Schule und Bildung für Geflüchtete
Schulpflicht für minderjährige Geflüchtete
Für Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund besteht im Freistaat Sachsen Schulpflicht unabhängig vom Aufenthaltsstatus. Sie müssen gemäß Sächsischem Schulgesetz eingeschult werden, sobald sie einen Hauptwohnsitz in Sachsen haben und zum 30. Juni des laufenden Kalenderjahres das sechste Lebensjahr vollenden haben. Die Schulpflicht endet in der Regel mit 18 Jahren.
Die Voraussetzungen zum Schulbesuch für geflüchtete Kinder sind erfüllt, wenn im Rahmen des Asylverfahrens nach der Asylantragstellung eine Aufenthaltsgestattung erteilt wurde und die Familie die Erstaufnahmeeinrichtung verlassen kann.
Nach dem Aufenthalt in der Erstaufnahmeeinrichtung werden die Geflüchteten einer sächsischen Kommune zugewiesen, wo sie in Gemeinschaftsunterkünften oder dezentralen Einrichtungen (Wohnungen) untergebracht werden.
Kinder von Geflüchteten, die bereits einen Hauptwohnsitz in Leipzig haben und schulpflichtig werden, erhalten im Jahr vor der Einschulung automatisch vom Amt für Schule einen Brief mit Informationen zur zuständigen Grundschule sowie notwendigen Unterlagen, die bei den Anmeldeterminen mitgebracht werden müssen.
Nach der Anmeldung in der Grundschule erfolgt die Schuleingangsuntersuchung beim Kinder- und Jugendärtzlicher Dienst des Gesundheitsamtes, der eine Empfehlung für oder gegen die Einschulung ausspricht. Kann das Kind eingeschult werden, findet eine Bildungsberatung in der Schule oder beim Landesamt für Schule und Bildung statt, um zu klären, ob das Kind zunächst eine Vorbereitungsklasse DaZ (Deutsch als Zweitsprache) besuchen muss oder gleich am regulären Unterricht teilnehmen kann.
Geflüchtete, die zwar minderjährig sind, aber älter als 16 Jahre, besuchen die Vorbereitungsklasse DaZ an beruflichen Schulzentren, um im Anschluss ein berufsvorbereitendes Jahr oder eine Ausbildung zu absolvieren.
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Schrittweise Integration in den Klassenverband
Junge Asylsuchende sowie deren Eltern, die nach Deutschland fliehen, haben in der Regel wenige oder keine deutschen Sprachkenntnisse und sind oft in einer anderen Schrift alphabetisiert worden.
Die schulische Integration, die Unterrichtsabsicherung im Fach Deutsch als Zweitsprache (DaZ) und die Aufnahme in Vorbereitungs- und Regelklassen - ist in der Folge des Anstiegs der Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund vor allem in Großstädten eine Herausforderung für die zuständigen staatlichen Schulbehörden.
Die Verteilung von schulpflichtigen Kindern auf die Vorbereitungsklassen erfolgt nicht nach dem Wohnortprinzip, sondern richtet sich danach, in welcher Klasse passende freie Kapazitäten vorhanden sind.
Schulische Sprach- und Lernförderungsangebote
Im Fach "DaZ - Deutsch als Zweitsprache" erwerben die Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund Grundlagen der Alltags- und Bildungssprache als Voraussetzung für weitere schulische Integration. Grundlage des Unterrichts ist der Lehrplan Deutsch als Zweitsprache. Unterrichtet wird das Fach in drei Etappen. Für die erste und zweite Etappe sind Vorbereitungsklassen DaZ an Grund- und Oberschule sowie Beruflichen Schulzentren eingerichtet.
Erste Etappe
Die Schüler und Schülerinnen erlernen allgemeinsprachliche mündliche und schriftliche Sprachkompetenzen als Grundlage und Vorbereitung der schrittweisen Integration in den Regelunterricht.
Im Verlauf der ersten Etappe beobachtet und diagnostiziert der Betreuungslehrer die sprachliche Entwicklung der Schülerinnen und Schüler, um gemeinsam mit Fachlehrern, Eltern und Schülern Integrationsschritte zu vereinbaren.
