1813 - Leipzig nach der Völkerschlacht
"Unsere Hülfsquellen sind erschöpft, und wir haben jetzt eine ungeheure Menge Kranker und Verwundeter... zu versorgen. ... Wir sehen vor unsern Augen viele Tausend Bewohner der umliegenden Flecken und Dörfer,... ohne Obdach, All des Ihrigen beraubt, mit ihren Familien fast Hungers sterben. Was der Fleiß mehrerer Jahre erworben hatte, wurde in wenig Stunden vernichtet", so klagen am 1. November 1813 drei Leipziger Kaufleute der englischen Nation das Leid der Bevölkerung unmittelbar nach jener bis dahin größten Schlacht der Menschheitsgeschichte, die als Völkerschlacht bei Leipzig in die Geschichtsbücher eingehen wird.
Fast eine halbe Million Soldaten hatten um das künftige politische Schicksal Europas gerungen, ehe sich Napoleon geschlagen zurückzog. Rund 90.000 Soldaten sind gefallen und werden in eilends ausgehobenen Gruben verscharrt. Jeder Hausbesitzer hat dazu allmorgendlich einen Mann mit Spaten zu stellen.
Krankheiten breiten sich aus
In den Dörfern rund um die Stadt findet man in verlassenen Scheunen und Ställen noch bis ins folgende Jahr hinein Opfer des großen Gemetzels. Tausende Verwundete liegen in den Notlazaretten, zu denen fast alle Leipziger Kirchen umfunktioniert sind. Zur Wundversorgung fehlt es am Primitivsten, die Blessierten sterben reihenweise, Seuchen breiten sich aus. Allein zwischen November 1813 und April 1814 sterben rund 500 Messestädter am Typhus, daran können auch die an den Straßenecken zur Luftverbesserung brennenden Dunghaufen, sarkastisch "Prendel'sche Räucherkerzen" genannt, nichts ändern.
Zwei Millionen Taler Schaden
Haben die Kämpfe in der Stadt selbst nur geringen Schaden verursacht, ist das Umland von Ruinen gezeichnet. Mehr als zwei Millionen Taler beträgt der Schaden an Gebäuden, Vieh, Getreide, gestohlenen Wertgegenständen und Hausrat im Leipziger Kreis. Trotz drastischer Strafen kämpft Stadtkommandant Victor Prendel gegen Diebe, Hehler und Glücksritter wie gegen Windmühlenflügel.
Erst im Laufe des Jahres 1814 entspannt sich die Situation. Dank der eingangs erwähnten Petition der Kaufleute erhält Sachsen zum Wiederaufbau immerhin 35.700 Pfund vom englischen Parlament bewilligt. Auf denmeisten Verlusten bleiben die Geschädigten freilich sitzen.
Autor: Steffen Poser