Schumann, Clara (geborene Wieck) - Leipziger Frauenporträts
Bildnis Clara Wieck, Bleistiftzeichnung auf Papier von Elwine v. Leyser, 1836 © Stadtgeschichtliches Museum Leipzig Bilder vergrößert anzeigen
Rubrik
- Musik
geboren/ gestorben
13. September 1819 (Leipzig) - 20. Mai 1896 (Frankfurt am Main)
Zitat
"Jetzt trachte ich auch danach, soviel als möglich mit der Künstlerin die Hausfrau zu vereinigen. Das ist eine schwere Aufgabe! Meine Kunst lasse ich nicht liegen, ich müßte mir ewige Vorwürfe machen."
(Tagebuch, 20. August 1839)
Kurzporträt
Clara Schumann-Wieck, über sechs Jahrzehnte als Pianistin erfolgreich, war auch als Komponistin, Klavierpädagogin und ab 1878 als Klavierprofessorin tätig, dazu als Herausgeberin der Werke ihres Ehemanns Robert Schumann.
Herkunftsfamilie
- Vater: Friedrich Wieck (1785-1873, Theologe, Klavierpädagoge, Inhaber einer Musikalien- und Pianoforte-Handlung sowie musikalischen Leihbibliothek)
- Mutter: Marianne Wieck geborene Tromlitz (1797-1872), Pianistin und Sängerin, Scheidung 1824
- Geschwister:
- Adelheid (1817-1819)
- Alwin (1821-1885)
- Gustav (1823-1884)
- Viktor (1824-1827)
- 1825 zweite Heirat Mariannes mit Adolph Bargiel (1795-1841, Musiklehrer); vier gemeinsame Kinder als Halbgeschwister Claras:
- Woldemar (1828-1897)
- Eugen (1830-1907)
- Cäcilie (1832-1910)
- Clementine (1835-1869)
- 1828 zweite Heirat Friedrich Wiecks mit Clementine Fechner (1805-1893); zwei Töchter als Halbschwestern Claras:
- Marie Wieck (1832-1916), Sängerin, Pianistin, Klavier-und Gesangslehrerin
- Cäcilie Wieck (1834-1893)
Biografie
Clara Wieck wurde als Tochter einer Musikerfamilie 1819 in Leipzig geboren. Ihr Vater Friedrich Wieck betrieb hier seit 1815 eine Musikalien- und Klavierhandlung und arbeitete als Klavierpädagoge. Ihre Mutter Marianne, Pianistin und Sängerin, war eine seiner ersten Schülerinnen gewesen. Claras Kindheit wurde überschattet durch die Scheidung der Eltern im Jahr 1825 und eine ungeliebte Stiefmutter. Ab dem 5. Lebensjahr wuchs Clara mit ihren Brüdern bei Friedrich Wieck auf. Der begann ihre systematische Ausbildung zur Pianistin nach eigenem Konzept. Sie erhielt Unterricht in Klavier, Violine und Gesang, Musiktheorie, Improvisation und Komposition, Englisch und Französisch, wobei Wieck von Hauslehrern und Musikern unterstützt wurde. Dazu kam viel Bewegung im Freien, die ihr dann bis ins hohe Alter ein Bedürfnis blieb. Noch 1882 betonte Clara in einem Brief an die Musikschriftstellerin La Mara (Marie Lipsius), die für ihr Buch "Die Frauen im Tonleben der Gegenwart" ein Porträt der Pianistin erstellt hatte, dass sie ihre Leistungen vor allem der ausgewogenen musikalisch-künstlerischen und körperlichen Erziehung durch ihren Vater verdanke.
Die Musik wurde für Clara Wieck zu ihrer Welt, in die sie sich zurückziehen, ebenso aber auch Empfindungen äußern konnte. Ihr ausdrucksstarkes Spiel, eigenes Komponieren und Improvisieren brachten Clara Wieck sehr früh Anerkennung als Pianistin. Als Neunjährige debütierte sie 1828 erfolgreich im Gewandhaus in einem Extrakonzert der neun Jahre älteren Grazer Pianistin Caroline Perthaler, der als eine der wenigen (wie später auch Clara Wieck) der Sprung vom Wunderkind zur professionellen Konzertpianistin gelungen war. Im gleichen Jahr lernte Clara den 18-jährigen Jura-Studenten Robert Schumann kennen, der als Klavierschüler zu Wieck kam und 1830/1831 auch in der Wieckschen Wohnung logierte. 1834 hatte sich Schumann zunächst mit Wiecks Klavierschülerin Ernestine von Fricken (1816-1844) verlobt, die er irrtümlich als reiche Erbin ansah. Nach der Lösung von Ernestine wandte er ab 1835 dann seine ganze Aufmerksamkeit der jungen Clara zu, die für ihn schwärmte. An Claras 18. Geburtstag 1837 bat Robert Schumann Vater Wieck schriftlich um die Hand seiner Tochter. Dieser sah Claras Karriere durch eine Ehe mit Schumann stark gefährdet und widersetzte sich jahrelang. Konzertreisen nach Paris, Prag und Wien hatten Clara Wieck auch international bekannt gemacht. In Wien wurde ihr 1838 nach der Aufführung von Beethovens Appassionata (Klaviersonate f-Moll op. 57) der Titel einer kaiserlichen und königlichen Kammervirtuosin verliehen. Im gleichen Jahr erschienen die ersten Lexikonartikel über sie.
