Meyer-Dennewitz, Gabriele - Leipziger Frauenporträts
Gabriele Meyer-Dennewitz, 2010 © privat Bilder vergrößert anzeigen
Rubrik
- Kunst
- Bildung/ Pädagogik
geboren/ gestorben
21. Juli 1922 (Leipzig) - 13.März 2011 (Carwitz, Feldberger Seenlandschaft)
Zitat
"Ich bin Realistin genug anzuerkennen, daß es auch andere Kunstformen und Experimente geben muß, aber ich bin eben Realistin, und die werde ich auch bleiben." (1997)
Kurzporträt
Gabriele Meyer-Dennewitz prägte über Jahrzehnte das Profil des kunstpädagogischen Lehrangebots an der Karl-Marx-Universität Leipzig. Zunächst dem sozialistischen Realismus verpflichtet arbeitend, schuf sie nach ihrer Emeritierung ein bemerkenswertes farb- und formenstarkes Spätwerk mit allegorischen Bildern, Selbst- und Landschaftsporträts.
Herkunftsfamilie
Mutter: Margarethe Förster (1899-1984).
Vater: Hans Albert Förster, Schriftsteller, Maler, Verleger (1898-1954).
Biografie
Gabriele Meyer-Dennewitz wuchs in einem literarisch und künstlerisch aufgeschlossenen Elternhaus in Leipzig-Lindenau auf. Nach der Volksschule besuchte sie von 1933 bis 1938 die Max-Klinger-Schule. Danach war sie von 1938 bis 1940 Schülerin an der Kunstgewerbeschule Leipzig bei Karl Miersch; parallel besuchte sie 1939 die Abendklasse von Richard Otto Voigt an der Staatlichen Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe Leipzig (heute Hochschule für Graphik und Buchkunst, HGB), wo sie dann von 1941 bis 1944 bei Heinz Dörffel, Bruno Heroux und Hans Soltmann studierte. Anschließend arbeitete sie als Hilfslehrerin für Zeichnen und Kunstgeschichte in Guben, ab 1945 als freischaffende Künstlerin in Leipzig.
1945 kam ihr Sohn Ekkehard zur Welt, dessen Vater im II. Weltkrieg gefallen war. Meyer-Dennewitz wurde Mitglied des Leipziger "Künstleraktivs 1948", das sich ein Jahr später dem Schutzverband bildender Künstler anschloss und ab 1950 zum Verband Bildender Künstler Deutschlands, dessen Gründungsmitglied sie war, gehörte. Zwischen 1950 und 1951 studierte sie als Meisterschülerin an der Akademie der Künste in Berlin bei Max Lingner und Heinrich Ehmsen. Als Assistentin für Naturstudium kam sie 1952 an die HGB in Leipzig und lehrte dort von 1955 bis 1957 als Dozentin im Grundstudium der Abteilung Grafik, bevor sie 1958, ebenfalls als Dozentin, an die Karl-Marx-Universität ging und dort 1961 bis zu Ihrer Emeritierung 1982 Professorin für Kunsterziehung war. An der Universität leitete sie das Institut für Kunsterziehung und später das Lehrgebiet Theorie und Praxis der künstlerischen Gestaltung. Ab 1964 verbrachte sie die Semesterferien in Carwitz bei Feldberg und gab dort Mal- und Zeichenkurse für die Kinder der Region. 1968 gründete sie in Zusammenarbeit mit der Feldberger Schule eine Winterakademie. 1991 verlegte sie ihren Lebens-und Arbeitsmittelpunkt ganz nach Carwitz und wurde 1994 Mitglied im Künstlerbund Mecklenburg-Vorpommern.
Sie war verheiratet mit Wolfgang Meyer (1922-1996), der an der Karl-Marx-Universität Schrift und Kalligrafie unterrichtete. Zwischen 1960 und 1979 führten sie Studienreisen in die damalige Sowjetunion, die Tschechoslowakei, Jugoslawien, Ungarn, Rumänien, Polen sowie nach Nordkorea. Gabriele Meyer-Dennewitz nahm 1953, 1962 und 1967 an den Deutschen Kunstausstellungen in Dresden teil sowie zwischen 1955 und 1985 an den Leipziger Bezirkskunstausstellungen. Sie hatte 1964 und 1969 jeweils eine Personalausstellung in der Genossenschaftsgalerie „Kunst der Zeit“ in Leipzig, 1983 zeigte sie ihre Arbeiten im Kulturhaus Neubrandenburg, 1998 in Feldberg und 2000 im Stadtmuseum Neustrelitz. 1995 beteiligte sie sich an einer GEDOK-Ausstellung in Leipzig, wo 2010 unter dem Titel „Heimspiel“ ihr Lebenswerk vorgestellt wurde. Eine Gedächtnisausstellung für die Künstlerin richtete 2019 die Galerie Koenitz aus. Für ihre künstlerische und pädagogische Arbeit erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen: 1957 den Kunstpreis der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft, 1962 den Kunstpreis der Stadt Leipzig, 1974 die Verdienstmedaille der DDR, 1978 die Pestalozzi-Medaille in Silber, 1982 die Johannes-R.-Becher-Medaille sowie 1984 den Hans-Fallada-Preis.
