Blank, Margarete - Leipziger Frauenporträts
Dr. Margarete Blank, um 1930 © Sächsisches Staatsarchiv Leipzig Bilder vergrößert anzeigen
Rubrik
- Medizin
- Verfolgte/ Opfer des NS
geboren/ gestorben
21. Februar 1901 (Kiew) - 8. Februar 1945 (Hinrichtung in Dresden)
Zitat
"Es gibt nur einen zuverlässigen Wegweiser im Leben: Unerschütterliche strenge Wahrheitsliebe. Es gibt nur einen Genuss: Das seelische Gleichgewicht; nur eine Freude: Die Schönheit der Natur."
(SStAL, Nachlass Margarete Blank, Nr. 21784, Akte Nr. 18)
Kurzporträt
Die Deutsch-Baltin Margarete Blank arbeitete nach ihrem Medizin-Studium und ihrer Promotion an der Universität Leipzig als anerkannte Landärztin in Panitzsch. Am 14. Juli 1944 wurde sie als "bolschewistische Spionin und Agentin" von der Gestapo verhaftet, am 15. Dezember 1944 verurteilt und am 8. Februar 1945 hingerichtet.
Herkunftsfamilie
- Vater: Nikolai Blank (Diplom-Ingenieur)
- Mutter: Regina Blank (Zahnärztin)
- Geschwister:
- Eleonore (1900-1976?)
- Herbert (1891-?)
Biografie
Am 8. Februar 2015 jährte sich zum siebzigsten Mal der Tag, an dem die Ärztin Dr. med. Margarete Blank auf dem Schafott am Münchner Platz in Dresden hingerichtet wurde. Sie war Opfer einer Denunziation durch einen Berufskollegen geworden. Das Wohnhaus, in dem die Ärztin im Ortsteil Panitzsch der heutigen Gemeinde Borsdorf bis zu ihrer Verhaftung am 14. Juli 1944 lebte, ist das einzige in Deutschland erhaltene Haus, in dem eine Ärztin lebte, die von den Nationalsozialisten ermordet wurde.
Margarete Blank kam mit ihrer Schwester Anfang der zwanziger Jahre nach Leipzig und schrieb sich am 3. Mai 1921 an der Medizinischen Fakultät der Leipziger Universität ein. Der Wunsch Ärztin zu werden, entsprang zweifellos ihrer tiefen humanistischen Überzeugung, Menschen zu helfen. Sie war nicht nur eine der wenigen Frauen, die damals überhaupt Medizin studierten, sie hatte auch das Glück, bei bekannten medizinischen Koryphäen zu studieren, wie ihrem späteren Doktorvater, Prof. Dr. Henry Ernest Sigerist (1891-1957), Direktor des Instituts für Geschichte der Medizin und Naturwissenschaften, des 1906 eröffneten, ältesten medizinhistorischen Instituts der Welt (ab 1938 nach seinem Gründer Karl-Sudhoff-Institut benannt). Ihre Studienergebnisse waren exzellent und auch ihre spätere Promotion absolvierte Margarete Blank mit "summa cum laude". Ihr großes Engagement im Studium setzte sie in Praktika und Volontärtätigkeit an verschiedenen Universitätskliniken und später als approbierte Ärztin in anderen Kliniken in Leipzig und Umland als Vertretung fort.
Das alles war ab 1929 verbunden mit dem Bau eines bescheidenen Holzhauses in Panitzsch und dem Bemühen um eine Niederlassungserlaubnis. Ihre finanziellen Mittel waren in diesen Jahren sehr gering, sie war auf Unterstützung vor allem durch den Bruder angewiesen und arbeitete oft bis zur Erschöpfung. So blieb es nicht aus, dass Margarete Blank mehrfach ernsthaft erkrankte. Auch als sie als Landärztin ab 1930 in Panitzsch tätig war und der Zustrom der Patient/-innen immer größer wurde, hielt sie Kontakte zu ihren Kolleg/-innen in Leipzig und vor allem zu Prof. Sigerist. Viele von ihnen und Freunde aus Leipzig waren oft Gast im "Pilz", wie das Haus von Margarete Blank wegen der Dachform bis heute bezeichnet wird. Ihr Doktorvater verließ wegen der sich abzeichnenden unheilvollen Entwicklung 1932 Deutschland und schlug auch Margarete vor, eine wissenschaftliche Karriere an der Johns Hopkins University in Baltimore zu beginnen. Die Arbeit mit ihren Patient/-innen ging Dr. Blank jedoch immer vor; so konnte und wollte sie den Vorschlag nicht annehmen.
