Decho, Ilse (geborene Schmidt) - Leipziger Frauenporträts
Ilse Decho, in den 1960 er Jahren © Erich Müller Bilder vergrößert anzeigen
Rubrik
- Kunst
- Bildung/ Pädagogik
geboren/ gestorben
9. Dezember 1915 (Leipzig) - 16. Januar 1978 (Leipzig)
Zitat
"Material und Herstellungsmethoden können in ihrem Zusammenwirken auf das Wesentlichste nicht verzichten: das Finden der Form."
(Zitiert von Thomas Oelzner in factum 4-6 1978, VBK-DDR Leipzig)
Kurzporträt
Ilse Decho erarbeitete sich seit den 1950er-Jahren den Ruf, zu den bedeutendsten Glas- und Porzellangestalter/-innen zu gehören. 1974 erhielt sie eine Professur an der Hochschule für Industrielle Formgestaltung Burg Giebichenstein, Halle.
Herkunftsfamilie
- Vater: Franz Xaver Wolf, Entwurfszeichner
- Mutter: Helene, geborene Schmidt, Hausfrau
Biografie
An der Abendschule der Staatlichen Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe Leipzig (jetzt: Hochschule für Grafik und Buchkunst) erhielt Ilse Decho die Grundlagen für ihre künstlerische Arbeit. Ein Studium konnte sie, bedingt durch den Krieg, erst 1947 bis 1950 an der Kunstgewerbeschule Leipzig in der Fachrichtung Glasveredelung bei Lieselotte Oehring-Hoehne absolvieren.
Sehr bald arbeitete sie für Glas- und Porzellanwerke in Thüringen und Sachsen mit dem Ziel, sich die klassischen Techniken anzueignen und mit zeitgemäßer Gestaltung zu verbinden. Dabei war sie sowohl für die industrielle Fertigung als auch im Bereich des unikaten Schaffens vor der Lampe tätig. In einem Lebenslauf beschrieb Ilse Decho ihr Credo: So "[...] bemühte ich mich vorwiegend um die Verbesserung der gestalterischen Qualität von Erzeugnissen der Thüringer Glasbläsereien. Es entstanden erstmals farbintensive, vor der Flamme geblasene Gläser sowie die verschiedensten Arten von Ornamentierung und Strukturierung." (Nachlass in der Bibliothek des GRASSI Museums für Angewandte Kunst). Angela Grzesiak bezeugte: "Ihre Art lampengeblasenes Glas gebrauchsfähig zu machen, wie auch die Verwendung von Farben war damals neu." (Leipziger Volkszeitung vom 06.09.1985)
Viele Entwürfe von Ilse Decho wurden im Sinne des Bauhauses zur Grundlage industrieller Fertigung. Für den VEB Glaswerk Schott & Gen. Jena entwickelte sie das von dem Bauhäusler Wilhelm Wagenfeld kreierte feuerfeste Glasgeschirr weiter. Begehrt war das gläserne Teeservice. Formschön und praktisch konnten die stapelbaren und mehrseitig verwendbaren Koch-, Back- und Bratgefäße zeitsparend "vom Herd zum Tisch" gestellt werden. Dem folgte später das feuerfeste weiße Porzellan. Legendär wurde das vielteilige Kaffee- und Speiseservice "Daphne" mit geriffelter Basis, hergestellt im VEB Porzellanwerk "Graf von Henneberg" Ilmenau. Damit wirkte sie an einem "neuen Leitbild für das Hauswirtschaftsglas" (H. Kittel). Die industriellen Produkte nach ihren Entwürfen waren ebenso beliebt und begehrt, wie die lampengeblasenen Gläser als Einzelstücke in vielfältigen Farben und Gestaltungen.
