Duncker, Paula Kathinka (Käte) (geborene Doell) - Leipziger Frauenporträts
Käte Duncker um 1905 © Stadtgeschichtliches Museum Leipzig Bilder vergrößert anzeigen
Rubrik
- Politik
- Bildung/ Pädagogik
- Frauenbewegung
geboren/ gestorben
23. Mai 1871 (Lörrach) - 2. Mai 1953 (Bernau)
Zitat
"Kopf hoch, altes Haus! [...] schaff Dir irgendeine Beschäftigung. Schließlich müssen wir eben alle jetzt um neuen Lebensinhalt kämpfen. Nur wer sich selbst verloren gibt, ist verloren."
(Käte Duncker in einem Brief an ihren emigrierten Mann vom 15. Mai 1935, zitiert nach Kirsch, Käte Duncker, Seite 169)
Kurzporträt
Die Sozialistin und Pädagogin Käte Duncker setzte sich für bessere Bildungschancen und Lebensbedingungen vor allem der sozial benachteiligten proletarischen Kinder, Jugendlichen und Frauen ein. Sie war neben Clara Zetkin eine der Mitinitiatorinnen des Internationalen Frauentags, aktive Kriegsgegnerin, Mitglied der Spartakusgruppe, KPD-Gründungsmitglied und saß für die Fraktion ihrer Partei von 1921 bis 1923 im Thüringer Landtag.
Herkunftsfamilie
- Vater: (Vorname unbekannt) Doell, Kaufmann (1845-1876)
- Mutter: Paula Doell (Lebensdaten nicht bekannt, gestorben nach 1919), Pensionsinhaberin
Biografie
Käte Duncker wurde als Paula Kathinka Doell am 23. Mai 1871 in Lörrach (Baden) geboren. Früh verwitwet zog die Mutter ins thüringische Friedrichroda und eröffnete in der touristisch aufblühenden Stadt erfolgreich eine Pension, in der Kathinka mithalf. Ein strenger Vormund überwachte ihre Erziehung und verfügte nach dem Besuch der höheren Töchterschule die Absolvierung einer Haushaltsschule, was auch Mutter Paula als zweckdienlich erachtete. Doch Kathinka weigerte sich heftig und setzte 1888 den Besuch des Eisenacher Lehrerinnenseminars durch. Anschließend wurde sie Volksschullehrerin in Friedrichroda.
Die nunmehr "große" Käte bewies nicht nur viel pädagogisches Geschick, sondern auch lebhaftes Interesse für das soziale Milieu ihrer Schützlinge, von denen sich nicht wenige "nebenher" als kleine Lohnarbeiter verdingen mussten.
1893 zog Käte Doell nach Leipzig und unterrichtete am von Steyberschen Institut. Tief beeindruckt zeigte sie sich von Clara Zetkin (1857-1933), Sozialistin, Frauenrechtlerin und Institutsabsolventin, die sie am 19. November 1893 bei einem Vortrag persönlich erlebte. Fortan engagierte sie sich aktiv für die Verbesserung der Lebensbedingungen der Arbeiterschaft und hier besonders für die der Frauen und Kinder. 1894 lernte sie ihren späteren Mann, den Sozialdemokraten und Studenten der Nationalökonomie, Hermann Duncker (1874-1960), kennen. Das gemeinsame politische Anliegen wurde zu einem wichtigen Bindeglied ihrer Liebesbeziehung. Käte gestaltete Abendkurse des Leipziger Arbeiterbildungsvereins und referierte als Mitglied der Gesellschaft für ethische Kultur.
Ihre sozialistische Gesinnung kostete sie ihre Anstellung. Nur mit Mühe erhielt sie einen Jahresvertrag an der höheren Mädchenschule in Hamburg. Neben ihrer Lehrtätigkeit unterstützte sie aktiv den Hafenarbeiterstreik von 1896/97 und betonte angesichts des Elends, welches sich ihr jenseits der "besseren Gesellschaft" auftat, nachdrücklich: "Man kann sagen, was man will, auf den Frauen lastet doch das soziale Elend mit doppelter Wucht."
Zurück in Leipzig heirateten die Dunckers 1898 und bekamen die Kinder Hedwig (1899-1996), Karl (1903-1940) und Wolfgang (1911-1942). Für Käte bedeutete die Familiengründung das Ende ihrer Lehrerinnenlaufbahn. Sie besuchte Vorlesungen der Leipziger Universität, nahm ihre Arbeiter- und Frauenbildungskurse wieder auf und galt der hiesigen Polizei als "[...] geistig hervorragendste Agitatorin der hiesigen sozialdem. Frauenbewegung [...]" (Polizeibericht 1902). Daneben arbeitete Käte Duncker publizistisch, wirkte in zahlreichen Gremien und auf internationalen Kongressen für den linken Flügel der SPD und war zwei Jahre lang Redakteurin der Frauenzeitung "Die Gleichheit" in Stuttgart
Gemeinsam mit ihrem Mann und in Konfrontation zum SPD-Parteivorstand positionierte sich Käte Duncker als entschiedene Kriegsgegnerin, beteiligte sich an der illegalen Frauenkonferenz gegen den Krieg 1915 in Bern und trat an der Seite von Rosa Luxemburg der Spartakusgruppe bei. Nach Verhaftung der Führungsspitze übernahm sie deren umfangreiche organisatorische Arbeit. Im Dezember 1918 wurde sie Gründungsmitglied der KPD und musste 1919 die Ermordung vieler ihrer einstigen Kampfgefährten/-innen miterleben. Sie entzog sich einem drohenden gleichen Schicksal durch Flucht ins dänische Exil.
