Seeburg, Elisabeth (geborene Salomon) - Leipziger Frauenporträts
Bildnis Elisabeth Seeburg geborene Salomon, 1873 Ölmalerei, Theodor Grosse (1829 - 1891) © Museum der bildenden Künste Leipzig Bilder vergrößert anzeigen
Rubrik
- Kunst
- Musik
- Salonkultur
- Soziales
- Stiftungswesen
geboren/ gestorben
20. Dezember 1816 (Leipzig) - 18. September 1888 (Leipzig)
Zitat
"Sonntag ist Aufführung bei meiner Schwester [Elisabeth Seeburg], eine Bach'sche Cantate für Doppelchor, die Flucht nach Aegypten von [Max] Bruch & zwei Lieder für Frauenchor von [Carl] Reinecke."
(Brief Hedwig von Holsteins an Franziska von Hoffnaaß vom 22. März 1870)
Kurzporträt
Bei Elisabeth Seeburg probte der 1875 gegründete Bachverein und große private Musikaufführungen (Opern, Singspiele) fanden in ihrem Haus statt. 1877 stiftete sie ihr gesamtes Vermögen von mehr als 12.000 Goldmark dem Salomonstift.
Herkunftsfamilie
- Vater: Rudolf Julius Salomon (1779-1851), Stadtrat
- Mutter: Julie Augusta Sophia Salomon, geborene Heinrich
- Schwester: Hedwig von Holstein, geborene Salomon (1819-1897)
Biografie
Die Geschwister Hedwig Antonie Wilhelmine und Johanna Julia Elisabeth Salomon - später Hedwig von Holstein und Elisabeth Seeburg - spielten eine wichtige und noch wenig erforschte Rolle im Leipziger Musikleben. Als Kinder des protestantischen Stadtrats und Seidenhändlers Julius Salomon wuchsen beide in wohlhabenden Verhältnissen auf und erhielten eine gute musikalische Ausbildung mit Gesangsunterricht bei August Pohlenz (1790-1847) und Franz Hauser (1794-1870). Künstler wie Niels Wilhelm Gade (1817-1890) waren im Hause Salomon häufig zu Gast. Hedwig heiratete 1855 den Komponisten Franz von Holstein (1826-1878) und gründete nach dessen frühem Tod das Holstein-Stift, welches Stipendien und freie Unterkunft an Musikstudenten des Leipziger Konservatoriums vergab.
Elisabeth heiratete bereits mit siebzehn Jahren den Leipziger Stadtrat Dr. jur. Moritz Seeburg (1794-1851). Moritz Seeburg setzte sich während seiner Amtszeit (1831-1851) für verschiedene wohltätige Zwecke ein. Er unterstützte die Ratsfreischule für Kinder mittelloser Familien; die erste Kleingartenanlage in Leipzig (Johannistal) wurde von ihm mitgegründet. Vom Wirken Elisabeths sind nur einige Bruchstücke bekannt. Sie stand in Briefkontakt mit Clara Schumann, beherbergte Künstler wie Joseph Joachim (1831-1907) in ihrem Hause und die Leipziger Stadtbibliothek besitzt eine Liedkomposition von ihr.
Sie organisierte ein "Singkränzchen" unter der Leitung des deutschen Komponisten Selmar Bagge (1823-1896). Im Besitz der Musikakademie Basel befindet sich ein Klavierauszug von Franz Schuberts Singspiel "Die Verschworenen" D 787, in den Selmar Bagge Folgendes notierte: "Aufgeführt mit dem Dr. Seeburg'schen Singkränzchen im Saale der Frau Seeburg am 5. [korrigiert 19.] Februar 1865 unter meiner Leitung. Mitwirkende: Soli: Frau Dr. Seeburg, Frau Wigand(-Härtel), Herr A Wigand, Herr Treffz, Frl. [Similde?] Gerhard, Herr Portig. Chor (Sopran u. Alt außer den Obigen): Frl. [Helene] Hauptmann, Frl. Felie, Frl. v. Zahn, 3 Fr. Götz, 3 Frl. Wendler, Frau Dr. Zopff, Frau Dr. [Susette] Hauptmann, Frl. Marnzoll, Frl. Lallemand, Frl. Hering, Frl. Minzer, Frau Bagge. (Tenor u. Bass) außer den Obigen: Herr Cand. [Carl] Israel, Herr [Franz] Götz, Herr Härtel, Herr Riese, Herr Brunner, Herr Dr. [Adolph Emil] Wendler, Herr Richter, Herr Witte, Herr Dr. [Alfred] Schöne, Herr Hennsdorf, Herr [Andreas] Grabau, Herr Müller. Ouvertüre zu 4 Händen nach Motiven der Oper zusammengestellt von S. B. [i. e. Selmar Bagge]. Unter den Zuhörern befanden sich u. a.: Familie Brockhaus, Familie Dr. Härtel, Wendler, Dr. [Moritz] Hauptmann, Max Bruch, Papperitz, zusammen etwa 50 Personen." (Bibliothek der Musik-Akademie Basel, Standort Rara, Signatur MAB H 539).