Die Heiratserlaubnis musste gerichtlich erstritten werden und wurde 1840 vom Leipziger Appellationsgericht erteilt. Nach der Hochzeit am 12. September des Jahres in der Dorfkirche Schönefeld bezog das Paar seine erste gemeinsame Wohnung in der Inselstraße. An die Stelle des von Vater Wieck 1829 angelegten offenen Tagebuchs, das er über Jahre gemeinsam mit Clara geführt hatte, Dokumentation und Kontrolle zugleich, trat nun Roberts Ehetagebuch, das beide Partner abwechselnd führten. Friedrich Wiecks Vorbehalte gegen die Heirat schienen zunächst unbegründet, denn Robert und Clara empfanden ihre Ehe als künstlerische Schaffensgemeinschaft. Robert teilte nicht das Vorurteil seiner Zeit, Frauen hätten nur reproduzierende, keine schöpferischen Fähigkeiten, und bewunderte die Ebenbürtigkeit von Claras Kompositionen. Ein gemeinsamer Zyklus nach Gedichten Friedrich Rückerts entstand, für dessen Lieder die einzelne Autorenschaft bei der Vertonung nicht preisgegeben wurde. Im familiären Alltag aber fühlte sich Robert beim Komponieren bald durch Claras Klavierspiel gestört. Misserfolge bei der Aufführung seiner Kompositionen führte er auf Claras angeblich ungenügende Interpretation zurück.
Ihr Angebot, das bei wachsender Kinderschar stets knappe Familienbudget durch Einnahmen aus Konzertreisen aufzubessern, lehnte er fast immer ab. Dabei erbrachte allein ihre von Mendelssohn vermittelte Russlandreise 1844 so viel Geld, dass die damals vierköpfige Familie fast ein Jahr lang davon leben konnte. Allerdings war Roberts Lage als Karrierebegleiter seiner Frau auf Reisen nicht einfach. Clara war bekannter als er, der nach einem ihrer Konzerte sogar gefragt wurde, ob auch er musikalisch sei. Das Reisen hielt ihn zudem vom Komponieren ab; auch die Arbeit an der von ihm 1834 mitbegründeten "Neuen Zeitschrift für Musik" band ihn an Leipzig.
Nachdem Robert Schumann sich erfolglos als Gewandhauskapellmeister beworben hatte, zog die Familie Wieck-Schumann 1844 mit den beiden in Leipzig geborenen Töchtern Marie (1841-1929) und Elise (1843-1928) nach Dresden. Clara versuchte, Ärgernisse von ihrem sensiblen Mann abzuhalten, um sein Komponieren zu fördern. Sie legte ihre Kraft in die Interpretation seiner Werke, um ihnen zur Anerkennung zu verhelfen und bedauerte, ihre eigenen Anlagen als Komponistin nicht weiter ausbilden zu können. Die Werke der Komponisten wurden in Noten für die Nachwelt dokumentiert, die Kunst der Interpretierenden aber blieb bis zur Erfindung der Tonaufzeichnung auf die Wirkung des Augenblicks beschränkt. Lobende Beiträge der Musikkritiker zum Spiel der Interpreten waren nur ein unzureichender Ersatz. So legte Robert Schumann 1846 auch großen Wert darauf, auf dem Doppelmedaillon des Dresdner Bildhauers Ernst Rietschel mit seinem Profil vorn zu erscheinen, Claras Profil dahinter, da der schaffende Künstler ja Vorrang vor dem reproduzierenden habe.
In Dresden kamen die Kinder Julie (1845-1872), Emil (1846-1847), Ludwig (1848-1899) und Ferdinand (1849-1891) zur Welt. In Düsseldorf, wo Robert Schumann 1850 die Stelle des Städtischen Musikdirektors antrat, folgten Eugenie (1851-1938) und Felix (1854-1879). 1854 wurde Robert Schumann nach einem Selbstmordversuch in eine Anstalt bei Bonn eingewiesen, wo er zwei Jahre später verstarb. Clara hatte 1854 ihre Konzerttätigkeit wieder aufgenommen, um den Unterhalt ihres Mannes in der Klinik und den der Kinder zu sichern.
