Busch, Amalie Auguste Friederike (geborene Berndt) - Leipziger Frauenporträts
Porträt von Amalie Auguste Friederike Busch © Illustrirte Zeitung, Stadtgeschichtliches Museum Leipzig Bilder vergrößert anzeigen
Rubrik
- Bildung/ Pädagogik
geboren/ gestorben
1. Oktober 1829 (Eilenburg) - 19. Juni 1907 (Leipzig)
Zitat
"[...] wir können nur dann tüchtige Arbeiterinnen für die weibliche Industrie und für die Familie erhalten, wenn auch den Mädchen ein längerer Zeitraum zur Ausbildung gestattet wird." (1876)
Kurzporträt
Auguste Busch schuf Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts in Leipzig einen hauswirtschaftlich ausgerichteten Berufsschulkomplex für Mädchen und Frauen mit angeschlossenem Lehrerinnenseminar, der für ganz Sachsen bahnbrechend war.
Herkunftsfamilie
- Vater: Johann Gottlob Berndt, Horndrehmeister
- Mutter: Henriette Karoline, verwitwet Medicke, geborene Flechtner
Biografie
Der Leipziger Schulrat Professor Müller würdigte 1907 Auguste Busch sehr treffend: Sie hatte "ein offenes Auge und einen scharfen Blick für die Bedürfnisse und Bestrebungen der Gegenwart, namentlich für die Nöte und Gebrechen der Großstadt" und sah es als "ihre Aufgabe an, zur sozialen Hebung der Mädchen und Frauen aus weniger begüterten Kreisen beizutragen". Leider ist aus der Kinder- und Jugendzeit der am 1. Oktober 1829 in Eilenburg geborenen Tochter des Horndrehmeisters Johann Gottlob Berndt wenig überliefert. Bekannt ist sie seit 1850 als Geschäftsinhaberin für Putz-, Wäsche- und Modewaren, die mit dem Kaufmann Johann Heinrich August Busch (geboren 1818 in Oberbösa, Kreis Weißensee/ Thüringen) verheiratet war.
Auguste Busch erkannte als Unternehmerin die Notwendigkeit, in Leipzig eine Fachausbildung für Handarbeiten zu etablieren, in der junge Mädchen durch eine praktisch tätige Oberin und mehrere Fachlehrerinnen angeleitet werden sollten. Sie erarbeitete dafür eine Schulkonzeption und erteilte neben ihrer Geschäftstätigkeit testweise Handarbeitsunterricht für Mädchen "höherer Stände" im Wäschezuschneiden, Anfertigen von Damenkonfektion und Putz (Accessoires). Ihre methodische Vorgehensweise hatte sie durch Konsultationen und Studien in der "Mode-Academie" Dresden, im Lette-Verein Berlin, in Kassel bei der bedeutendsten Vorkämpferin für die Neugestaltung des Handarbeitsunterrichtes, Julie Legorju, und in Zusammenarbeit mit dem Direktor der Leipziger städtischen höheren Mädchenschule, Professor Röldeke, entwickelt.
Im März 1875 stellte sie offiziell den Antrag an das Leipziger Schulamt. Die Trägerschaft der geplanten Schule sollte durch die Stadt oder einen Verein erfolgen. Letztendlich ergriff Auguste Busch die Privatinitiative und übernahm das wirtschaftliche Risiko allein mit ihrem Mann.
Als sie 1907 starb, hinterließ sie die "Höhere Fach- und weibliche Gewerbeschule. Seminar für Handarbeits- und Haushaltungs-Lehrerinnen. Tageshaushaltungsschule verbunden mit Internat. Abend-, Näh- und Haushaltungsschule für Lohnarbeiterinnen. Wander-Kochkurse für Land- und kleine Fabrikorte des Leipziger Kreises". Dieser "Berufsschulkomplex" nahm am 1. Oktober 1875 seinen Anfang mit 47 Schülerinnen in ihrer Privatwohnung, An der Pleiße 7, als Fachschule für weibliche Handarbeiten. Zunächst förderte sie die Erwerbsfähigkeit der Töchter "höherer Stände", damit diese später als Fachlehrerinnen, Directricen, Schneiderinnen, Kammerfrauen arbeiten konnten.
Nach dem - auch finanziell - erfolgreichen "Versuchsstadium" baute Auguste Busch ihre Fachschule systematisch aus. Sie begann am 1. Februar 1876 mit drei Studentinnen ein Seminar für Handarbeitslehrerinnen für Volks- und Gewerbeschulen - das erste in Sachsen und protegiert von der sächsischen Königin Carola. Danach errichtete sie am 15. April 1877 eine Gewerbeschule für arme konfirmierte Mädchen. Für das Aufsichtsgremium ihrer Einrichtungen gewann Auguste Busch prominente Leipzigerinnen, unter anderem Lotte Windscheid.
