Haufe, Louise (verheiratet: Härtel) - Leipziger Frauenporträts
Rubrik
- Musik
- Salonkultur
geboren/ gestorben
2. Januar 1836 (Düben, heute Bad Düben) - 19. März 1882 (Leipzig)
Zitat
"Schon lange bin ich - insbesondere bei weiblichem Clavierspiele - keinem so männlichen und dennoch tiefseelischen Verständnisse der Aufgabe begegnet [...]"
([O.A.], Neue Zeitschrift für Musik 1865, Seite 56)
Kurzporträt
Die auch international anerkannte Berufsmusikerin und Lehrerin war neben Clara Schumann im 19. Jahrhundert eine der bedeutendsten Musikgrößen. Statt sich gesellschaftlichen Konventionen unterzuordnen, strebte sie eine eigene Karriere an und trug damit im Kampf um gesellschaftliche Teilhaberechte der Frauen auch im Erwerbsleben entscheidend bei.
Herkunftsfamilie
- Vater Johann Gottlieb Haufe, (12.09.1812 - 27.03.1865), Musiker und Hausbesitzer
- Mutter Johanne Friederike Meier (? - 22.11.1886)
- Geschwister:
- Friederike Pauline (09.01.1838 - ?)
- Marie Amalie Pauline (31.07.1839 - ?)
- Clara Bertha (08.07.1840 - ?)
- Albertine Bertha (11.03.1844 - ?)
- Johanne Caroline Pauline (14.12.1845 - ?)
- Johann Gottlieb (27.09.1848 - ?)
- Friedrich August (23.07.1850 - ?)
- Heinrich Carl (01.03.1852 - ?)
Biografie
Louise Haufe wurde am 2. Januar 1836 in Düben als Tochter des Musikers und Leiters einer Musikschule Johann Gottlieb Haufe und seiner Frau Johanna Friederike, die etwa ein halbes Jahr zuvor, am 23. August 1835 heirateten, geboren. Weitere acht Geschwister folgten. Über ihre Kindheit ist wenig bekannt, aber mit großer Wahrscheinlichkeit erhielt sie ihre erste musikalische Ausbildung durch den Vater. Ihr erstes Konzert als 13-Jährige in Düben wurde mit Begeisterung aufgenommen.
Louise Hauffe, wie sie sich ab 1850 nannte, studierte von 1850 bis 1855 am Leipziger Konservatorium der Musik. Sie erhielt Unterricht in Klavier bei Ignaz Moscheles und Ferdinand Wenzel, Komposition und Musiktheorie bei Ernst Friedrich Richter, Musikgeschichte bei Franz Brendel sowie Ensemblespiel bei Ferdinand David. Ihr Studium soll sie häufig unterbrochen haben; Louise Hauffe beziehungsweise ihrer Familie war es oft unmöglich, das Studiengeld von 80 Talern jährlich aufzubringen. Im Inskriptionsbuch sind vielfach Anzahlungen, Wechsel und Umschuldungen sowie krankheitsbedingte Unterbrechungen verzeichnet. Während ihres Studiums trat sie vor allem als Klavierbegleiterin in Erscheinung.
In den vom jungen Johannes Brahms präsentierten Abonnementskonzerten des Leipziger Gewandhauses, wo vor ihr schon Musikerinnen wie Henriette Eleonore Grabau-Bünau oder Clara Wieck-Schumann aufgetreten waren, brillierte sie nach anfänglicher Aufregung bei einer Abendunterhaltung des Konservatoriums am 2. Januar 1854 mit einem Stück von Felix Mendelssohn Bartholdy, der ab 1835 bis zu seinem Tod 1847 als Gewandhauskapellmeister das europäische Konzertleben reformierte. Am 16. November gleichen Jahres begleitete sie die Sängerin Georgine Stabbach bei einer Mozart-Arie und der erste solistische Auftritt im Gewandhaus fand am 27. November 1856 mit Mendelssohns 2. Klavierkonzert d-Moll statt.
Nach dem Studium konnte sich Louise Hauffe als Lehrerin, Solistin und Kammermusikerin etablieren und trat zwischen 1856 und 1870 mit großen Erfolgen regelmäßig im Leipziger Gewandhaus auf. In dieser Zeit war sie in anderen Konzertsälen ein häufiger Gast, zum Beispiel in Altenburg, Braunschweig, Bremen, Dresden, Frankfurt am Main, Lübeck, Magdeburg oder Rostock. Wiederholt trat sie gemeinsam mit ihrem Vater und dessen Schüler/-innen in Düben auf, so Ostern 1857, Weihnachten 1859 oder im März 1863, wo die Kritik allerdings auf ein modernes Stück von Stephen Heller nicht allzu gewogen reagierte. Ein letztes öffentliches Konzert ist im Dezember 1871 im Leipziger Riedel'schen Konzertverein nachzuweisen.