Sehr wichtig waren Clara ihre Freundschaften, die sie im persönlichen Umgang und brieflich über Jahrzehnte pflegte. Aus der Leipziger Zeit gehörten dazu die Sängerin Livia Frege, geb. Gerhardt (1818-1891), die 1832 in einem Gewandhauskonzert von Clara ihr Debüt hatte, ebenso Emilie List (1818-1902) und die Sängerin Elise List (verh. Pacher von Theinburg; 1822-1893), beides Töchter des Nationalökonomen Friedrich List, sowie die Kaufmannsgattin Emma Preußer geb. von Gutschmid (1817-nach 1895). Eine lebenslange Freundin war auch die Sängerin, Pianistin und Komponistin Pauline Viardot-Garcia (1821-1910), die Clara 1838 ebenfalls in Leipzig kennen gelernt hatte. Die erblindete Düsseldorfer Kunstliebhaberin Rosalie Leser (um 1815-1896), eine Familienfreundin der Schumanns, nahm die schwangere Clara auf, als Robert in die Nervenheilanstalt kam. Enge Freunde beider Schumanns waren ebenso der Musiker Joseph Joachim (1830-1907), dessen Frau, die Sängerin Amalie Schneeweiß (1836-1899), und Johannes Brahms (1833-1897), der Schumanns Werk bewunderte und dessen Kompositionen wiederum von Robert Schumann empfohlen wurden. Brahms gehörte nach Schumanns Selbstmordversuch neben Joseph Joachim und Rosalie Leser zu den engsten Vertrauten Claras, besuchte den Komponisten in der Klinik und kümmerte sich bis 1856 um die Schumann-Kinder, wenn Clara auf Konzertreisen war. Die freundschaftliche Verbundenheit beider währte nach der Klärung des Verhältnisses bis 1896.
Clara Schumann hatte in dreizehn Jahren acht Kinder zur Welt gebracht. Die erstgeborene Tochter Marie übernahm frühzeitig die Rolle eines Kindermädchens für die jüngeren Geschwister, war die Vertraute der Mutter, ihre Begleiterin auf Reisen und Gehilfin beim Unterrichten der zahlreichen Klavierschülerinnen und -schüler. Schon als Kind hatte Clara Wieck ihren Geschwistern Klavierunterricht gegeben und das private Stundengeben immer fortgesetzt. Auch am von Mendelssohn 1843 begründeten Konservatorium für Musik in Leipzig unterrichtete sie bis zu ihrem Umzug nach Dresden einige Monate lang. An dieser ersten höheren musikalischen Bildungsstätte im deutschen Raum waren von Anbeginn auch Frauen als Schülerinnen zugelassen. 1851 schrieb sich hier als Nr. 347 Claras Halbschwester Marie Wieck für eine Ausbildung zur Musiklehrerin und im Pianoforte-Spiel ein. Ihre erste und einzige Festanstellung trat Clara Schumann 1878 an. Sie wurde zur "Ersten Klavierlehrerin" des neu gegründeten Hoch'schen Konservatoriums in Frankfurt am Main berufen, hatte zuvor aber Bedingungen ausgehandelt, die ihr auch weiterhin eine freie Konzerttätigkeit gestatteten. Im gleichen Jahr beging sie im Leipziger Gewandhaus in Erinnerung an ihren ersten Auftritt 1828 ihr 50-jähriges Künstlerjubiläum.
Als Nachlassverwalterin von Robert Schumann begann Clara 1881 mit der Herausgabe der Gesamtausgabe seiner Werke für den Musikverlag Breitkopf & Härtel. 1885 gab sie die Jugendbriefe Robert Schumanns heraus; 1886 folgten seine Klavierwerke. Clara Schumann überlebte Robert Schumann um vier Jahrzehnte; auch vier der Kinder starben vor ihr. Sie war bis 1891 als gefragte, anerkannte Konzertpianistin tätig, gab 1892 ihre Tätigkeit am Konservatorium auf und verstarb nach zwei Schlaganfällen mit fast 77 Jahren 1896 in Frankfurt am Main.
Werke
siehe auch: http://mugi.hfmt-hamburg.de/
- Kompositionen (Lieder, Kammermusik, ein Klavierkonzert); Robert Schumanns Werke, herausgegeben von Clara Schumann und anderen, Leipzig 1881-1893.