Bis heute gibt es zu einer so bedeutenden Persönlichkeit der Zeitgeschichte, wie es Margarete Blank war, zahlreiche ungeklärte Fragen. Zweifelsfrei ist: Sie war eine erklärte Gegnerin des NS-Regimes, das sie als brutales, menschenverachtendes System ablehnte. Sie verweigerte den Hitlergruß und gehörte keiner Partei an, auch nicht dem NS-Ärztebund. Als Ärztin, Humanistin und Christin half sie ihren Patient/-innen, darunter auch Zwangsarbeiter/-innen und Kriegsgefangenen, über das übliche Maß hinaus mit zusätzlichen Rationen, Medikamenten und vielem mehr. Sie war unermüdlich zu jeder Tages- und Nachtzeit, besonders auch bei Bombenangriffen, unterwegs, um den Menschen Beistand und Hilfe zu leisten. Bis heute haben Dorfbewohner/-innen Erinnerungen an "das kleine Fräulein Doktor", wie Margarete Blank liebevoll von vielen bezeichnet wurde, bewahrt. Das war Widerstand in einer Zeit, in der viele Angst hatten oder gar zu Denunziant/-innen wurden.
Widerstand gegen das NS-Regime war allerdings nicht zwangsläufig mit der Mitgliedschaft in einer Widerstandsgruppe verbunden. Die zeitliche Nähe zur Verurteilung und Hinrichtung der Leipziger Widerstandskämpfer um den Politiker Georg Schumann (1886-1945) hatte unter anderem in der DDR dazu geführt, Margarete Blank als Mitglied dieser Gruppe zu sehen. Neuere Forschungen belegen aber, dass es so festgefügte Widerstandsgruppen - vor allem auch aus Gründen einer hohen Stufe der Konspiration - offensichtlich nicht gegeben hat. Belegt ist aber, dass die Ärztin Verbindungen zu intellektuellen Kreisen des Leipziger Widerstandes um den Maler und Grafiker Alfred Frank (1884-1945) hatte und Bilder in ihrem Haus in Panitzsch versteckte. Um einen Kern von Intellektuellen wie dem Historiker Dr. Georg Sacke (1902-1945), der ebenfalls deutsch-baltische Wurzeln hatte, dem schon erwähnten Alfred Frank und dem Juristen Wolfgang Heinze (1911-1945) formierten sich kleinere Gruppen, deren Mitglieder sich untereinander kaum oder gar nicht kannten. So bestanden in Leipzig die Gruppen der ehemaligen Volkshochschüler, die Gruppe der Intellektuellen und die Beziehungen nach Panitzsch - zu Margarete Blank.
Wir heute Lebenden werden uns damit abfinden müssen, nicht mehr alle Kontakte offen legen zu können. Aber das, was die Ärztin Dr. Margarete Blank geleistet hat, ist für uns ein wertvolles Erbe und eine bleibende Verpflichtung. Sie folgte ihrem Gewissen und blieb aufrecht bis in den Tod. Damit setzte sie ein Zeichen der Hoffnung und Maßstäbe bis heute für ein friedliches Miteinander in einer von Kriegen und Konflikten geprägten Welt.
Werke
- "Eine Krankengeschichte Hermann Boerhaave's und ihre Stellung in der Geschichte der Klinik". Dissertation. Die Arbeit erschien 1934 in der Fachzeitschrift "Sudhoffs Archiv für Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften" im Sonderdruck im Band 27, Heft 1 und 2.
Adressen in Leipzig
- 1921: Kronprinzenstraße 85 (heute Kurt-Eisner- Straße), Untermiete bei Frau Naumann. Das Haus wurde im 2. Weltkrieg zerstört.
