von Crayen, Susanne Henriette (geborene Leveaux) - Leipziger Frauenporträts
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Rubrik
- Literatur
- Salonkultur
geboren/ gestorben
2. November 1755 (Berlin) - 26. Februar 1832 (Berlin)
Zitat
"Halten Sie für Ihre Freunde stets drei Dinge offen, die Geldbörse, das Herz und das Gesicht."
Leipzig, den 4. August 1778. Henriette Crayen neé Leveaux
(eigenhändige französische Inschrift auf einem Stammbuchblatt mit Silhouette)
Kurzporträt
Henriette von Crayen betrieb den wohl bedeutendsten Salon in Leipzig Ende des 18. Jahrhunderts; Herzog Karl August von Sachsen-Weimar, Goethe sowie die Fürsten Pückler und de Ligne verkehrten bei ihr. Fontane setzte ihr später ein literarisches Denkmal.
Herkunftsfamilie
- väterliche Großeltern: Charles Le Veaux (1677-1717) in Halle und Elisabeth Hoffmann
- mütterliche Großeltern: Fréderic Choudens de Gremaz und Marthe Hian
- Vater: Charles Leveaux (Carl de Laveaux) (1717 Halle-1794 Berlin), Bankier
- Mutter: Elisabeth Choudens de Gremaz (1720 Berlin-1795 Berlin)
- Schwester: Sophie Leveaux (*1744)
- Bruder: Jean Antoine Leveaux, Kaufmann in Berlin
- Großnichten: Caroline Mayer, Ehefrau von Jean Paul, und Wilhelmine (Minna) Spazier, geborene Mayer
Biografie
Susanne Henriette Leveaux entstammte der französischen Kolonie in Berlin. Sie galt als gefeierte Schönheit, in ihrer Jugend machte ihr sogar der preußische König Friedrich Wilhelm II. den Hof. 1777 heiratete sie in Berlin den Bankier und preußischen Konsul Auguste Guillaume (August Wilhelm) Crayen (1750-1803), der 1788 durch König Friedrich Wilhelm II. geadelt wurde. Die Familien der Ehegatten waren schon früher durch Heirat verwandtschaftlich verbunden gewesen.
Seit der Hochzeit lebte sie in Leipzig. Sie führte ein großes Haus. Durch die Tätigkeit ihres Mannes hatte das Paar viele Gäste. Sie selbst zog durch Geist, Witz und Schönheit viele Besucher an. Achim von Arnims Bruder, Carl Ludwig Otto von Arnim, schilderte voller Bewunderung das gastfreundliche Haus des Kammerrates von Crayen in Leipzig, "das seinen hauptsächlichsten Anziehungspunkt der schönen und geistreichen Frau desselben zu verdanken hatte [...]": "Frau von Crayen war gewiß eine Frau des Salons, wie es wohl wenige gegeben, so daß, nachdem alle Reize der Jugend und Schönheit sie längst geflohen hatten, und unverschuldetes Unglück aller Art ihr nicht mehr erlaubte, wie früher der Liebe zur Geistfreiheit Raum zu geben, sie dennoch immer die jungen Leute um sich zu versammeln wußte und durch ihre angeregte Unterhaltung, [...] sich ein junges Deutschland schuf, das sie hoch verehrte." (in: Flüchtige Bemerkungen, Seiten 16-17).
Henriette gehörte zu den bekanntesten deutschen Salonnièren ihrer Zeit. Aufgrund ihrer hugenottischen Herkunft sprach sie besser Französisch als Deutsch. In einer Zeit, in der noch streng auf Rangunterschiede geachtet wurde, brachte sie aufgrund ihres egalitären Denkens die verschiedensten Persönlichkeiten zusammen. Zu den bekanntesten Besuchern während ihrer Leipziger Zeit, die kurz nach dem Tod ihres Ehemannes endete, zählten: Johann Wolfgang von Goethe, Herzog Karl August von Sachsen-Weimar, Fürst Hermann von Pückler-Muskau, der Fürst de Ligne und andere.
Trotz ihres scheinbar glanzvollen Daseins war sie mit ihrem Leben offenbar unzufrieden, wie eine Anekdote von Varnhagen von Ense berichtete. "Der Capellmeister Reichardt führte einst in Leipzig die schöne Frau von Crayen aus einer Gesellschaft nach Hause, und sie sprach mit dem alten Bekannten sehr vertraulich. Sie stellte ihm vor, was ihr in der Jugend für glänzende Aussichten eröffnet waren, welche vornehme Heirathen, und schloß dann: 'Was ist aus allen meinen Schwärmereien geworden, lieber Reichardt, aus so glänzenden Hoffnungen? Nichts - als Crayen und Compagnie!' So hieß die Handelsfirma ihres Mannes."
