Stadtgeschichte: Leipzig im 19. Jahrhundert
Nach dem Wiener Kongress kam es zu einer territorialen Neuordnung des Königreichs Sachsen mit einer veränderten Stellung Leipzigs im sächsischen Staatsverband. Schwer hatte die Stadt zunächst an den Folgen der Völkerschlacht zu tragen. Schwierig war die wirtschaftliche Situation in den ersten Dekaden des 19. Jahrhunderts, nennenswerte Bedeutung besaßen lediglich das Verlagswesen, der Buchdruck und die Rauchwarenverarbeitung. Doch um 1830 sind die Anfänge der Industrialisierung im Leipziger Raum zu beobachten. Zwischen Leipzig und Dresden wurde 1839 die erste deutsche Eisenbahnfernverbindung eröffnet, weitere Eisenbahnlinien ließen schon bald einen Eisenbahnknotenpunkt entstehen. Damit konnte Leipzig seine Rolle als deutsches Handelszentrum mit internationaler Bedeutung für viele Jahrzehnte sichern und wesentliche Voraussetzungen für den industriellen Aufschwung schaffen.
Nach dem Aufstieg zur kapitalistischen Großstadt mit bedeutender Industrie wurden im Wirtschaftsleben der Stadt die Metall verarbeitende Industrie und der Maschinenbau führend, daneben behielt das polygraphische Gewerbe weiterhin große Bedeutung, gefolgt von der Textilindustrie, dem Baugewerbe, der chemischen Industrie und später dem elektrotechnisch-feinmechanischen Gewerbe.
Wirtschafts- und Finanzstandort
Mit nahezu 590.000 Einwohnern im Jahre 1910 wurde Leipzig zur viertgrößten Stadt Deutschlands. Vergleichbar der enormen Bautätigkeit im 16. Jahrhundert, entstanden um die Wende vom 19. zum 20. Jh. bedeutende Bauten wie z. B. das Neue Theater 1864/65, das Reichsgericht 1885-1895, das Neue Rathaus 1899-1905, zahlreiche Universitätsbauten sowie 1913 das Völkerschlachtdenkmal.
Leipzig war Universitäts-, Musik- und Buchstadt, zweite Hauptstadt Sachsens mit wichtiger Wirtschafts- und Finanzfunktion für alle sächsischen Herrscher und vor allem Handels- und Messestadt. Nicht zuletzt galt Leipzig gerade im 19. Jahrhundert als eine Stadt der Bürger und des bürgerschaftlichen Engagements zur Durchsetzung liberaler Grund- und Mitbestimmungsrechte.
Wiege der deutschen Arbeiter- und Frauenbewegung
Aufgrund in Leipzig erfolgter nationaler Vereinsgründungen galt die Stadt im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts als ein Vorort der deutschen Arbeiterbewegung (1863 Gründung des Lassalleschen Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins – Geburtsstunde der deutschen Sozialdemokratie), aber auch der ersten deutschen Frauenbewegung (Gründung des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins auf Initiative von Louise Otto-Peters).
Der Band endet mit einem Blick auf Leipzig unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg: auf eine selbstbewusste, moderne Großstadt, die sich als eines der potentesten wirtschaftlichen und kulturellen Zentren des Kaiserreichs präsentierte.
Wissenschaftliche Stadtgeschichte
Der Zeitraum von 1815 bis 1914 wird im Band III der Wissenschaftliche Stadtgeschichte zur Darstellung kommen. Herausgeberin ist Prof. Dr. Susanne Schötz, Professorin für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Technischen Universität Dresden