Von 1921 bis 1923 wurde Käte Duncker als KPD-Abgeordnete in den Thüringer Landtag gewählt. Die Milderung des Elends der Arbeiterkinder war ihr Hauptanliegen. Vehement setzte sie sich unter anderem für die Einführung einer Schulspeisung, für die Einrichtung von Kinderheilanstalten und eines gut funktionierenden Gesundheitsdienstes, für Lieferung von Kleidung an die bedürftigsten Kinder und gegen deren Benachteiligung im Bildungswesen sowie für die Reformierung der Volksschulen ein.
Unstimmigkeiten mit Führung und Führungspraktiken der KPD und ein sich verschlechternder Gesundheitszustand begrenzte Kätes politisches Wirken in der Folgezeit. 1924 bereisten die Dunckers tief beeindruckt die Sowjetunion. 1933 wurde Hermann von den Nationalsozialisten inhaftiert. Käte versuchte mit Geschick, ihren Mann freizubekommen und unterstützte seine Emigration. Sie selbst ging zunächst nach Friedrichroda zurück, wo sie die mütterliche Pension weiterbetrieb. Einigen von den Nationalsozialisten gefährdeten Menschen konnte sie Arbeitsmöglichkeiten in England vermitteln, so der jüdischen Kinderbuchautorin Auguste Lazar (1887-1970). 1939 folgte Käte ihrem Sohn Karl, Mitbegründer der Gestalttherapie, in die USA. 1940 nahm sich dieser das Leben und die betagte Frau schlug sich als Sprachlehrerin und Haushaltshilfe durch. Sorgen quälten sie ob der Lebensumstände des Sohnes Wolfgang, bekannt als Filmkritiker Mersus. In der Sowjetunion Schutz suchend, landete er stattdessen im Gulag. Vergeblich ersuchte Käte um Hafterleichterungen. Erst 1948 erfuhr sie, dass Wolfgang bereits 1942 den Lagerstrapazen erlag.
Wenigstens ihre unentwegten Bemühungen, ihren Mann zu retten, waren erfolgreich. 1947 kehrten die Dunckers nach Berlin zurück. Trotz Alter und Krankheit verfolgte Käte Duncker aufmerksam und kritisch die gesellschaftlichen Umbrüche. Sie starb am 2. Mai 1953 und wurde in Friedrichroda beigesetzt. Ein ihr gewidmetes Denkmal im dortigen Kurpark wurde 2009 entfernt.
Werke
- Duncker, Käte: Ueber die Betheiligung des weiblichen Geschlechts an der Erwerbsthätigkeit, 1899.
- Duncker, Käte: Die Kinderarmut und ihre Bekämpfung, Stuttgart 1906.
- Duncker, Käte: Socialistische Erziehung im Hause, Berlin 1914.
- Duncker, Käte: Die Frau in der Sowjetunion, 1927.
- Zahlreiche Beiträge und andere in der "Gleichheit", "Der Weg der Frau", "Sächsische Arbeiterzeitung".
- Mitbegründerin der Zeitschrift "Die Internationale" 1915.
- Mitinitiatorin des Internationalen Frauentags auf der II. Internationalen sozialistischen Frauenkonferenz in Dänemark 1910.
Adressen in Leipzig
- 1895-1896: Nordstraße 23, 3. Etage
- 1898-1905: Wilhelmstraße 2 (heute Prellerstraße)
Erinnerung/ Gedenken/ Würdigung in Leipzig
- In Leipzig gibt es derzeit keine öffentliche Ehrung für Käte Duncker. Eine Straße wurde nach ihrem Mann benannt. Es soll aber darauf verwiesen werden, dass seit 2013 der Sitzungssaal der Fraktion DIE LINKE im Thüringer Landtag ihren Namen trägt.
Zum Weiterlesen/ Literatur/ Quellen
- Heinz Deutschland (Herausgeber): Käte und Hermann Duncker: Ein Tagebuch in Briefen (1894-1953), Berlin 2015.
- Heinz Deutschland (Herausgeber): "Ich kann nicht durch Morden mein Leben erhalten". Briefwechsel zwischen Käte und Hermann Duncker 1915 bis 1917, Bonn 2005.
- Ruth Kirsch: Käte Duncker. Aus ihrem Leben, Berlin 1982.
- Siegel, Heinz: Käte Duncker. Eine biographische Skizze, Bernau 1979.
- http://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/ (Stand: 26.06.2015)
- http://www.fes.de/ (Stand: 26.06.2015)
- http://www.drfg-th.de (Stand: 22.07.2015; Erschütterndes Gedicht von Wolfgang Duncker, "Ich kam in Euer Land gereist", welches mit den Worten beginnt: "Das hätte meine Mutter nie gedacht, das ward an meiner Wiege nie gesungen...")
Autorin: Kerstin Kollecker, 2015