Zweite Etappe
Hierbei erfolgt die schrittweise Teilnahme am Fachunterricht der Regelklasse. In enger Zusammenarbeit zwischen Betreuungslehrern, Klassenlehrern, Fachlehrern und Eltern wird für jede/-n Schüler/-in festgelegt, wie die weitere Integration bis zum endgültigen Übergang in die Regelklasse erfolgt, d.h. welche Fächer in welcher Reihenfolge besucht werden.
Das Erlernen des Deutschen als Zweitsprache wird in der Vorbereitungsgruppe fortgesetzt, ändert aber seinen Charakter. Im Mittelpunkt steht die Ausbildung mündlicher und schriftlicher Ausdruckskompetenzen mit besonderem Gewicht auf dem Ausbau bildungssprachlicher Fähigkeiten. Die Lehrkraft bereitet die Schüler in Deutsch als Zweitsprache auf die sprachlichen Anforderungen des Fachunterrichts vor.
Dritte Etappe
Die Schülerinnen und Schüler sind voll in die Regelklassen integriert. In der dritten Etappe kann Deutsch als Zweitsprache schullaufbahnbegleitend unterrichtet werden. Ziel ist die individuelle Förderung in Bildungssprache oder in Unterrichtsfächern, die für einen Schulabschluss relevant sind.
Grundlagen der allgemeinen Schulpflicht in Sachsen
Die allgemeine Schulpflicht beginnt für Kinder, die zum 30. Juni eines Jahres das sechste Lebensjahr vollendet haben werden. Als schulpflichtig gelten auch Kinder, die bis zum 30. September des laufenden Kalenderjahres das sechste Lebensjahr vollendet haben und von den Eltern in der Schule angemeldet wurden.
Die Vollzeitschulpflicht beträgt neun Schuljahre. Nach diesem Zeitraum unterliegen diejenigen Jugendlichen, die keine allgemeinbildende oder berufsbildende Schule in Vollzeitform besuchen, der Berufsschulpflicht. Diese Berufsschulpflicht umfasst in der Regel drei Jahre, wobei sie sich nach der Dauer des Ausbildungsverhältnisses in einem anerkannten Ausbildungsberuf richtet.
Wie in anderen Bundesländern auch, ist die schulische Integration eine Regelaufgabe des Bildungssystems. Zur Absicherung dieser Aufgabe existiert im Schulbereich die sächsische Konzeption zur Integration von Migranten als einheitliches und klar strukturiertes Handlungskonzept.
Rechtlicher Hintergrund
In mehreren völkerrechtlichen Verträgen, die Deutschland ratifiziert hat und welche damit geltendes Recht in Deutschland sind, wird das Recht von Kindern auf Bildung verankert. Nach Art. 28 UN-Kinderrechtskonvention hat jedes Kind ein Recht auf Bildung. Der Besuch der Grundschule ist Pflicht und weiterführende allgemein- und berufsbildende Schulen sollen für alle Kinder und Jugendliche zugänglich sein.
Nach Art.14 der Neufassung der EU-Aufnahmerichtlinie vom Juni 2013 müssen die Mitgliedstaaten minderjährigen Asylsuchenden in ähnlicher Weise wie den eigenen Staatsangehörigen den Zugang zum Bildungssystem gestatten. Bei Bedarf müssen Minderjährigen Vorbereitungskurse, einschließlich Sprachkurse, angeboten werden, um ihnen den Zugang zum und die Teilnahme am Bildungssystem zu erleichtern.
Verfassungsrechtlich lässt sich das Recht auf Bildung aus Art.1 Abs.1, Art.2 Abs.1 i.V.m. Art.3 Abs.1 Grundgesetz entnehmen.
Bildungsberatung
Um Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen einen optimalen Start in das Schulsystem zu ermöglichen, wird in Sachsen für alle Migrantinnen und Migranten bis 27 Jahre eine individuelle Bildungsberatung durchgeführt.
Dieses Beratungsgespräch dient der Information über den bisherigen Bildungsweg. Daraufhin werden die verschiedenen Bildungsmöglichkeiten aufgezeigt und bei der persönlichen Bildungsentscheidung geholfen. Im Rahmen dieser Beratung wird gegebenenfalls auch auf die Möglichkeit der Anerkennung von Schulabschlüssen hingewiesen.
Zur Bildungsberatung werden, wenn erforderlich, Sprachmittler hinzugezogen, welche in Leipzig u.a. durch das SprInt-Projekt gestellt werden.