Infolge des Zulaufs kauften Auguste Busch und ihr Mann 1878 das Grundstück Kleine Burggasse 6 und finanzierten privat den Bau eines neuen Schulgebäudes für 218.000 Mark. Nach Umzug in den Neubau am 19. Mai 1879 erfolgte eine weitere quantitative und qualitative Profilierung, unter anderem durch die Schaffung einer Abend-Nähschule für unbemittelte Frauen und Mädchen (1884), einer Abendkochschule für Lohnarbeiterinnen (1891) mit Internat (1894), eines Seminars für Haushaltungslehrerinnen (1901) und der Einführung von Wanderkochkursen mit Anleitung zum Plätten (1903). Schulverwaltungsbeamte aus deutschen Großstädten, Delegationen aus Ungarn, Schottland, England, Österreich, USA, Russland und Japan hospitierten in ihrer Schule. Auguste Busch schuf ebenfalls auf Bitten der Königin Carola die Obererzgebirgische Frauenschule in Schwarzenberg (1884) - später Meinersdorf - mit Haushaltungsschule sowie Internat (1890) und übernahm selbst die Oberleitung.
1893 wurden die Leipziger Buschschen Gewerbeschulinstitutionen juristisch in die Trägerschaft des dafür gegründeten "Carola-Vereins" überführt, wobei Auguste Busch sich nun "Oberin" nannte. Um eine langfristige Zukunftssicherung der "Carola-Schule" zu gewährleisten, verfasste das kinderlose Ehepaar Busch 1898 ein Testament, das die Stadt Leipzig zur Alleinerbin machte.
Zu Lebzeiten Auguste Buschs nahm ihre Schule keine öffentlichen Zuschüsse in Anspruch - mit Ausnahme von Beihilfen für bedürftige Schülerinnen. Für diese hatte sie Freistellen geschaffen, die unter anderem durch das sächsische Innenministerium, das sächsische Königshaus, den Rat der Stadt Leipzig, das Waisenamt und durch sie selbst finanziert wurden. Hinzu kamen über die Jahre beständig akquirierte Zuwendungen von Privatpersonen, wie zum Beispiel ein Konzertflügel von Geheimrat Blüthner, jährlich neue Nähmaschinen von Frau Geheimrat Zweiniger und Vermächtnisse/ testamentarische Bestimmungen wie zum Beispiel 3.000 Mark aus dem Nachlass von Johanna Brandstetter. Auch Stiftungen wie die Wettin-Stiftung (ab 1889), die Königin-Carola-Stiftung (ab 1898) und die "Stiftung ehemaliger Schülerinnen" (ab 1900) zahlten Schulgeld, zwischen 150 bis 300 Mark jährlich pro Schülerin. Bis einschließlich 1907 wurden so 767 ganze und 373 halbe Freistellen ermöglicht und damit über 3.000 Mädchen und Frauen aus den Arbeiterkreisen ausgebildet.
Ihr enormes Engagement für sozial schwache Schülerinnen fand Wertschätzung in allen Gesellschaftskreisen: Auguste Busch erhielt 1899 zu ihrem 70. Geburtstag ein Gemäldeporträt der Königin Carola mit Widmung, 1900 die Carola-Medaille in Silber und am 20. April 1902 den Sidonieorden durch den sächsischen König Albert.
Im Juni 1904 nahm Auguste Busch beim Internationalen Frauenkongress in Berlin an den Beratungen zur hauswirtschaftlichen Bildung teil, im September 1904 an der Versammlung sächsischer Lehrerinnen in Leipzig. Sie blieb bis ins hohe Alter aktiv, hielt jedoch zur politisch orientierten Frauenbewegung Distanz.
Nach schwerem Herzleiden starb sie am 19. Juni 1907, ihr Mann kurz darauf am 22. Oktober. Ihr Lebenswerk wurde ab 27. November 1908 als "Städtische Carola-Schule Leipzig" fortgeführt. Das Ehepaar Busch fand seine letzte Ruhestätte in der VII. Abteilung des Neuen Johannisfriedhofes in Leipzig.
Adressen in Leipzig
- 1863-1879: An der Pleiße 7 (später Thomasring, heute Martin-Luther-Ring)
- 1879-1907: Wohnung in der Carola-Schule (durch Umnummerierungen und Umbenennungen verschiedene Bezeichnungen: Kleine Burggasse 6 bis 1884; Kleine Burggasse 2 bis 1900; danach Beethovenstraße 15; heute unbebaut: Parkplatz Harkortstraße/ Ecke Straße des 17. Juni)
Zum Weiterlesen/ Literatur/ Quellen
- Carola-Verein, in: Adressbuch für die Frauen Leipzigs, Leipzig 1900, Seite 67.
- Frau Auguste Buschs Beerdigung, in: Leipziger Tageblatt von 23.06.1907, Nummer 172.
- Auguste Busch, in: Illustrirte Zeitung, Leipzig, 129. Band, Nummer 3340 von 04.07.1907, Seite 20.
- Legorju, Julie: Der Handarbeits-Unterricht als Classen-Unterricht. Ein gründlicher Leitfaden zur Ertheilung des Handarbeits-Unterrichts in Schulen, Cassel 1875. Stadtarchiv Leipzig, Capitulum IX, Nummer 35 ; Kapitel 15, Nummer 23; Capitulum 24, Nummer 101; Kapitel 35, Nummer 124; Schulamt 2194-2208, 2219, 2220, 2223, 2224 und 2232.
Autor: Dr. Manfred Leyh, 2016