Hennig, Auguste (geborene Wechsung) - Leipziger Frauenporträts
Auguste Hennig, Frauenrechtlerin © SLUB Dresden/ Deutsche Fotothek/ Rössing, Roger & Rössing, Renate Bilder vergrößert anzeigen
Rubrik
- Frauenbewegung
- Politik
- Soziales
geboren/ gestorben
7. Februar 1864 (Sachsenburg/ Thüringen) - 15. Juli 1959 (Leipzig)
Zitat
"Mein größter Wunsch ist, dass alle Frauen in der Welt von der Unterdrückung befreit werden und wir alle gemeinsam für den Frieden arbeiten und schaffen können."
("Neues Deutschland", 19. 05.1953, Seite 5)
Kurzporträt
Die SPD-Frauenrechtlerin Auguste Hennig setzte sich für die Einführung des Internationalen Frauentages ein und wurde als erste Frau in den Leipziger SPD-Parteivorstand gewählt.
Herkunftsfamilie
- Vater: Günter Friedrich Wechsung (03.10.1828 Berka/ Sondershausen - 27.02.1912 Frankenhausen) Hand-Arbeiter
- Mutter: Johanna Wilhelmina, geboren Firmar (02.02.1835 Gorsleben - 05.08.1889 Frankenhausen), Hausfrau
Biografie
Am 7. Februar 1864 erblickte Johanna Maria Dorothea Auguste Wechsung in Sachsenburg (Nordthüringen) das Licht der Welt. Ihr Vater war Arbeiter, die Mutter Hausfrau. Anzunehmen ist, dass sie die Volksschule besuchte. Eine spätere Berufsausbildung ist nicht bekannt. 1888 heiratete sie in Werdau den Kaufmann Karl Arthur Hennig (14.04.1859 - 01.12.1929) und zog mit ihm nach Leipzig. Sie erwarben ein Haus in Mölkau-Zweinaundorf, in dem ihre fünf Kinder geboren wurden: Leo (1891-1974), Käthe (1890-1956), Erika (1891-1953), Margareta (1893-1894) und Johannes (1895-1895).
Wie die einstige Küchenhilfe und spätere Frau eines Kaufmanns zu ihrem politischen Engagement kam, wie sie zur Sozialdemokratie fand, ist nicht mehr recherchierbar. Möglich ist, dass sich durch die Arbeit des Ehepaares in der Konsumgenossenschaft Volkmarsdorf das Interesse an der Arbeiterbewegung und der Gleichberechtigung der Frauen entwickelte. Im "Konsum" stand Auguste im Austausch mit vielen Menschen, die beim Einkauf ihre Lebensumstände erzählten. Vielleicht ist auch durch den schmerzhaften Verlust ihrer beiden letztgeborenen, im Baby-Alter verstorbenen Kinder Auguste Hennigs Wille gewachsen, sich für bessere Lebensbedingungen einzusetzen. 1891 trat sie in den Dritten Leipziger Arbeiterverein, 1892 in den Konsumverein und am 1. Juli 1895 in den Sozialdemokratischen Verein Leipzig, Ost-Bezirk, ein. Im Verein für Frauen und Mädchen der Arbeiterklasse bildete sich Auguste Hennig weiter, begann, politische Themen in ihre Vorträge einzubinden, beteiligte sich an vielen Diskussionsabenden und hielt auch selbst Reden und Vorträge. Ein Foto zeigt sie 1902 als Mitglied einer Schulungsgruppe der proletarischen Frauenbewegung Leipzigs, die von Käte Duncker geleitet wurde.
1905 trat Auguste Hennig in die Sozialdemokratische Partei Deutschlands ein, deren Kreisvorstandsmitglied sie von 1907 bis 1918 war. Nach eigener Aussage nahm sie in der Folge an SPD-Parteitagen in Jena, Plauen, Essen und anderen teil.
Mit 42 Jahren galt Auguste Hennig als eine der aktivsten Funktionärinnen. Sie wirkte als Referentin bei den Reichstagswahlen 1907 mit, wurde 1908 Mitglied der Ortsparteileitung und nach eigener Aussage als erste Frau in den Leipziger SPD-Parteivorstand gewählt. Auguste Hennig half mit, einen Verein für Hausangestellte zu gründen und übernahm 1908 dessen Leitung.