- Beuchaer Straße 12, 2. Etage, zur Untermiete bei Franke
- bis 1928: Sophienstraße 34 (heute Shakespearestraße) zur Untermiete
Erinnerung/ Gedenken/ Würdigung in Leipzig
- Den Namen der Ärztin tragen eine Straße in Engelsdorf bei Leipzig, ein Seniorenheim in Leipzig-Thekla, der Beratungsraum in der Sächsischen Landesärztekammer in Dresden (seit 2013) und der Förderverein, der die Gedenkstätte für Zwangsarbeit in Leipzig und die Gedenk- und Begegnungsstätte in Panitzsch betreut.
- Das Todesurteil gegen Margarete Blank wurde wie die meisten Urteile der NS-Zeit 1998 aufgehoben.
2010 erfolgte auf Antrag des Fördervereins "Dr. Margarete Blank e. V" die Wiederzuerkennung der Approbation und des Titels durch die Sächsische Staatsregierung. - Das sanierte ehemalige Wohnhaus der Ärztin in Panitzsch wird mit einem neugestalteten Gedenk- und Begegnungsraum eröffnet werden.
- In der Gemeinde Borsdorf erinnern Gedenksteine vor dem Heimatmuseum und in Panitzsch die Grundschule mit einem Förderverein sowie eine Straße zur Gedenkstätte an Margarete Blank. Die Grabstätte von Dr. Margarete Blank befindet sich auf dem Leipziger Südfriedhof im Ehrenhain.
- Dr. Margarete-Blank-Preis der Stadt Leipzig: von 1975 bis 1990 durch die Stadt Leipzig an verdienstvolle Ärzte der Krankenhäuser und Polikliniken verliehen. Die Gründe für die Einstellung dieser Ehrung sind nicht bekannt; Nachfragen dazu blieben unbeantwortet.
- Dr. Margarete-Blank-Preis des Karl-Sudhoff-Instituts: Die Universität Leipzig hat 1988 zu Ehren der Ärztin den Preis des Karl-Sudhoff-Instituts für Dissertationen auf dem Gebiet der Geschichte der Medizin an zwei Absolventen und 2001 den Preis nach einer neuen Vergabeordnung als Dr.-Margarete-Blank-Preis des Karl-Sudhoff-Instituts einmal verliehen. Die Prämie stammt aus finanziellen Zuwendungen des Schwagers von Dr. Blank, Prof. Dr. Siegfried Behrsing (1903-1994?), und der Preis sollte aller zwei Jahre verliehen werden.
- Publikationspreis zur Erinnerung an Dr. Margarete Blank: 2012 wurde vom damaligen Dekan der Medizinischen Fakultät, Prof. Dr. Joachim Thiery, ein Publikationspreis zur Erinnerung an Dr. Margarete Blank für wissenschaftliche Nachwuchsleistungen auf dem Gebiet der Geschichte der Medizin an eine Nachwuchswissenschaftlerin verliehen.
- Wanderausstellung "Margarete Blank" des Fördervereins: Januar 2015 im Stadtarchiv Leipzig; Januar 2017 im Neuen Rathaus Leipzig
Zum Weiterlesen/ Literatur/ Quellen
- Gertrud Bobek, Dr. Margarete Blank, ein Lebensbild. Schriftenreihe des Bundes der Antifaschisten e. V., Leipzig 1995.
- Andrea Lorz, Ein Leben für die Wahrheit: Margarete Blank, Passage-Verlag Leipzig 2008.
- Birgit Sack, Dr. Margarete Blank (1901-1945). Denunziation und Justizmord, Münchner Platz Dresden, Gustav-Kiepenheuer Verlag 2001.
- http://www.gedenkstaettenforum.de/.../
- Volker Hölzer, Georg und Rosemarie Sacke. Zwei Leipziger Intellektuelle und Antifaschisten. Leipzig 2004.
- Charlotte Zeitschel, Das kleine Fräulein Doktor. In: Friederun Bodeit (Herausgeber), Ich muss mich ganz hingeben können. Frauen in Leipzig. Verlag für die Frau, Leipzig 1990.
Autorin: Dr. phil. Petra Lau, 2014, überarbeitet 2017