Markert, Edith - Leipziger Frauenporträts
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Rubrik
- Literatur
- Wirtschaft
geboren/ gestorben
6. Dezember 1927 (Leipzig) - 12. August 2002 (Leipzig)
Zitat
"Edith Markert war engagierte Sammlerin von Frauenliteratur."
(Michael Eschmann, Aus dem Antiquariat, Nummer 1/2020, Seite 23.)
Kurzporträt
Edith Markert, Buchhändlerin und Antiquarin, führte ab 1969 die weit über die Grenzen Leipzigs hinaus bekannte Buchhandlung ihres Mannes nach dessen Tod erfolgreich allein weiter. Für viele Bibliophile war sie eine wichtige Kontaktperson.
Herkunftsfamilie
- Vater: Paul Urban, kaufmännischer Angestellter, seit 1941 (II. Weltkrieg) vermisst;
- Mutter: Ida Urban, geborene Töpfer, Sekretärin, nach 1945 LDPD-Funktionärin, Abteilungsleiterin im VEB Bodenbearbeitungsgeräte, später im Geschäft ihrer Tochter tätig.
Biografie
Die 1927 geborene Edith Urban wuchs in einer Leipziger Kaufmannsfamilie auf. Nach der Grundschule besuchte sie zunächst vier Jahre lang eine Sprachklasse, danach die höhere Handelslehranstalt für Mädchen und schloss mit der mittleren Reife ab. Mit diesem Zeugnis wechselte sie 1945 zur Buchhändler-Lehranstalt und erwarb in einem einjährigen Fachkurs einen Abschluss als Buchhändlerin. Daneben engagierte sie sich als Vorsitzende des Studentenrates. Am 23.10.1945 wurde sie Mitglied der LDPD (Liberal-Demokratische Partei Deutschlands) und war ehrenamtlich als Sozialhelferin tätig.
Um ihre Ausbildung zu vervollkommnen, trat Edith Urban 1946 als Lehrling in die Firma "Karl Markert, Wissenschaftliche Buchhandlung und Antiquariat (Leipzig)" ein und absolvierte bis 1948 die zweijährige Ausbildung zur Antiquarin. Karl Markert (1888-1969) galt damals schon als bedeutender Antiquar, der über ein immenses Wissen und umfangreiche Sprachkenntnisse verfügte. Weil er vor 1945 Beziehungen zu osteuropäischen Ländern hatte und mit Slavica und Hebraica handelte, wurde sein Lager von der Gestapo "gesäubert". Nach 1945 erhielt er daher problemlos wieder eine Lizenz für ein privat geführtes Geschäft. Die junge Edith Urban erwies sich als fähige Mitarbeiterin, so dass Markert ihr im Oktober 1951 im Zusammenhang mit der Umwandlung seiner Buchhandlung in eine Kommanditgesellschaft Firmenanteile übertrug. Wenig später, am 22.12.1951, heirateten die beiden. Die Firma befand sich in Markerts Wohnhaus in der Robert Schumann-Straße 12 und wurde als Versandantiquariat geführt. Edith oblag vor allem die kaufmännische Arbeit. Vermutlich hielt sie ihrem bekannten Ehemann damit den Rücken frei, der bis ins hohe Alter in verschiedenen buchhändlerischen und bibliophilen Gremien wirkte, auch publizierte und ein bedeutender Sammler von Goethe-Ausgaben und Münzen war.
Selbst eine große Buchliebhaberin, suchte sich Edith ein eigenes Betätigungsfeld. Frühzeitig sammelte sie Bücher zum Thema Frauen. Dabei waren in Edith Markerts Kollektion alle literarischen Genres vertreten - Lyrik, Prosa, Gedichte und Biografien. Leider ist diese Sammlung von Frauenliteratur nicht erhalten geblieben, sondern wurde nach ihrem Tode verkauft. In Antiquariaten finden sich noch ab und zu Bände mit einem Exlibris von Edith Markert. Sie besaß verschiedene Bucheignerzeichen, u.a. von Hans Michael Bungter, mit dem die Familie Markert befreundet war. Als ihr Ehemann 1969 verstarb, erhielt Edith Markert am 7. Dezember des gleichen Jahres die Lizenz zur Weiterführung des Geschäfts. Dies war nicht nur der Bekanntheit der Buchhandlung in Sammler- und Gelehrtenkreisen geschuldet, sondern auch ihrer eigenen Qualifikation und Erfahrung. Zum Laden in der Scheffelstraße, den sie nach Abbruch des Hauses in der Robert-Schumann-Straße im Jahr 1968 betrieb, gehörte noch ein wegen seiner Bestände geradezu legendäres Lager mit antiquarischen Büchern in der Glockenstraße 2.
Edith Markert wurde nun selbst zur wichtigen Kontaktperson für Büchersammler, auch über Leipzigs Grenzen hinaus. Offenbar meisterte sie die schwierige Aufgabe, in der DDR ein privates Geschäft zu führen, lange Zeit recht gut. In den 1970er Jahren existierten in Leipzig nur noch sehr wenige private Antiquariate. Fast alle waren enteignet worden oder schlossen mit dem Tod des Inhabers. Nachfolgeregelungen, wie im Falle von Edith Markert, waren in der Regel nicht vorgesehen.
Mit zunehmender Krankheit war sie in den 1980er-Jahren gezwungen, einen Geschäftsführer einzusetzen, dem sie 1990, nach der Wende, ihr Antiquariat verkaufte. Edith Markert war eine der letzten Vertreterinnen der privaten Leipziger Antiquariatsszene in der DDR, um die sich viele Geschichten rankten. Im Alter von 75 Jahren starb sie in einem Leipziger Pflegeheim.
Adressen in Leipzig
- 1927-1934: Karl-Heine-Straße 69
- 1935-1937: Hallische Straße 23 (heute Georg-Schumann-Straße)
- 1938-1945: Theodor-Fritsch-Straße 46 (nach 1945 umbenannt in William-Zipperer-Straße)
- 1945-1951: William-Zipperer-Straße 46
- ab 1951: Robert-Schumann-Straße 12
- 1968-1995: Scheffelstraße 21
- später Seniorenheim "Am Auenwald", Richard-Lehmann-Straße 11
Erinnerung/ Gedenken/ Würdigung in Leipzig
- Erich Carlsohn/Karl Markert, in: Lebensbilder Leipziger Buchhändler, Meersburg 1987.
- Michael Eschmann: Edith Markert, in: Aus dem Antiquariat 1/2020, Seite 20-24.
- Knopf, Sabine: Amor librorum nos unit. Allwissende Antiquare und dankbare Sammler, in: Imprimatur. N. F. 20, (2007), Seite 151-192.
- Knopf, Sabine: Leipziger Antiquariatsfirmen, in: "...mitten in Leipzig, umgeben von eignen Kunstschätzen und Sammlungen andrer...", Leipzig 2004, Seite 101-116.
Quellen:
- SächsStAL. Bestand 21765, Börsenverein der deutschen Buchhändler (I), Wissenschaftliche Buchhandlung und Antiquariat Karl Markert, Leipzig, Bestands-Nummer F 17014.
- StAL, Dezernat Volksbildung, Abteilung Kunst und Literatur, Sachgeb. Buch-und Bibliothekswesen, StVuR, Nummer 9230. Karl Markert, Sortimentsbuchhandlung und Antiquariat, Leipzig C1, Robert-Schumann-Straße 12, August 1945 - Januar 1952 [enthält unter anderem Lebenslauf von Edith Urban].
Autorin: Sabine Knopf, 2020