorgehen
Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal - Standortentscheidung und weiteres Verfahren
In der 58. Ratsversammlung vom 17. Juni 2009 wurde folgender Beschluss (RBIV1637/09) gefasst:
1. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, ein Auslobungsverfahren für die zwei Standorte Augustusplatz und Wilhelm-Leuschner-Platz einzuleiten. Dabei sind die Auslobungsunterlagen möglichst so zu gestalten, dass die Erfahrungen des Berliner Wettbewerbs vermieden werden.
2. Standortübergreifende, den gesamten Promenadenring umfassende Konzepte sind im Wettbewerbsverfahren zulässig und als gleichwertig zu behandeln. Die Wettbewerbsteilnehmer sind über die inhaltlichen und räumlichen Aspekte des Promenadenrings zu informieren.
3. Im Ergebnis des durchgeführten Wettbewerbs für das Freiheits- und Einheitsdenkmal in Leipzig wird der Oberbürgermeister zudem beauftragt, gemäß § 22 SächsGemO (Sächsische Gemeindeordnung) eine Einwohnerversammlung einzuberufen, mit der Erörterung folgender Tagesordnungspunkte:
- Sinn und Inhalt des geplanten Freiheits- und Einheitsdenkmales
- Standortentscheidung unter Einbeziehung der bis dato vorliegenden Vorschläge, aber auch eines alternativen Konzeptes mit der Planung und Schaffung eines den gesamten Promenadenring umfassenden Ansatzes für ein Freiheits- und Einheitsdenkmal;
- Weiteres Verfahren zur Realisierung eines Freiheits- und Einheitsdenkmales.
Es ist dabei sicherzustellen, dass Anregungen und Hinweise aus der Einwohnerversammlung Eingang in den Abwägungsprozess finden und dessen Ergebnisse den Bürgern sowie dem Stadtrat im Vorfeld einer Beschlussfassung über den letztendlichen Standort und die konkrete Form des Denkmals zur Kenntnis gegeben werden.
4. Die Ratsversammlung stimmt dem Verfahren zu und beauftragt den Oberbürgermeister, die für das Wettbewerbsverfahren notwendigen Abstimmungen mit den Mitauslobern Bundesrepublik Deutschland und Freistaat Sachsen zu führen. Die Auslobung ist dem Fachausschuss Stadtentwicklung und Bau sowie dem Fachausschuss Kultur vorzulegen.
Umsetzung des Beschlusses
Zur Umsetzung des Beschlusses wurde umgehend der Kontakt zum Bund und zum Freistaat Sachsen aufgenommen. Am 9. Juli 2009 fand auf Einladung des Oberbürgermeisters in Leipzig die erste Zusammenkunft der Stadt Leipzig mit Vertretern des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), der Sächsischen Staatskanzlei (SK) und Gästen statt. Im Ergebnis dieses Treffens wurde eine Arbeitsstruktur festgelegt, die den regelmäßigen Austausch zu den Fragen des Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmals, aber auch des Berliner Verfahrens einschließt.
In der Zwischenzeit wurde durch den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien für das Berliner Denkmal ein neues Verfahren ausgelobt, nachdem ein erster Wettbewerb kein Ergebnis brachte.
Zwischen Bund, Land und Stadt wurden zum Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal bisher folgende Festlegungen getroffen:
- Bund und Land begleiten das Leipziger Verfahren aktiv, werden aber nicht Mitauslober des Leipziger Wettbewerbs sein.
- Der Bund beteiligt sich mit bis zu 5 Millionen Euro am Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal, der Freistaat plant circa 1,5 Millionen Euro bereit zu stellen, der Beschluss des Landtages steht noch aus.
- Bund und Land stellen ihre Mittel für das Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal nur für eine beständiges, dauerhaftes und materialisiertes Ergebnis zur Verfügung. Das heißt, dass andere Vorhaben, wie Events, Stiftungen, Preise oder ähnliches nicht förderfähig sind.
