Trier, Rahel Amalia Augusta (geborene Beyer) - Leipziger Frauenporträts
Johann Friedrich Schröter: Bildnis der Rahel Amalie Auguste Trier, Stifterin des Trierschen Gartens und Instituts um 1800, Öl auf Leinwand. © Universität Leipzig, Kustodie, Aufnahme: Marion Wenzel Bilder vergrößert anzeigen
Rubrik
- Stiftungswesen
geboren/ gestorben
20. November 1731 (Leipzig) - 6. März 1806 (Leipzig)
Zitat
"Das ganze Institut soll zum Andenken der Familie der Stifterin den Namen Triersches Institut führen."
(Universitätsarchiv Leipzig, Akte Rep. 02/01/B/03)
Kurzporträt
Rahel Amalia Augusta Trier begründete 1806 mit ihrer testamentarisch verfügten Stiftung einer "Entbindungsschule" die Universitätsfrauenklinik Leipzig.
Herkunftsfamilie
- Vater: Dr. August Beyer (Beamter am Dresdner Hof)
Biografie
Das bürgerliche Leipzig des ausgehenden 18. Jahrhunderts wurde von Kaufleuten, Handwerkern, Akademikern und Beamten geprägt. Frauen finden in der städtischen Öffentlichkeit nur an der Seite ihres Mannes oder als Witwe eine gesellschaftliche Rolle, ihre bürgerliche Funktion weist ihnen eine Beschränkung auf den familiären Bereich zu. Überlieferte historische Quellen nennen Frauen nur selten: als Kindsmutter, als geschäftstüchtige Ehefrau oder als Witwe, gelegentlich auch als Stifterin. Das Leben der Rahel Amalia Augusta Trier lässt sich so fast nur aus beiläufigen Bemerkungen und aus ihrem Vermächtnis als Stifterin rekonstruieren.
Karl Friedrich Trier (geboren am 11. August 1726 in Dresden, gestorben am 29. September 1794 in Leipzig) wird als Sohn eines höheren nichtadligen Beamten in Dresden geboren und wächst im Umfeld des Hofes auf. Der Vater, studierter Jurist und als Hof-, Justiz- und Bergrat in sächsischen Diensten, lässt seinen Sohn in Leipzig Jura und Mathematik studieren. Nach der 1750 erfolgten juristischen Promotion in Wittenberg, einer durchaus kostspieligen Angelegenheit, zieht Karl Trier nach Leipzig und tritt in den städtischen Dienst. Dabei kann er auf die Protektion eines Verwandten zählen. Denn im Leipziger Rat sitzt ein Onkel, der einflussreiche Hofrat Karl Friedrich Trier (1690-1763), in dessen Haus am Neumarkt der junge Trier auch seit 1753 wohnt.
Noch während seiner Leipziger Studienzeit hat er wohl die Tochter seines Onkels, Karoline Friederike Trier (1725-1771) näher kennen gelernt, die er am 20. Oktober 1750 heiratet. Nach dem Tode ihres Vaters wird Karoline Friederike als Wohltäterin aktenkundig. Einige Vermögenswerte aus dessen Erbe stiftet sie an die Thomasschule und an das Almosenamt der Stadt.
Das Ehepaar bleibt kinderlos; das Triersche Haus entwickelt sich dafür zu einem Zentrum des geistigen Lebens in Leipzig. Trier ist in Leipzig für seinen weiten Horizont bekannt und verfügt über sehr gute Beziehungen: Er ist Logenbruder bei Minerva, Mitglied der ökonomischen Gesellschaft, sein Naturalienkabinett findet bei den Universitätsprofessoren regen Zuspruch, schließlich wird er 1768 Mitglied der Gelehrtengesellschaft Leopoldina. Sein Gartengrundstück vor dem Peterstor wird 1769 das erste Mal als lokale Sehenswürdigkeit erwähnt.
Das Ehepaar hatte bereits zu jener Zeit eine besonders enge Verbindung zu einer anderen Bürgerstochter. Die jüngere Freundin der Ehefrau heißt Rahel Amalia Augusta Beyer und wohnt in Dresden. An die besondere Beziehung der drei erinnert noch heute das Triersche Freundschaftsdenkmal, das sich einst im Garten der Familie und später auf dem Gelände der Frauenklinik befand.