- Jugendbriefe von Robert Schumann. Nach den Originalen mitgeteilt, herausgegeben von Clara Schumann, Leipzig 1885.
- Robert Schumann, Klavierwerke. Erste mit Fingersatz und Vortragsbezeichnungen versehene instruktive Ausgabe, herausgegeben von Clara Schumann, Leipzig 1886.
Adressen in Leipzig
- 1819-1821: Eckhaus "Hohe Lilie" Preußergäßchen 48/ Neumarkt 28 (Geburtshaus)
- 1821-1825: Salzgäßchen, Haus 407 (nach damaliger Nummerierung)
- 1825-1835: Selliers Hof, Grimmaische Gasse 36 (Ecke Reichsstraße, heute Standort Handelshof)
- 1835-1839/1840: Nikolaistraße (29), Haus 555 (nach damaliger Nummerierung)
- 1840-1844: Inselstraße 5 (heute 18)
Erinnerung/ Gedenken/ Würdigung in Leipzig
- Clara-Wieck-Straße (seit 1920, 04347 Leipzig)
- Schumann-Haus (Inselstr. 18, 04103 Leipzig) als Erinnerungs-, Begegnungs- und Erlebnisstätte. Heute befinden sich im Gebäude die Freie Grundschule "Clara Schumann" mit musischer Orientierung, die Musikschule Clara Schumann und das Schumann-Museum. Der historische Wohnbereich der Schumanns mit dem Musiksalon wurde denkmalgerecht wiederhergestellt.
- Robert-und-Clara-Schumann-Verein e. V. seit 1995; http://www.schumann-verein.de
- Dauerausstellung im Schumann-Haus, unter anderem mit Clara-Schumann-Büste als Gipsabguss des bronzenen Originals von Christoph Friedrich Hausmann, 1896, aus dem Besitz von Edith Meadows (1872-1960), ihrer zuletzt lebenden Klavierschülerin; Konzerte, Lesungen und Gespräche im originalgetreu restaurierten Schumann-Saal; jährlich Schumann-Festwoche, die um den Hochzeitstag von Robert und Clara Schumann (12.9.) sowie den Geburtstag Clara Schumanns (13.9.) veranstaltet wird.
- Gedenktafel am Schumann-Haus (Inselstr. 18, 04103 Leipzig): "Hier wohnten 1840-1844 Clara und Robert Schumann."
- Gedenktafel für Clara Schumann (Handelshof, Grimmaische Straße/ Ecke Reichsstraße, 04109 Leipzig), initiiert vom Schumann-Verein Leipzig, gestiftet von Bodo Zeidler, Fachgeschäft für Meißner Porzellan im Alten Rathaus: "In 'Selliers Hof', dem Vorgängerbau, verbrachte Clara Schumann (1819-1896) einen Teil ihrer Kindheit. Zwischen 1825 und 1835 wohnte hier ihr Vater Friedrich Wieck und bei diesem 1830-1831 Robert Schumann."
- Sammel-Gedenktafel seit 2006 (Karstadt-Gebäude, Neumarkt, 04109 Leipzig), initiiert von Leipziger Ehren e. V., unter anderem für Clara Wieck (1819-1896): "Das Areal des Kaufhauses Karstadt/umfasst zahlreiche seit Jahrhunderten bebaute Grundstücke/Clara Wieck/Pianistin und spätere Ehefrau Robert Schumanns wurde am 13. Sept. 1819 im Eckhaus Hohe Lilie am Neumarkt geboren/..."
- Gedächtniskirche (Ossietzkystraße 39, 04347 Leipzig): Hier heirateten am 12.9.1840 Clara Wieck und Robert Schumann. Original erhalten sind zwei Hochzeitsstühle. Jährlich Konzert zum Hochzeitstag
- Gipsabguss der rechten Hand von Clara Schumann von 1875 in der Dauerausstellung des Stadtgeschichtlichen Museums, "Moderne Zeiten", im Alten Rathaus
Zum Weiterlesen/ Literatur/ Quellen
- Beatrix Borchard, Clara Schumann. Ihr Leben, Frankfurt am Main 1991.
- Eugenie Schumann, Claras Kinder. Mit einem Nachwort von Eva Weissweiler und Gedichten von Felix Schumann, Köln 1995.
- Hans Joachim Köhler, Sie hat Beruf zur Kunst, weil sie Empfindung hat, in: Frauen in Leipzig, Leipzig 1990.
- www.schumann-portal.de [Abruf 11.11.2013]
- http://www.sophie-drinker-institut.de/ [Abruf 11.11.2013]
- http://mugi.hfmt-hamburg.de/ [Abruf 11.11.2013]
Autorin: Gerlinde Kämmerer, 2013