Bedenken zum Wettbewerb mit drei Standorten
Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung äußerte seine Bedenken gegenüber der Stadt Leipzig zur Durchführung eines Wettbewerbs mit drei Standorten, wie es der Leipziger Ratsbeschluss vorgibt. Deshalb wurde ein Projektsteuerer mit der Entwicklung eines Wettbewerbsverfahrens beauftragt, das die besondere Leipziger Situation berücksichtigt.
Über den Entwurf dieses Verfahrens verständigten sich Bund, Land und Stadt am 23. April 2010 in Leipzig. Das vorgeschlagene Verfahren ist mit einem Ideenwettbewerb gekoppelt und soll zu einer Standortentscheidung vor dem eigentlichen Wettbewerb führen. Dieses Vorgehen ist aus Architekturwettbewerben hinlänglich bekannt, bei künstlerischen Wettbewerben jedoch Neuland. Bund, Land und Stadt verabredeten die Prüfung der Praktikabilität dieses Verfahrens durch ihre Behörden.
Expertenwerkstatt hat Grundlagen für den Ausschreibungstext erarbeitet
Parallel zum Treffen der Arbeitsgruppe aus Bund, Land und Stadt fand im Auftrag der Stadt Leipzig vom 21. bis zum 24. April 2010 der Expertenworkshop "Think Tank" statt.
Unter Leitung von Jürgen Meier, verantwortlich für die Organisation des Kunstprojektes zum Lichtfest 2009, haben die Experten des Workshops die Grundlagen für den Auslobungstext zum Wettbewerb erarbeitet. Beteiligt waren:
- Professor Daniels, Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig;
- Andreas Höll, Leiter Wort mdr FIGARO;
- Susan Baumgartl, Universität Leipzig und
- Harry Jost, Geschäftsführer Jost Consult Projektsteuerung Halle.
Einbezogen wurden Sach- und Fachverständigen, wie:
- Tobias Hollitzer, Initiative 9. Oktober 1989;
- Christine Hölzig, Kunstwissenschaftlerin und Vertreterin des Sachverständigenforums Kunst am Bau und im öffentlichen Raum;
- Marit Schulz, Leipziger Tourismus und Marketing GmbH und
- Stadtplaner.
Am 27. Mai 2010 hat sich das vom Leipziger Stadtrat vorgesehene Begleitgremium konstituiert. In ihm sind Vertreter aller Fraktionen des Stadtrates sowie Vertreter von einschlägigen mit den Themen Friedliche Revolution und Denkmal befassten Initiativen vertreten. Dem Begleitgremium wurde der Stand des Verfahrens übermittelt. Das Gremium sprach sich dafür aus, dass in einem nächsten Schritt thematische Workshops durchgeführt werden sollen. Ein wichtiges Anliegen ist die Sicherstellung der Bürgerbeteiligung. Dafür wird die Stadtverwaltung einen Vorschlag unterbreiten.
Die Stadt Leipzig hält daran fest, dass das Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal im Jahr des 25. Jahrestages der Friedlichen Revolution 2014 eingeweiht wird.
Im Juni 2010 hat sich der Sächsische Landtag für die Unterstützung des Projektes ausgesprochen und eine finanzielle Förderung in Aussicht gestellt.
Beschluss der Ratsversammlung
Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal - Standortvorschläge und Verfahren
In der 55. Ratsversammlung vom 18. März 2009 wurde folgender Beschluss (RBIV-1538/09) gefasst:
1. Die Ratsversammlung stimmt den drei zur Auswahl vorgeschlagenen Standorten für das Freiheits- und Einheitsdenkmal zu.
2. Die Ratsversammlung stimmt dem Verfahren zu.
Suche nach einem Ort des Erinnerns
Der Leipziger Stadtrat hat am 18. März 2009 beschlossen, zunächst drei Standorte für das Freiheits- und Einheitsdenkmal zur weiteren Untersuchung vorzuschlagen und in einem breit angelegten Beteiligungsprozess die Meinung der Bürgerinnen und Bürger im April 2009 zu erkunden. Aufgrund der großen Bedeutung für die Montagsdemonstrationen wurden der Bürgerschaft drei Standorte am Promenadenring zur Auswahl und Diskussion vorgeschlagen.
