BMW-Ansiedlung - Die weiß-blaue Überholspur
In der Industriegeschichte der tausendjährigen Stadt Leipzig verläuft ein Trennstrich zwischen der Zeit vor dem BMW Werk Leipzig und dem Zeitraum seither. Wer den reihenweisen Abschied von Traditionsbetrieben oder das drastische Schrumpfen ab 1990 erlebt hatte, konnte am 18. Juli 2001 nur in Jubel ausbrechen: Der bayerische Autobauer BMW, eine der angesehensten Marken der Welt, gab seine Entscheidung bekannt, das neue, für die Weltstrategie des Konzerns wichtige Werk würde in Leipzig gebaut.
Zu den damals kaum noch 15.000 Industriearbeitsplätzen in der Stadt würden in der automobilen Fertigung und drumherum rund 5.000 hinzukommen. Das war der Durchbruch für den Wiederaufstieg des Industriestandortes Leipzig.
Porsche markierte den Schwenk auf die Beschleunigungsspur, mit BMW wechselte Leipzig auf die Überholspur. Es war ein Glücksfall, dass ein solch ausgedehntes, nach Erschließung lechzendes Gelände in Reichweite zweier Autobahnen, eines Flughafens, eines Industriegleises, aber weit genug von der nächsten Wohnbebauung entfernt, zur Verfügung stand. Dort wurden zwischen 2001 und 2004 rekordverdächtige Mengen an Erdreich bewegt, das Gelände planiert und eines der weltweit modernsten Autowerke errichtet. Im Sommer 2004 begann der Probebetrieb mit der klassischen Werksstruktur aus Karosseriebau, Lackiererei und Endmontage. Inzwischen hat ein zusätzliches Presswerk mit zyklopischen Maschinen den Fertigungskreislauf geschlossen. Damit stieg die Investitionssumme auf über zwei Milliarden Euro.
Anfang März 2005 lief der erste sächsische "Dreier" vom Band. Das war im Frühjahr 2015 vielen Prominenten eine Zehn-Jahres-Feier wert. Die präsentierten Zahlen lesen sich wie ein Rekordverzeichnis. Mehr als 4 000 Arbeitskräfte lassen bei BMW in Leipzig inzwischen pro Arbeitstag 750 Fahrzeuge vom Band rollen. Wovor alle Festredner den Hut zogen, das ist die Innovationsfreude im Werk. Viele Baureihen wurden seit 2005 in Leipzig zur Großserienreife gebracht. Nicht alle blieben hier; viele wechselten in andere Werke des Konzerns. Doch das Leipziger Werk stand schon wieder bereit, innovative Modelle zuerst zu produzieren und die berühmte, anspruchsvolle Hochlaufkurve in den Griff zu kriegen.
Die Krönung sind der BMW i3 und der i8, als Marktöffner gefertigt im konzernweiten Kompetenzzentrum Elektromobilität in Sachsen. Zwar tragen in der Werbung die Autos als Kennzeichen das Münchner M, doch es sind hochtechnologische Schmuckstücke aus der Stadt mit dem L im Kennzeichen. Dass mit den beiden ersten elektromobilen Baureihen gleich noch das Wissen um die Verarbeitung des Super-Werkstoffs Carbon angeeignet wurde, setzt ein weiteres Achtungszeichen in der Erfolgsgeschichte des Leipziger BMW Werks. Übrigens, seit 2005 wurden in Leipzig 1,6 Millionen Fahrzeuge mit dem weiß-blauen Propellerlogo gebaut.
Autor: Helge-Heinz Heinker