Stadtgeschichte: Vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis zur Gegenwart
Der Zeitabschnitt steht im Zeichen politischer Katastrophen und Umbrüche: Erster Weltkrieg und Novemberrevolution, die unruhigen Weimarer Jahre, die Zeit der NS-Herrschaft.
Im Zweiten Weltkrieg wurde Leipzig wie viele deutsche Großstädte von schwersten alliierten Luftangriffen getroffen; der mit völlig unzureichenden Mitteln betriebene Wiederaufbau schleppte sich über Jahrzehnte hin. Dass Leipzig nach kurzer amerikanischer Besetzung in den sowjetischen Herrschaftsbereich fiel, bestimmt für nahezu ein halbes Jahrhundert das weitere Schicksal der Stadt. Der gewaltige Aderlass an bürgerschaftlichem Engagement und wirtschaftlicher Leistungskraft hatte Folgen, die noch den mühsamen Wiederaufbau seit der deutschen Wiedervereinigung prägen. Besondere Aufmerksamkeit muss in diesem Zusammenhang der Leipziger Messe gelten, die vor wie nach 1945 massivem politischem Druck ausgesetzt war.
Friedliche Revolution
Andererseits kam der Stadt bzw. den Leipzigern für die friedliche Überwindung des maroden SED-Regimes eine herausragende Bedeutung zu. Die eindrucksvollen Montagsdemonstrationen, die Rufe "Wir sind das Volk!", "Wir sind ein Volk!" liessen ein bemerkenswertes Potenzial an Zivilcourage und Protestbereitschaft erkennen.
Ist das 20. (und frühe 21.) Jahrhundert also das wohl spannungsreichste der gesamte Stadtgeschichte, so zählt es gleichwohl zu den am wenigsten erforschten. Umso dringlicher ist es, im Rahmen der gegenwärtigen Bemühungen die Forschung auf breiter Front in Gang zu bringen. Dabei könnte die der Geschichte in Sonntagsreden häufig zugeschriebene Rolle, Lehrmeisterin des Lebens zu sein, hier durchaus lebenspraktische Auswirkungen haben - vollzieht sich doch die Bereitschaft zur Identifikation mit "ihrer" Stadt für viele Bürger über eine engere Vertrautheit mit der jüngeren Stadtgeschichte.
Wissenschaftliche Stadtgeschichte
Der Zeitraum von 1914 bis zur Gegenwart wird im Band IV der Wissenschaftlichen Stadtgeschichte erfasst werden. Herausgeber ist Prof. Dr. Ulrich von Hehl, emeritierter Lehrstuhlinhaber für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Leipzig