Im Ergebnis des Beteiligungsverfahrens stellten sich der Augustusplatz und Wilhelm-Leuschner-Platz als klare Favoriten heraus. In der Ratsversammlung am 17.06.2009 wurde beschlossen, für die zwei Standorte Augustusplatz und Wilhelm-Leuschner-Platz ein Auslobungsverfahren einzuleiten.
Zu den drei Standorten:
- Standort Hauptbahnhofsvorplatz / Nördlicher Promenadenring (A)
- Standort Augustusplatz (B)
- Standort Wilhelm-Leuschner-Platz (C)
Standort Hauptbahnhofsvorplatz / Nördlicher Promenadenring (A)
Am Hauptbahnhof trafen Demonstranten auf die Absperrketten aus jungen Volkspolizisten. Die Einheiten der Kampftruppen standen im Grün des Promenadenrings bereit. In wirklich letzter Sekunde wurden die Absperrketten, Wasserwerfer und Räumfahrzeuge zurückgezogen. Die Demonstranten konnten friedlich weiterziehen. Das Regime hatte an diesem Montag hier 18:35 Uhr kapitulieren müssen. Heute gehört der Platzraum vor dem Hauptbahnhof zu den meistfrequentierten Orten Leipzigs. Der zentrale Knotenpunkt von Bussen und Bahnen führt die Leipziger und ihre Gäste direkt in die Innenstadt.
Aufgrund der hohen Passantenfrequenz und der zentralen Lage könnte der Platz mit einem Denkmal eine große Ausstrahlungskraft entwickeln. Im Bereich des Willy-Brandt-Platzes und des nördlichen Abschnitts der historischen Promenadenanlage wurden umfangreiche Maßnahmen zur denkmalgerechten Wiederherstellung umgesetzt. Das von Leipziger Bürgern für Bürgermeister Müller errichtete Denkmal entstand bereits 1819 und prägt seine Umgebung. Eine Umsetzung wäre bei der Wahl dieses Standortes für das Freiheits- und Einheitsdenkmal erforderlich. Hier wäre aufgrund förderrechtlicher Regelungen mit Rückzahlungsforderungen zu rechnen.
Der Bereich des Promenadengrüns zwischen dem Hallischen Tor und der Nikolaistraße steht nach Fertigstellung des Citytunnels uneingeschränkt zur Verfügung und bietet viele Chancen für die zukünftige Gestaltung des Denkmals. Die Freiflächengestaltung kann sich im Rahmen der Gartendenkmalpflege des Promenadenrings dem künstlerischen Konzept anpassen. Eine Verbindung des Denkmalbaus mit der erforderlichen Neugestaltung der Anlage bietet die Möglichkeit für eine kostengünstige Koppelung der Maßnahmen.
Standort Augustusplatz (B)
Der Augustusplatz ist seit dem Herbst 1989 einer der symbolträchtigsten Orte für Freiheit, Demokratie und Einheit in Deutschland. Die Überquerung des damaligen Karl-Marx-Platzes führte in die friedliche Demonstration am "Tag der Entscheidung". Hier fanden die großen Kundgebungen statt, als sich der gemeinsame Ruf "Wir sind das Volk!" zum verbindenden "Wir sind ein Volk!" wandelte. Der Augustusplatz kann einem Denkmal nicht nur einen authentischen Rahmen verleihen, sondern auch hinsichtlich Fußgängerfrequenz, Aufenthaltsqualität und medialer Wirksamkeit bei Veranstaltungen eine würdige Präsenz entfalten.
Mit der Umgestaltung seit 1996 hat sich der Augustusplatz grundlegend gewandelt. Sein jetzt menschlicheres Maß lädt zwischen Oper, Universität und Gewandhaus zum Verweilen ein. Er ist zu einem zentralen Platz für Veranstaltungen in der Leipziger Innenstadt geworden - zur FIFA-WM 2006 feierten hier Zehntausende. Für die "autoarme Innenstadt" hat sich die gut erreichbare Tiefgarage bewährt und stellt einen wesentlichen Vorteil für den Einzelhandel und die Kulturstätten der Leipziger Innenstadt dar.