Schon vor dem Ablauf des Trauerjahres (Karoline Friederike Trier stirbt im Februar 1771 in Leipzig) heiratet Trier wiederum in St. Nikolai. Am 15. Januar 1772 wird seine zweite Ehe mit der am 20. November 1731 geborenen Rahel Amalia Augusta Beyer geschlossen. Der Vater von Rahel ist ebenfalls Jurist und zählt zu den höheren Hofbeamten in Dresden. Über den Einfluss von Rahel auf den Ehemann und über ihr Leben geben die historischen Quellen kaum etwas preis. Offenbar bleibt auch die zweite Ehe kinderlos, denn weder in den Taufbüchern von Stankt Nikolai noch von Sankt Thomas gibt es Vermerke über eine Kindstaufe des Doktor Trier.
Über die positiven Wirkungen der Trierschen Stiftung gibt es hingegen viel in der Literatur zu lesen. Das oben erwähnte große Gartengrundstück und Kuxen (Anteilscheine an Bergwerken) bildeten zusammen eine sehr ergiebige Hinterlassenschaft zu Gunsten der Universität. Auf wessen Initiative der noch zu Lebzeiten aufgesetzte letzte Wille zur Beförderung der Frauenheilkunde zurückgeht, bleibt unbekannt. Gewiss hat jedoch der Leipziger Mediziner Johann Carl Gehler (1732-1796) das Ehepaar in dieser Hinsicht positiv bestärkt. Nach dem Tode von Rahel Amalia Augusta am 6. März 1806 in Leipzig hinterlässt sie ihr Vermögen tatsächlich zur Verbesserung und Professionalisierung der Geburtsmedizin. Im Testament bestimmt sie über die Gründung einer Hebammenschule: "Darin sollen fähige, von den Obrigkeiten ausgesuchte Weiber aus den benachbarten Kreisen, vornehmlich aber aus dem Leipziger und dem Thüringer Kreise, in allen für die Geburtshilfe, Besorgung der Wöchnerinnen und der Kinder nötigen Kenntnissen unentgeltlichen Unterricht erhalten, ebenso die in Leipzig studierenden jungen Ärzte, die in der Zukunft die Geburtshilfe ausüben wollen. Das ganze Institut soll zum Andenken der Familie der Stifterin den Namen Triersches Institut führen."
1810 wurde das Triersche Institut eröffnet und bald um eine Entbindungsanstalt mit sechs Betten erweitert. Da das feuchte Gelände mit zwei großen Teichen auf dem Gelände des heutigen Bundesverwaltungsgerichts sich nicht besonders für medizinische Heilzwecke eignete, wurde das Triersche Institut mehrfach verlegt und stetig vergrößert. Noch heute ist das Triersche Institut vielen Leipziger/-innen ein bekanntes Synonym für die Universitätsfrauenklinik.
Werke
- Stiftung des "Trierschen Instituts" als Vorläufer der heutigen Universitätsfrauenklinik Leipzig
Adressen in Leipzig
- Triersches Haus am neuen Neumarkt
Erinnerung/ Gedenken/ Würdigung in Leipzig
- Porträt-Gemälde (siehe oben) in der Universitätskunstsammlung, Kustodie
- Nebenbezeichnung der Universitätsfrauenklinik als Triersches Institut
- Freundschaftsdenkmal, Philipp-Rosenthal-Straße (hinter dem Gebäude, in dem bis 2007 die Universitätsfrauenklinik untergebracht war) mit der Inschrift: "Liebe zwei und zwei/ Freundschaft alle drei"
- Grabplatte auf dem Alten Johannisfriedhof
Zum Weiterlesen/ Literatur/ Quellen
- Hildebrandt, Irma: Provokationen zum Tee. 18 Leipziger Frauenporträts, München 1998.
- Universitätsklinikum Leipzig: 200 Jahre Universitätsfrauenklinik Leipzig, Leipzig 2010.
- Leipziger Adreß-, Post- und Reise-Kalender 1753, 1769, 1772.
- Leipziger gelehrtes Tagebuch 1794 (Nachruf Karl Friedrich Trier).
Autor: Dr. Jens Blecher, 2016