Wie die Gose nach Leipzig kam
In der Sonne ein Bier genießen, dessen Geschichte noch älter als die Stadt an der Pleiße ist, funktioniert in zahlreichen Lokalitäten mit der Gose. Dieser säuerlich-salzig schmeckende, obergärige Gerstensaft stammt, wie es der Name verrät, aus der Kaiserstadt Goslar im Harz.
Bereits König Otto III. soll im Jahre 995 die Gose getrunken und sehr gelobt haben. Zu seiner Zeit entstanden die meisten Biere durch Spontangärung. 1.000 Jahre später wird die obergärige Brauart verwendet, bei der neben der alkoholischen noch eine bakterielle Milchsäuregärung stattfindet. Eine weitere Eigenart besteht in dem Zusatz von Kochsalz und Koriander.
Doch wie kommt die Gose nach Leipzig?
Ihr Weg führte im 18. Jahrhundert ins Anhaltinische, Leopold von Anhalt-Dessau ließ sie als sein "Leibgetränk" in der Domäne Glauzig brauen. Der Legende nach führte der Fürst die Gose 1738 in der Eutritzscher Schenke ein und erwirkte beim Leipziger Rat die Ausschankgenehmigung für deren Wirt Giesecke, da er über das "ungenießbare" einheimische Bier sehr verärgert war.
In der Ausgabe der Zeitschrift "Die Gartenlaube" aus dem Jahre 1872 heißt es zu diesem "epochalen" Ereignis: "Der alte Dessauer ... kam an einem heißen Augusttage des Wegs daher und steuerte auf unsere Schenke los. Das eine steht urkundlich fest, daß er einen sehr großen Durst hatte. Diese schöne deutsche Gottesgabe paßte jedoch schlecht zu dem schauderhaften Trank, welchen der Wirth dem gestrengen fürstlichen Herrn darreichen musste, denn er hatte nichts Besseres. ... Der alte Dessauer besaß jedoch ein gar wackeres Gemüth, ihn dauerte die hiesige Menschheit mit ihrem erbärmlichen Getränk, und so verhieß er dem Wirth, ihm ein besseres Bier zu besorgen und die Erlaubniß dazu, es auch ausschenken zu dürfen. Und der hohe Herr hielt Wort, er ließ ihm 'Gose' senden und ward dadurch der Stammvater der Gosenbrüder, die in Eutritzsch und dem gesammten Leipziger Gosenbezirk ihn noch heute, nach fast anderthalbhundert Jahren, für das ihnen zugeführte Labsal mit ungeschwächter Dankbarkeit verehren."
Gose mit Vorsicht zu genießen?
Die Leipziger trinken und verehren die Gose. Aber Achtung - durch ihren Milchsäuregehalt und wider den übermäßigen Genuss soll das Gedicht des Leipziger Mundartdichters Edwin Bromann dienen: "Wennste probst der Gose Saft, wappne dich mit Heldenkraft! Denn de weest nich, wärd dei Magen Ja und Amen dazu sagen. Drum bevor de rechte Hand Noch ums Stengelglas sich wand, leg aus Vorsicht deine linke uff de Stuwendierenklinke!" In diesem Sinne: Goseanna!
Autor: Tobias Kobe