Zwei Jahre später, 1910, erreichte ihre politische Karriere ihren Höhepunkt: Als Delegierte auf der II. Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz in Kopenhagen unterstützte sie den Antrag von Clara Zetkin und Käte Duncker zur Einführung eines internationalen Frauentages als Kampftag für die Rechte der Frauen. Dieser wurde angenommen.
Auguste Hennig schrieb für "Die Gleicheit". Sie engagierte sich zudem in der Kinderschutzkommission sozialdemokratischer Frauen Leipzigs und war Delegierte ihrer Leipziger Genossinnen auf verschiedenen Parteitagen. Sie gewann dort viele Frauen für den Wahlrechtskampf. Am 12. November 1918 konnten die SPD-Genossinnen den Erfolg ihrer Bemühungen feiern: Das Wahlrecht für Frauen erlebte seine Geburtsstunde.
1919 trat Auguste Hennig zur USPD über und wurde im gleichen Jahr Mitglied des Zweinaundorfer Gemeinderates, dem sie bis 1921 angehörte.
Nach 1945 setzte sich Auguste Hennig für den demokratischen Wiederaufbau in ihrer Heimat ein, wurde Mitglied der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) und half unter anderem beim Aufbau einer Gruppe des 1947 gegründeten Demokratischen Frauenbundes Deutschlands (DFD) in Mölkau, in dem sie vor allem junge Frauen für Politik zu begeistern wusste.
Noch im hohen Alter hielt Auguste Hennig Referate und schrieb Artikel für Zeitungen. Im Bundesarchiv Berlin, Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR, ist ihr Briefwechsel mit Käthe und Hermann Duncker aus den Jahren 1950-1957 einsehbar. Unter ihren Zeitgenossinnen und Zeitgenossen galt sie als distanzierte, sparsame und humorvolle Respektsperson - schmal, konservativ gekleidet, die langen Haare der damaligen Mode entsprechend zu einem Dutt hochgesteckt. Nach einem intensiven Leben starb die Frauenpolitikerin Auguste Hennig 1959 mit 95 Jahren in Leipzig. Noch Jahre nach ihrem Tod - erzählen die Mölkauer - bedachten Frauen ihren Geburtstag mit einem Ständchen am Grab.
Werke
- Hennig, Auguste: "Eine Frauenbezirkskonferenz zu Leipzig gegen die Maßregelung der Genossin Zietz und für die grundsätzliche Haltung der ,Gleichheit´". In: Die Gleichheit, 27/ 17/ 25.05.1917/ 115.
- weitere Zeitschriftenartikel
Adressen in Leipzig
- 1889-1959: Baalsdorfer Straße 3, Leipzig-Mölkau
Erinnerung/ Gedenken/ Würdigung in Leipzig
- Seit 2001 Auguste-Hennig-Straße in Leipzig
- 2022: Uraufführung „Yours truly. Eure alte Veteranin“. Die schwedische Tanzkünstlerin Clara Sjölin trifft auf die Leipziger Frauenrechtlerin Auguste Hennig (1864-1959) am 8. März an der Brücke Palmengartenwehr. Aufführungen auch am 8. April, 8. Mai, 8. Juni. www.heikehennig.de/festivals/ueber-bruecken/auguste-hennig
Zum Weiterlesen/ Literatur/ Quellen
- Schilling, Rainer: "Die proletarische Frauenbewegung in Leipzig von 1890 bis 1908", Dissertation A an der Pädagogischen Hochschule "Clara Zetkin" Leipzig 1987.
- Sachse, Mirjam: Von "weiblichen Vollmenschen" und Klassenkämpferinnen - Frauengeschichte und Frauenleitbilder in der proletarischen Frauenzeitschrift "Die Gleichheit" (1891‐1923). Inaugural-Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Philosophie (Dr. phil.) Fachbereich Gesellschaftswissenschaften (Fachgebiet Geschichte) der Universität Kassel. 2010.
- "In Kopenhagen lernte ich Klara Zetkin kennen", in: "Neues Deutschland" vom 19.05.1953, Seite 5.
- Heinze, Josephine: "Spuren des Frauentags führen nach Leipzig", in: "Leipziger Volkszeitung" vom 07.03.2015.
- Briefwechsel Käthe und Hermann Duncker - Auguste Hennig (1950- 1957) im Bundesarchiv Berlin, Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR, Finkelsteinallee 63, 12205 Berlin.
Autor/-innen: Heike Hennig und Leo Hennig, 2016