August Varnhagen von Ense, Ehegatte der berühmten Rahel Levin, nannte sie später noch eine der "witzigsten und unterhaltendsten Frauen", ein "jung gebliebenes Stück Rokoko". "Sie hatte noch alle jugendliche Lebhaftigkeit des Geistes und das thätige Gedächtniß, welches ihrer Erzählungsgabe und ihrem Witz unerschöpfliche Stoffe und Bezüge lieh [...] Sie stand in [...] Briefwechsel mit den geistreichen Herzögen von Gotha und Weimar und mit dem auch im hohen Alter noch lebensfrohen Fürsten von Ligne." Sie war eine typische Vertreterin des galanten Zeitalters.
Nach dem Tod ihres Mannes verkaufte sie 1804 dessen umfangreiche Kunstsammlungen, die unter anderem sämtliche Kupferstiche von Johann Friedrich Bause enthielt sowie Werke von Angelika Kaufmann und Johann Georg Wille. Ihr Ehemann war auch Mitbegründer und bis 1787 Mitglied der Leipziger Konzertdirektion gewesen.
1805 zog sie mit ihrer Tochter Victoire (*1786), nach Berlin und eröffnete dort einen neuen Salon, in dem auch der preußische Prinz Louis Ferdinand mit ihrer Nichte Pauline Wiesel zusammenkam. Leider verlor sie ihre Söhne Henri Philippe (*1781), Charles Auguste Alexandre (*1783) und Charles Marc Auguste (*1785), die in der Armee des Weimarer Herzogs Karl August dienten, in den Befreiungskriegen. Bis 1945 hing ein Porträt von ihr, das Anton Graff gemalt hatte, im Weimarer Schloss.
Theodor Fontane setzte ihr in seinem Roman "Schach von Wuthenow" (1883) mit der Figur der Josephine von Carayon ein literarisches Denkmal. Den Stoff dazu hatte er von Mathilde von Rohr erhalten. Im 20. Jahrhundert spielte Henriette von Crayen noch einmal eine Rolle in dem historischen Roman von Alessandro Barbero "Das schöne Leben des Edelmannes Robert Pyle" (1997). In Leipzig war sie mit ihrem Salon Vorbild für die Unternehmergattin und ehemalige Sängerin Auguste Harkort, geborene Anders (1794-1857) und später wohl auch für Bührnheims literarischen Salon.
Adressen in Leipzig
- ab 1777: Katharinenstraße 22 (Haus des Bankiers und Kunstsammlers Gottfried Winckler)
- 1802-1803: im Palais "Kurprinz" am späteren Roßplatz 8
- 1798-1805: Sommersitz im Herrenhaus Imnitz (heute Ortsteil von Zwenkau)
Erinnerung/ Gedenken/ Würdigung in Leipzig
- Bührnheims Literatursalon am 22.10.2009
Zum Weiterlesen/ Literatur/ Quellen
- Arnim, Carl Otto Ludwig von: Flüchtige Bemerkungen eines Flüchtig-Reisenden. Dritter Theil: Reise nach Neapel..., Erster Theil. Leipzig 1845, Seiten 16-17.
- Assing, Ludmilla: Das Grab von Meulan. In: Die Gartenlaube. H. 28, 1871, Seite 480.
- Berckenhagen, Ekhart: Anton Graff. Leben und Werk. Berlin 1967.
- Barbero, Alessandro: Das schöne Leben des Edelmannes Robert Pyle und die Kriege der anderen: Roman. Frankfurt am Main 1997.
- Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig 1883
- Guenther, Walter P.: Preußischer Gehorsam. Theodor Fontanes Novelle "Schach von Wuthenow". München 1981.
- Kühn, Joachim: Die schöne Frau Crayen und die Ihren. In: Der Bär von Berlin. 12 (1971), Seiten 81-109. Über die Leipziger Zeit Seiten 91-93.
- Ignaz Graf Potocki und Abbé Piatoli: Briefe an Frau von Crayen. In: Dorow: Wilhelm von: Denkschriften und Briefe zur Charakteristik der Welt und Literatur. Berlin 1838.
- Eduard Berend: Die historische Grundlage von Theodor Fontanes Erzählung "Schach von Wuthenow". In: Deutsche Rundschau 200 (1924), Seiten 168-182.
- Midell, Katharina: Zur Rolle von Minderheiten in der sächsischen Aufklärung. In: Sächsische Aufklärung. Herausgegeben von Anneliese Klingenberg und anderen, Leipzig 2001.
- Papke, Bianca: Bührnheims Literatur-Salon und andere. Leipzig 2008.
- Wilhelmy-Dollinger, Petra: Berliner Salons. Berlin 2008.
Autorin: Sabine Knopf, 2017