Die bauliche Situation auf dem Augustusplatz ist für das Denkmal sehr stark rahmensetzend. Im Zusammenhang mit dem Universitätsneubau fanden bereits intensive Prüfungen für eine Neugestaltung des Eingangsbauwerkes und der acht Notausgänge statt. Allein die Baukosten würden mehr als 7 Millionen Euro betragen, da unter anderem eine völlig neue Lüftungstechnik und eine neue Platzbeleuchtung notwendig werden. Zudem sind aufgrund der förderrechtlichen und vertraglichen Bindungen umfassende Rückzahlungs- und Schadenersatzforderungen zu erwarten. Für die künstlerische Gestaltung des Denkmals an diesem Standort ist deshalb eine intensive Auseinandersetzung mit den baulichen, funktionalen und rechtlichen Rahmenbedingungen unter Beachtung der Folgekosten notwendig.
Standort Wilhelm-Leuschner-Platz (C)
Die Gebäude am ehemaligen Königsplatz wurden im 2. Weltkrieg zerstört, die Fläche liegt noch immer brach. 1945 wurde der Platz dem sozialdemokratischen Politiker Wilhelm Leuschner gewidmet, der als Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944 hingerichtet wurde. Der Wilhelm-Leuschner-Platz grenzt direkt an den Promenadenring und das Neue Rathaus. Am 09. Oktober 1989 gelang es, den Demonstrationszug am Wilhelm-Leuschner-Platz zu einem Ring zu schließen. Das Hauptportal des Neuen Rathauses wurde der Ort, an dem spontane Kundgebungen stattfanden und politische Forderungen artikuliert wurden.
Die Stadt Leipzig plant die Wiederherstellung der ovalen Grundform des ehemaligen Königsplatzes, der die Innenstadt mit der lebendigen Südvorstadt verbinden soll. Bereits jetzt liegt am Platz der zweitgrößte Umsteigeknoten der Leipziger Verkehrsbetriebe. Mit dem Bau der City-Tunnel-Station Wilhelm-Leuschner-Platz, der damit wachsenden Kundenfrequenz und der einfachen Überquerungsmöglichkeit des Ringes wird der Bereich seine jetzige "gefühlte" Randlage verlieren und sich zu einem vitalen urbanen Platz entwickeln.
Der Standort bietet aufgrund seiner Lage und Größe dem Denkmal eine großzügige und prominente Einordnung. Die Baufreiheit des Platzes wird nur im Norden durch die Station des City-Tunnels eingeschränkt. Es besteht die Chance, die notwendige Neugestaltung der Platzanlage zeitlich und gestalterisch eng mit dem Entwurf des Denkmals zu koppeln. Dies betrifft auch eine kostengünstige Verbindung mit den bereits geplanten Maßnahmen zur Umfeldgestaltung des City-Tunnels.
Beschluss der Ratsversammlung
Freiheits- und Einheitsdenkmal in Leipzig
In der 48. Ratsversammlung vom 9. Juli 2008 wurde folgender Beschluss (RBIV-1253/08) gefasst:
Am 09. November 2007 hat der Deutsche Bundestag beschlossen, in Berlin ein Denkmal für die Freiheit und Einheit Deutschlands zu errichten. Eine Würdigung des Beitrags der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Leipzig - stellvertretend für viele Menschen auch in anderen Städten der DDR - steht noch aus.
Deshalb fordert der Stadtrat der Stadt Leipzig die Bundesregierung auf, darauf hinzuwirken, dass das Berliner Denkmal einen eindeutigen Hinweis auf den Ausgangspunkt der Friedlichen Revolution in Sachsen und besonders in Leipzig enthält und dass in Trägerschaft des Bundes den Leipziger Bürgerinnen und Bürgern in der Stadt Leipzig ein Denkmal gesetzt wird, das ihren Beitrag zur Geschichte Deutschlands und Europas angemessen würdigt.