Die mehr als 30 Mitwirkenden und rund 50 Zuhörer zeigen die Größe dieser privaten Singspielaufführung. Professionelle Musiker wie Franz Götz und Andreas Grabau wirkten mit und prominente Leipziger Familien wie die des Verlegers Heinrich Brockhaus, des Thomaskantors Moritz Hauptmanns und des Musikverlegers Dr. Hermann Härtel waren anwesend.
Ihr Schwager Franz von Holstein erwähnt in einem anderen Zusammenhang 1867 den von Bagge geleiteten Chor (Singkränzchen): "Elisabeth [Seeburg], die mir freundlichst ihren Saal zur Verfügung gestellt, reservierte sich vorsichtigerweise Freitag und Sonnabend (für den Fall, daß einen Tag Quartett sein könnte) für ihr Kränzchen, in welchem wieder unter Bagges Leitung eine doppelchörige Motette von Bach und ein schönes Stück von Grimm 'An die Musikʻ studiert werden." (Brief Franz von Holstein an Albert von Zahn vom 4. April 1867). Die Einstudierung einer doppelchörigen Motette ist in mehrfacher Hinsicht beachtlich. Zum einen ist die Pflege von Johann Sebastian Bachs Vokalmusik in einem privaten Haushalt bemerkenswert, andererseits verweist dies auf den Anspruch und die Qualität der geleisteten Chorarbeit.
Im Jahr 1870 berichtet Hedwig von Holstein von einer weiteren Aufführung: "Sonntag ist Aufführung bei meiner Schwester, eine Bach'sche Cantate für Doppelchor, die Flucht nach Aegypten von [Max] Bruch & zwei Lieder für Frauenchor von [Carl] Reinecke." (Brief von Hedwig von Holstein an Franziska von Hoffnaaß, 22. März 1870)
Am 1. April 1867 wird im Hause Seeburg die Uraufführung der Oper "Der Haideschacht" von Franz von Holstein wiederholt. Am 16. Februar 1867 hatte seine Frau Hedwig zu seinem Geburtstag eine Uraufführung ohne Publikum bei sich zuhause organisiert. Die Aufführung war ein solcher Erfolg unter den Beteiligten, dass man beschloss, die Oper vor einem größeren Publikum zu wiederholen und so erklang "Der Haideschacht" erneut im Hause Seeburg mit Livia Frege in der Hauptrolle der Helge und insgesamt 43 Mitwirkenden vor 130 Zuhörern. Ihre großzügigen Räumlichkeiten in der Querstraße 4 stellte Elisabeth Seeburg ebenso für viele andere Musikaufführungen und Proben zur Verfügung. Auch der 1875 in Leipzig gegründete Bachverein probte hier.
Neben dem musikalischen Engagement sind auch die Stiftungen der Familien Salomon, Seeburg und von Holstein erwähnenswert. 1876 hinterließ die Mutter eine Stiftung für Arme (Salomonstift in Reudnitz, Eilenburger Straße 22), die Elisabeth Seeburg und Hedwig von Holstein durch weitere Stiftungen vergrößerten. So stiftete Elisabeth Seeburg dem Salomonstift in ihrem Testament vom 5. Juni 1877 ihr gesamtes Vermögen von mehr als 12.000 Goldmark. Schließlich umfasste das Salomonstift als große Wohnanlage über 150 Mietparteien für Familien und alleinstehende Frauen, eine Dienstbotenschule und eine Kinderbewahranstalt.
Werke
- Liedkomposition "Die Einsame", im Besitz der Stadtbibliothek Leipzig (PM 7856)
Adressen in Leipzig
- nachweisbar in Adressbüchern 1846 bis um 1861: Querstraße 1
- ab 1861: Querstraße 35
Erinnerung/ Gedenken/ Würdigung in Leipzig
- Mehrere Gemälde aus ihrem Besitz befinden sich im Museum der bildenden Künste Leipzig.
- Salomonstift (Eilenburger Straße 22): Die Häuser tragen die Namen der Stifterin Julie Salomon und ihres Mannes Julius, sowie die Namen der beiden Töchter und Mitstifterinnen Hedwig von Holstein und Elisabeth Seeburg.
Zum Weiterlesen/ Literatur/ Quellen
- Beer, R.: Der Bachverein zu Leipzig, Leipzig 1900.
- Geffcken, Heinrich; Tykocinski, Chaim: Stiftungsbuch der Stadt Leipzig. Leipzig 1905.
- Püttlingen, Helene Vesque von: Eine Glückliche. Hedwig von Holstein in ihren Briefen und Tagebuchblättern, 5. Auflage, Leipzig 1922.
Autorin: Mirjam Gerber, 2015