Einen Höhepunkt ihrer Karriere stellte die bislang einzige belegbare Konzertreise im Winter 1864/65 nach Wien dar. Sie spielte in den bekannten Hellmesberger Kammermusiksoiréen und konzertierte als Solistin mit den Wiener Philharmonikern zu Werken von Franz Schubert und Robert Schumann. Die Kritik reagierte begeistert. Dem Vergleich mit Clara Schumann als erste moderne Konzertpianistin konnte Louise Hauffe sowohl in der Technik als auch der Interpretation standhalten. Dies stellte sie bereits in einem gemeinsamen Auftritt mit Clara Schumann am 6. Dezember 1859 und nochmals in einem Konzert zusammen mit Amalie Joachim am 23. Oktober 1871 in Leipzig unter Beweis. Ihre kammermusikalischen Fähigkeiten trugen entscheidend zu ihrem Ruf bei.
Zu Louise Hauffes Repertoire gehörten klassische und romantische Werke, wie Sonaten mit Violinen oder Violoncello, Klaviertrios, -quartette und -quintette, Klavier- und Cembalokonzerte sowie Solokompositionen unter anderem von Johann Sebastian Bach, Stephen Heller, Felix Mendelssohn Bartholdy, Ludwig van Beethoven, Frederic Chopin, Ignaz Moscheles, Wolfgang Amadeus Mozart, Ernst Pauer, Franz Schubert und Robert Schumann sowie Giuseppe Tartini. Sie musizierte mit zahlreichen namhaften Musiker/-innen ihrer Zeit; in Leipzig gehörten dazu Ferdinand David, Engelbert Röntgen, Friedrich Grützmacher, Julius Rietz, Emil Hegar, in Bremen Jean Becker, in Dresden Wilhelm Joseph von Wasielewski, in Frankfurt am Main Hugo Heermann.
Nach der Heirat mit dem Leipziger Stadtrat und Musikverleger Raimund Härtel (Verlag Breitkopf & Härtel) im Juli 1872 zog sich Louise Hauffe aus dem öffentlichen Konzertleben zurück: "Als sie sich im Juli 1872 mit Raimund Härtel vermählte, entsagte sie der Öffentlichkeit, aber nicht der Kunst, die auch ferner in ihrem Hause - allen Künstlern und Kunstfreunden wohlbekannt - die eifrigste Pflege genoss." ("Signale für die musikalische Welt" 1882, Seite 404)
Louise Hauffe blickte auf ein langjähriges, vielfältiges und international anerkanntes Leben als hochqualifizierte Berufsmusikerin zurück. Mit ihrer Karriere war sie ein Vorbild im Kampf gegen gesellschaftliche Konventionen, die Frauen von der gleichberechtigten Teilhabe am Erwerbsleben ausschlossen. Die teure Ausbildung am Leipziger Konservatorium finanzierte sie mit Konzerten und unterstützte mit ihrem Verdienst später vermutlich auch ihre Familie in Düben.
Neben Clara Schumann war Louise Hauffe die am häufigsten im Leipziger Gewandhaus konzertierende Pianistin. Privat engagierte sie sich beim Aufbau und der Pflege eines musikalischen Freundeskreises. Ihr Wohnhaus wurde zu einem Zentrum der musikalischen Elite, in dem Johannes Brahms, Anton Rubinstein, Heinrich und Elisabeth von Herzogenberg, Amalie Joachim, Clara Schumann und andere Musikgrößen verkehrten. Zwischen Clara Schumann und ihr bestand eine besondere Freundschaft, im Hause des Ehepaares Härtel feierte Clara Schumann 1878 ihr 50-jähriges Künstlerinnenjubiläum.
Louise Hauffe starb am 19. März 1882 nach längerer Krankheit in Leipzig. Seit 2017 erinnert eine Gedenktafel des Projekts "frauenorte sachsen" im Kurpark Bad Düben an sie.
Adressen in Leipzig
- 1872-1882: Gustav-Adolph-Straße 7
Zum Weiterlesen/ Literatur/ Quellen
- Archiv der Hochschule für Musik und Theater "Felix Mendelssohn Bartholdy" Leipzig, Matrikelnummer 285: Louise Hauffe, Sign. A I. 1. Inskriptionsregister, A I. 2. Inskriptionen und A I. 3. Zeugnisse.
- Fritzsche, Lutz: Die Pianistin Louise Haufe - ein Bad Dübener Kind, unter: http://www.sachsen-lese.de/index.php?article_id=454 (Zugriff zuletzt: 11.12.2017).
- Hoffmann, Freia: Europäische Instrumentalistinnen des 18. und 19. Jahrhunderts: Louise Hauffe, unter: www.sophie-drinker-institut.de (Zugriff zuletzt: 11.12.2017).
- Wenzel, Silke: Musik und Gender im Internet: Louise Hauffe, unter: mugi.hfmt-hamburg.de (Zugriff zuletzt: 11.12.2017).
- Neue Zeitschrift für Musik. Gegründet 1834 von Robert Schumann. Mainz, Band 61, 1865, Seite 56, unter: http://reader.digitale-sammlungen.de/ (Zugriff zuletzt: 27.12.2017).
- Signale für die musikalische Welt. Hrsg. von Bartholf Senff. Leipzig Heft 26, 1882, Seite 404, unter: http://anno.onb.ac.at/ (Zugriff zuletzt: 27.12.2017).
Autorin: Dr. Sandra Berndt, 2017