Alter Johannisfriedhof
Der Alte Johannisfriedhof ist ein historischer Friedhof, der seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts nur noch als museale Parkanlage genutzt wird. Diese zeichnet sich durch großzügige Rasenflächen und Baumbestände aus. Sowohl auf den Rasenflächen als auch an den Mauern befinden sich sehenswerte historische Grabsteine.
Von den ehemals typischen Grufthäusern ist heute nur noch die Baumgärtnersche Gruft erhalten. Die barocke Grabstätte unmittelbar hinter dem Grassimuseum wurde 1726 errichtet und 1825 vom Verlagsbuchhändler Friedrich Gotthelf Baumgärtner erworben.
Der Friedhof ist berühmt für seine Epitaphien, darunter einige stark verwitterte Renaissanceplatten und Epigramme auf barocken Grabsteinen, wie zum Beispiel auf dem Stein Christoph Schmidts:
Komm Tod du Schlafes Bruder, komm führe du mich fort – lös meines Schiffleins Ruder, bring mich in sichren Port
Verfasser unbekannt, Text von Bach vertont – Kantate Nr. 56
Leipziger Grabmalkunst aus Barock, Klassizismus und Historismus
Auf dem Friedhof sind etwa 400 Grabmale zu sehen, die eine interessante Abfolge Leipziger Grabmalkunst aus Barock, Klassizismus und Historismus darstellen.
Bemerkenswert ist die Vielfalt der Gestaltungselemente und Symbole an den Grabstätten verschiedener Jahrhunderte. Säulen- oder Würfelpostamente mit bekränzten oder tuchumhüllten Urnen findet man hier genau wie streng geformte Stelen, lebensgroßen Marmorfiguren und sogar eine Sandsteinsäule mit Ritzzeichnungen im ägyptischen Stil und hieroglyphischer und griechischer Inschrift für den Ägyptologen Friedrich August Wilhelm Spohn. Eine ganz spezielle Grabmalsikonographie weist neben Totenköpfen, Gebeinen, Sternen, Kruzifixen und Palmenzweigen auch nach unten gerichtete Fackeln auf, die das Verlöschen des Lebenslichtes symbolisieren. Der Schmetterling als Zeichen der Metamorphose, Mohnkapseln, Gerippe, Rosetten aber auch Lorbeerkränze und Schwerter sind zu sehen.
Auf dem Gelände des Alten Johannisfriedhofs befindet sich heute auch ein Lapidarium mit Grabmonumenten des säkularisierten Neuen Johannisfriedhofs, dem heutigen Friedenspark. Dazu zählen Grabmale der Sammelgrabstätte der Leipziger Universität, die Grabdenkmale von Anton Philipp Reclam sowie der Verlegerfamilie Brockhaus und anderer Persönlichkeiten. Berühmte Bürgermeister, wie Wilhelm Otto Koch und Carl Bruno Tröndlin, oder Kämpferinnen der Frauenbewegung, wie Auguste Schmidt und Luise Otto-Peters, und Karl Erdmann Heine, der Gründer des Elster-Saale-Kanal-Vereins und Förderer der Industrialisierung von Leipzig-Plagwitz gehören dazu.
Stätte zur Ehrung bedeutender Leipziger Persönlichkeiten
Auf dem Alten Johannisfriedhof ruhen unter anderem:
- die bedeutenden Leipziger Kaufmanns-, Handels- oder Bankiersfamilien Frege, Dufour, Apel, Harkort und Grassi
- Goethes Jugendfreundin während seiner Studienzeit in Leipzig Anna Katharina Kanne, geb. Schönkopf (Käthchen Schönkopf)
- Mitbegründer der Schrebergartenbewegung Ernst Innocenz Hauschild
- Mutter und Schwester Richard Wagners Johanna Rosina Wagner und Johanna Rosalie Marbach, geb. Wagner
- Teilnehmer an der Völkerschlacht von 1813 John Motherby, Karl Friedrich Friccius und Abraham Philipp Rudolph von Goerne
- bedeutende Künstler wie Franz Matthias von Treuenfeld und Karl Theodor Küstner
- Direktoren der Leipziger Ratsfreischule Johann Christian Dolz und Karl Gottlieb Plato
Zur Geschichte des Alten Johannisfriedhofes
Die älteste kommunale Begräbnisstelle Leipzigs wurde im Jahre 1536 vom Herzog Georg zum allgemeinen Begräbnisplatz der Stadt bestimmt. Hier spiegelt sich die Leipziger Stadtgeschichte auf besonders anschauliche Weise wider: Die Genossenschaft der Leprakranken erwarb 1278 Land vor dem Grimmaischen Tor um darauf ein Hospital zu errichten. Die erstmals 1305 urkundlich erwähnte Kapelle auf diesem Gelände war Johannis dem Täufer, dem Schutzheiligen der Leprakranken, geweiht. Die erste Friedhofsanlage umschloss die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Johanniskirche. 1476 vergrößerte man den Friedhof rund um das Hospital, da nun, auf Anweisung des Kurfürsten, auch Leipziger ohne Bürgerrecht dort bestattet werden sollten.
Zum alleinigen Begräbnisplatz der Stadt wurde das Areal bestimmt, als auf anderen Friedhöfen immer wieder hygienische Probleme und sogar die Pest auftraten. So erfolgten zwischen 1484 und 1834 mehr als 257000 Beerdigungen. Unter dem Altarraum der Kirche waren Johann Sebastian Bach und Christian Fürchtegott Gellert beigesetzt worden. Gellerts Gebeine liegen nun auf dem Südfriedhof, Bachs sterbliche Überreste wurden 1950 in die Thomaskirche überführt. Bis zur letzten Beerdigung 1883 wurde der Friedhof systematisch gen Osten erweitert.
Das Areal des Neuen Grassimuseums schließt annähernd den Standort des Johannishospitals sowie einen Abschnitt der I. und die II. Friedhofsabteilung ein. Der heute noch erhaltene Friedhof umfasst die wesentlichen Teile der III., IV. und V. Abteilung. Die ursprünglichen Grenzen dieser Abteilungen wurden sowohl durch die Verbreiterung des Täubchenweges und der heutigen Prager Straße als auch durch den Bau der Gutenbergschule eingerückt. Nach der Säkularisation der I. und II. Abteilung und infolge der erwähnten Baumaßnahmen haben besonders im Laufe der letzten 100 Jahre viele Grabmale ihren ursprünglichen Standort verloren.
1981 wurde der Friedhof wegen der beginnenden Sanierungsarbeiten für die Öffentlichkeit geschlossen. Danach erfolgte fortschreitender Verfall.
Nach der Säkularisation des Neuen Johannisfriedhofs wählten Denkmalpfleger etwa 120 Einzelobjekte mit stadt- und kunstgeschichtlicher Bedeutung aus, welche auf dem Alten Johannisfriedhof ausgestellt werden sollten. Bereits beim unsachgemäßen Transport kam es zu erheblichen Schäden. Der überwiegende Teil der Grabmale lagerte schließlich 23 Jahre lang unter freiem Himmel. Durch Diebstahl und Vandalismus waren weitere Verluste zu beklagen. Im Jahr 1991 waren noch 58 Grabmale vorhanden, konnten saniert und im südöstlichen Teil des Alten Johannisfriedhofs entlang der Prager Straße aufgestellt werden.
Der denkmalgeschützte Alte Johannisfriedhof wurde als museale Parkanlage am 21. Juni 1995 wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.