Ihr innovatives Schaffen brachte Ilse Decho bereits 1954 die Mitgliedschaft in der Gutachterkommission Glas/Keramik des Deutschen Amtes für Messwesen und Warenprüfung (DAMW) ein, dem sie bis 1971 angehörte. Für eine Kollektion Farbgläser und in Relieftechnik erhielt sie 1956 eine Goldmedaille auf der Kunsthandwerksmesse München. Dem folgten Auszeichnungen in Mailand, Leipzig, Berlin, Faenza, Ljublana und Moskau sowie die Kunstpreise der Stadt Leipzig (1965) und der DDR (1966). Es wurde bewundert, wie sie unermüdlich und gegen jede Widerstände ihre Erfahrungen und Erkenntnisse in der Praxis durchzusetzen und "Gutes Design" in Hinblick auf die ästhetische Bewältigung der Maschinenherstellung zu etablieren verstand. Entschieden prägte sie das Formbewusstsein der 60/70er Jahre, zumal ihre Kreationen strenger und hoch sensibler Exponate auf allen einschlägigen Kunstausstellungen in Leipzig, Erfurt, Weimar, Dresden, Halle und im Ausland präsent waren, immer auch auf der Grassimesse des Leipziger Museums für Kunsthandwerk. Umfangreiche Einblicke in die Vielseitigkeit und das Einzigartige dieses Werkes dokumentierten Personalausstellungen im Leipziger GRASSI-Museum (1961, 1985) und im Angermuseum Erfurt (1961).
Seit 1966 gab Ilse Decho ihr Wissen und ihre Erfahrungen als Dozentin der Hochschule für Industrielle Formgestaltung Burg Giebichenstein in Halle an ihre Studenten weiter und erhielt dort 1974 eine Professur. Studenten lobten, dass sie niemandem ihre Formauffassungen aufdrängte, sondern sie "leitete behutsam, ohne die persönliche Ausdrucksweise des Einzelnen einzuengen". (Karin Grigat-Nenz, Suhl 1984 im Gedächtniskatalog).
Werke
- Service "Daphne"
- Kelchglässer "Julia"
- Service "Julia"
- Service "Atlas"
Erinnerung/ Gedenken/ Würdigung in Leipzig
- Viele Werke von Ilse Decho und einen Teil ihres Nachlasses bewahrt das GRASSI Museum für Angewandte Kunst Leipzig auf.
- Ilse-Decho-Weg (seit 2000, 04319 Leipzig)
Zum Weiterlesen/ Literatur/ Quellen
- 5. Kunstausstellung in Leipzig 1959. Katalog (Abbildung).
- 6. Kunstausstellung in Leipzig 1961. Katalog (Abbildung).
- 7. Kunstausstellung in Leipzig 1965. Katalog (Abbildung).
- 8. Kunstausstellung in Leipzig 1967. Katalog (Abbildung).
- IV. Deutsche Kunstausstellung, Dresden. Katalog 1958 (Abbildung).
- V. Deutsche Kunstausstellung, Dresden. Katalog 1963 (Abbildung).
- VI. Deutsche Kunstausstellung, Dresden. Katalog 1967 (Abbildung).
- VII. Kunstausstellung der DDR, Dresden. Katalog 1973 (Abbildung).
- VIII. Kunstausstellung der DDR, Dresden. Katalog 1977/1978 (Abbildung).
- Walter Funkat, Kunsthandwerk in der DDR. Berlin 1970.
- Ilse Decho - Glas und Porzellan. Zum Gedächtnis. Museum des Kunsthandwerks Leipzig und Hochschule für industrielle Formgestaltung Burg Giebichenstein Halle mit Beiträgen von Angela Grzesiak, Renate Luckner-Bien und andere (ohne Jahresangabe).
- Angela Grzesiak, Ilse Decho. In: Glas und Porzellan. Museum des Kunsthandwerk Leipzig 1985.
- Ute Camphausen, Die Leipziger Kunstgewerbeschule. Passage-Verlag Leipzig 1996.
- Hubert Kittel, Ilse Dechos Glasentwürfe für Jena - ein neues Leitbild für das Hauswirtschaftsglas ab 1960. In: Schott und die Burg. Die Burg Giebichensteiner Entwürfe für Jenaer Glas 1925-2005. Verlag und Datenbank für Geisteswissenschaften. Weimar 2006. www.vdg-weimar.de
Autorin: Rita Jorek, 2014