Frege, Livia Virginia (geborene Gerhardt) - Leipziger Frauenporträts
Livia Frege © Stadtgeschichtliches Museum Leipzig Bilder vergrößert anzeigen
Rubrik
- Musik
- Salonkultur
geboren/ gestorben
13. Juni 1818 (Gera) - 22. August 1891 (Leipzig)
Zitat
"Ich wollt Du könntest unsere hiesige Hauptdilettantin hören, die Lieder so wunderschön singt, dass ich schon deswegen gar nicht nach Berlin gehen sollte [...]"
(Mendelssohn am 16. Juni 1836 in einem Brief an Carl Klingemann)
Kurzporträt
Die Sopranistin Livia Gerhardt war Konzert- und Liedsängerin am Leipziger Stadttheater und galt als "Königin des Leipziger romantischen Liedgesanges". Nach ihrer Heirat wurde sie zur zentralen Gestalt der Leipziger bürgerlichen musikalischen Geselligkeit und Förderin. Mendelssohn widmete ihr "Sechs Lieder" op. 57, Heinrich Marschner sein Lied "Der Gefangene" op. 141 und die englische Komponistin Ethel Smyth "Lieder und Balladen" op. 3.
Herkunftsfamilie
- Vater: Johann Christian Gerhardt, Kauf- und Handelsmann in Gera
- Mutter: Anne Christiane Friedrike, geborene Bartholomäi
Biografie
Virginia Livia Gerhardt kam aus Gera nach Leipzig und wirkte nach ihrer Ausbildung bei Christian August Pohlenz und Wilhelmine Schröder-Devrient in Dresden drei Jahre lang am Leipziger Stadttheater, später am Königsstädtischen Theater Berlin. Im Jahr 1836 heiratete sie 18-jährig den Leipziger Juristen und Rittergutsbesitzer Professor Dr. Woldemar Frege, einen Abkömmling der bekannten und wohlhabenden Kaufmanns-und Bankiersfamilie, und kam nach Leipzig zurück. Das Paar hatte zwei Söhne. Nach der Heirat "entsagte" sie der Bühne, trat aber gelegentlich noch im Gewandhaus als Sängerin auf. So sang sie zum Beispiel 1843 die Peri bei der Uraufführung von Robert Schumanns "Das Paradies und die Peri" (op. 50), feierte Erfolge als Solistin in der Wiederaufführung der Bach'schen Matthäuspassion in der Thomaskirche 1841 unter Mendelssohns Leitung und in dessen "Elias"-Erstaufführung in Leipzig 1848. Im gleichen Jahr wirkte sie in einem Extrakonzert für die Notleidenden in den sächsischen Fabrikbezirken mit und 1851 in einem von ihr veranstalteten Benefizkonzert für die Hinterbliebenen von Albert Lortzing, der in Berlin hochverschuldet gestorben war.
Schon die 14-Jährige hatte eine überaus kräftige Sopranstimme und ihr Debüt im Jahre 1832 hatte Robert Schumann in der Zeitschrift Komet unter dem Titel "Reminiszenzen aus Clara Wiecks letzten Konzerten in Leipzig" über die Maßen gelobt. Bald wurde sie von Mendelssohn als ideale Interpretin seiner Lieder entdeckt; er nannte sie liebevoll-spöttisch "Leipzigs Hauptdilettantin, Nachtigall und Lerche". Zwischen ihm und Livia Frege entwickelte sich eine fruchtbare Freundschaft und enge Vertrautheit; er schätzte ihr sachverständiges und kritisches Urteil sehr und trug ihr einige seiner Kompositionen vorab auf dem Klavier vor. Die Fregesche Wohnung in der Bahnhofstraße, ebenso ihr Landsitz in Abtnaundorf waren Orte der bürgerlichen musikalischen Geselligkeit. Regelmäßig versammelte sich ein Chor von über 50 Mitgliedern zum Singen mit und bei Livia Frege. Verpönt war allerdings die sogenannte Neudeutsche Schule, die zum Beispiel Richard Wagner und Franz Liszt verkörperten. Hans von Bülow, ein Cousin Woldemar von Freges, der sich als Kind oft bei den Freges aufhielt, spottete darüber heftig. In Leipzig erhielt er von Livia Frege und Clara Schumann erste musikalische Bildung, wurde in das Leipziger Musikleben eingeführt und lernte hier Mendelssohn und Schumann kennen. Er widmete Livia sechs Lieder. Später stand Livia Frege in regem Briefwechsel mit Liszt; der Briefwechsel befindet sich im Staatsarchiv Weimar.
Im August 1886 reiste die befreundete Clara Schumann nach Leipzig, um an der Goldenen Hochzeit des Ehepaars Frege teilzunehmen, zu deren Anlass die Familie Frege von Sachsens König Albert den erblichen Adelstitel erhielt. Im Abtnaundorfer Park war anlässlich dieser Feier eine eiserne Festhalle für Theateraufführungen aufgestellt worden. Das Familienmausoleum der Familie Frege in diesem Park, am nordöstlichen Ende der Kastanienallee, wurde leider nach 1945 zerstört.
Adressen in Leipzig
- ab 1836: Bahnhofstraße 6 (heute Georgiring); Landsitz in Abtnaundorf
Erinnerung/ Gedenken/ Würdigung in Leipzig
- seit 1889 Liviastraße
- Schloss Abtnaundorf in Leipzig, errichtet 1891-1893 nach Entwürfen von Peter Dybwad
- im Stadtgeschichtlichen Museum Programmzettel, Briefe und Bildnisse
Zum Weiterlesen/ Literatur/ Quellen
- Hans von Bülows Jugendjahre im Fregehaus. In: Gewandhausmagazin Nummer 69, Seite 36 fortfolgende.
- Karlheinz Merkel, ....so innig harmonierten hier Seele und Hülle. Livia Virginia Frege. In: Waldstraßenviertel, Leipzig 1998, Nummer 13, Seiten 40-44.
- Brigitte Richter: Frauen um Felix Mendelssohn Bartholdy, Leipzig, 2014, Seiten 155-161.
- Lothar Kreiser, Gottlob Frege. Leben - Werk - Zeit. Hamburg 2001, Seiten 12/13.
- Riemann, Musiklexikon, Mainz 1959, Band 1, Seite 546.
Autorin: Doris Mundus, 2015