Das Werk von Gabriele Meyer-Dennewitz umfasst vor allem Porträts, Landschaften, Stillleben und mehrfigurige Bilder, in denen sie sich Allegorien zur Verdeutlichung menschlicher Eigenschaften und gesellschaftlicher Bedingungen bediente. Dabei arbeitete sie bevorzugt in den Techniken Acryl, Pastell, Federzeichnung, Holzschnitt und Radierung. Stilistisch waren ihre Arbeiten zu Beginn dem sozialistischen Realismus verpflichtet. Holz- und Linolschnitt-Zyklen entstanden zu literarischen und politischen Themen. Von diesen Arbeiten befinden sich einige im Bestand des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig. Von besonderer Leichtigkeit waren ihre, oft in Tusche ausgeführten, Reiseskizzen der späten 1950er und frühen 1960er Jahre. In der Malerei bevorzugte sie mehrere Jahre lang die Pastelltechnik, mit der sie weich anmutende Übergänge schaffen konnte und die ihren Bildern diese besondere Tonigkeit verlieh.
In ihrem Spätwerk wurde Gabriele Meyer-Dennewitz deutlich expressiver und intensiv farbiger. Frühe Einflüsse von Heinrich Ehmsen und Max Lingner wurden wieder deutlicher verarbeitet. Neben ihrem eigenen künstlerischen Schaffen war sie zeitlebens engagierte Kunstpädagogin und wirkte in diesem Sinne auch anregend auf ihr Lebensumfeld in Mecklenburg.
Ihr Leben lang blieb sie politisch aktiv; noch 2005 wurde ihr für einen Plakatentwurf gegen das damals geplante Bombodrom in der Kyritz-Ruppiner Heide der erste Preis zugesprochen. Bisher kaum beachtet wurden ihre zahlreichen Gobelins, meist in Applikationstechnik, die sich durch oft heitere Szenen mit Anklängen an Märchen und Mythen auszeichnen.
Werke
- 1957/58 Holzschnitte zu Bertolt Brecht.
- 1959 Linolschnitte zu "Die zehn Grundsätze der sozialistischen Moral".
- 1959 Reiseskizzen Korea.
- 1961 Menschen schmücken die Erde, Holzschnitt.
- 1961 Jugendaufgebot 1961, Linolschnitt 1962. Reiseskizzen Sowjetunion.
- 1963,1964 Gobelins in Applikationstechnik.
- 1967,1972-1974 Farblinolschnitte zu Carmina Burana.
- 1966 Buchillustrationen zu "Der Mann mit der gelben Tasche".
- 1980 Tag und Nacht, Dyptichon, Pastell.
- 1981 Malven, Pastell.
- 1981 Strauß mit Manschette, Pastell.
- 1982 Gobelin-Entwurf zum 575. Geburtstag der Leipziger Universität, Tempera.
- 1987 Unkraut vergeht nicht, Pastell.
- 1995 Apokalypse, Pastell.
- 1998 Die Eiferer, Pastell.
- 1999 Die Spieluhr, Pastell.
- 2003 Selbstbildnis, Pastell.
- 2005 Selbst mit Tauben, Pastell.
- 2006 Winter, Acryl.
- 2009 Weggefährten, Acryl.
Adressen in Leipzig
- 1945-1950 Henricistraße 52.
- 1950-1991 Beethovenstraße 31 (Wohnung und Atelier).
Erinnerung/ Gedenken/ Würdigung in Leipzig
1962 Kunstpreis der Stadt Leipzig.
Zum Weiterlesen/ Literatur/ Quellen
- Meier, Horst: Weggenossin unserer Zeit. „FW“ zu Gast bei der Grafikerin Gabriele Meyer-Dennewitz, Leipzig. In: Freies Wort, Suhl, 30.09.1961.
- Kober, Karl Max: Streben nach Einfachheit führte zu vielen schönen Ergebnissen. Werke von Gabriele Meyer-Dennewitz im Leipziger Grassimuseum. In: Leipziger Volkszeitung, 09.01.1975.
- Für unser gemeinsames Ziel, Verband Bildender Künstler Leipzig, 1958.
- Meißner, Günter: Leipziger Künstler der Gegenwart. VEB E.A. Seemann Leipzig 1977, Seite 233.
- Posse, Walfried: Streitbares Einstehen für das Neue, tiefe menschliche Wärme. Zur Ausstellung mit Werken von Gabriele Meyer-Dennewitz. In: Leipziger Volkszeitung, 15.07.1982.
- Ute Camphausen (Herausgeberin): Die Leipziger Kunstgewerbeschule. Faber & Faber, Leipzig 1996, Seite 206.
- Eisold, Dietmar: Geldfresser sind mir ein Greuel. In: Neues Deutschland vom 21.07.1997.
- Gabriele Meyer-Dennewitz. Malerei, Graphik, Arbeiten aus fünf Jahrzehnten. cw strelitzia Verlag, Carwitz 1999.
- Kunkel, Eberhard: Gabriele Meyer-Dennewitz. Ein Malerbuch. Eigenverlag 2002.
- Matte, Christina: Eine rote Strähne. Was die Malerin Gabriele Meyer-Dennewitz und Jesus Christus gemein haben. In: Neues Deutschland, 06.08.2005.
- Gabriele Meyer-Dennewitz. Malerei. Grafik. Zeichnung. Kunstkaten Thomsdorf 2007.
- König, Maximilian: Erinnerung an Gabriele Meyer-Dennewitz. In: Leipziger Volkszeitung vom 26.02.2019.
Autorin: Julia Blume (2021)