von Haugwitz, Cecilia (auch Haubitz) - Leipziger Frauenporträts
Rubrik
- Religion
- Stiftungswesen
geboren/ gestorben
circa 1509/10 (Kleeberg, heute Markkleeberg) - Ende Oktober 1571
Zitat
"Ich Cecilia vonn Haubitz [Haugwitz], eptischenn zcu Sant Georgenn vor Leipzigk, [...] thue kunth [...]: Nachdem ich dem closter [...] etzliche jhare [...] vorgestandenn [...], [...] bekenne ich das ich [...] freiwilligk mich der administrationn vnnd vorwaltunge diß closters vnnd seines zcugehorigen gutter begeben habe."
(siehe Quellen unten)
Kurzporträt
Cecilia von Haugwitz, die letzte Leipziger Äbtissin, gab kurz nach Einführung der Reformation ihr Amt auf und war die erste freiwillig die evangelische Religion annehmende, aus dem Kloster austretende Nonne in Leipzig.
Herkunftsfamilie
- Vater: Georg von Haugwitz (1458-1528)
- Mutter: Christine Pflug (gestorben nach 1491)
- Geschwister:
- Peter von Haugwitz zu Kleeberg (nach 1491-1537)
- Tietz von Haugwitz zu Mölbis (um 1498-1545)
- Brigitta von Haugwitz (belegt 1538-1543)
- Agnis von Haugwitz (belegt 1540-1566)
- Elisabeth, verheiratete von Einsiedel auf Gnandstein (belegt 1517-1565)
- Margarethe, verheiratete von Schönberg auf Sachsenburg (belegt 1518-1543)
- Sarah, verheiratete von Starschedel zu Mutzschen (Lebensdaten unbekannt)
- Sophia, verheiratete von Miltitz zu Scharffenberg (Lebensdaten unbekannt)
Biografie
Cecilia von Haugwitz war eine der wenigen Nonnen des Leipziger Benediktinerinnenklosters St. Georg, deren Lebensdaten rekonstruierbar sind. Ihre Biographie verdeutlicht den enormen Einschnitt, den die Einführung der Reformation für ehemalige Klosterfrauen bedeutete. Um 1512/13 kam sie im Alter von drei Jahren in das Nonnenkloster, wo sie in der Klosterschule eine Grundausbildung in Schreiben, Lesen, Latein, Rechnen, liturgischem Gesang und textilem Handwerk erhielt. Als Konventualin, die ihre Gelübde vollumfänglich abgelegt hatte, war ihr Leben geprägt durch täglichen Chor-, Gebets- und Memoriadienst in der Klosterkirche.
Nach der Amtsaufgabe der Äbtissin Margareta Pflug wurde Cecilia 1537 mit 28 Jahren zur Äbtissin erwählt. Von der Hand Cecilias stammt ein beträchtlicher Teil der noch überlieferten Schriftquellen zur Verwaltung und Gerichtsbarkeit des Nonnenklosters. Die Äbtissin stand an der Spitze der Organisation des Klosters, seiner Güter und Rechte. Sie hatte die Aufsicht über die Nonnen und deren religiöse Verpflichtungen. Innerhalb des Rechts- und Besitzbereichs des Nonnenklosters saß sie dem klösterlichen Erbgericht vor, regelte Vormundschaften, Lehnsübertragungen, Erbschaftsstreitigkeiten oder Güterverkäufe und führte darüber das klösterliche Gerichtsbuch. Als juristische Vertretung des Klosters nach außen setzte die Äbtissin einen Klosterpropst ein, welcher ihr unterstand, in enger Abstimmung mit ihr handelte und die Dienstleute in der Klosterwirtschaft beaufsichtigte. Ihre herausgehobene Stellung ermöglichte es ihr, die sonst strikt geltende Klausur zeitweise verlassen und Gäste in einem eigenen Gebäude mit Gästehaus empfangen zu können, persönliche Bedienstete zu haben und getrennt von den anderen Nonnen zu speisen.
Jedoch schon im zweiten Jahr ihrer Amtszeit, 1538, beschwerte sich Cecilia von Haugwitz persönlich in Merseburg beim zuständigen Bischof über die Klostergemeinschaft und die schlechte wirtschaftliche Lage und bat um Enthebung vom Amt, welche ihr verwehrt wurde. Die anderen Klosterfrauen und das Klostergesinde würden ihr gegenüber nicht den entsprechenden Respekt und Gehorsam zeigen und schon seit Jahren verweigerten einige Familien der Nonnen die zuvor zugesagten Einkünfte. Hierbei zeigten sich spürbar krisenhafte Einflüsse durch die in den angrenzenden ernestinischen Gebieten schon durchgesetzte Reformation. Zudem schienen Äbtissinnenamt und Nonnenleben Cecilia eher nicht zuzusagen. Daher bat sie nach Einführung der Reformation in Leipzig 1539 die mit Klostervisitation und -auflösung beauftragten landesherrlichen Bevollmächtigten um baldmögliche Amtsenthebung. Cecilia begründete ihren frühen Entschluss zum Klosteraustritt mit ihrem unfreiwilligen, viel zu jungen Eintritt, dem Ungehorsam ihrer Untergebenen und dem nicht mehr aufhaltbaren wirtschaftlichen Niedergang des Georgenklosters.
Während sich der Großteil der dann noch 39 Leipziger Nonnen aufgrund der ungeklärten wirtschaftlichen Situation gegen den Klosteraustritt sträubte und sehr zögerlich die neue Religion annahm, verließen Cecilia und ihre beiden Schwestern Brigitta und Agnis schon Anfang 1541 das Kloster und erhielten dafür eine Abfindung von insgesamt 600 Gulden ausbezahlt. Diese Geldsumme lag weit über dem Durchschnitt der Abfindungen an ausgetretene Klosterpersonen und geht auf den großen Einfluss ihrer Angehörigen im Land zurück.
Erst 1543 traten die bis dahin verbliebenen 28 Nonnen unfreiwillig aus dem Kloster aus und erhielten fortan Pensionen von ca. 10-30 Gulden im Jahr. Das weitere Schicksal der meisten von ihnen ist unbekannt. Das Georgenkloster mit seinen Gütern war dann bereits an den Leipziger Stadtrat verkauft, der Klostergebäude und -kirche kurz darauf für den Stadtbefestigungsausbau einschließlich der Grundmauern komplett abreißen ließ. Cecilia und ihre Schwestern wurden von ihrem Bruder Tietz aufgenommen, der die Vormundschaft über sie ausübte. Nach dessen Tod 1545 waren sie gezwungen, den laufenden Unterhalt von ihren Verwandten zu erstreiten. Die Vormundschaft übernahm ihr Schwager Heinrich Hildebrand von Einsiedel der Ältere (1497-1557). Cecilia führte mit diesem regen Schriftwechsel und verantwortete belegbar bis mindestens 1566 mit ihrer Schwester Agnis Organisation und Haushaltung eines Teils der Familiengüter, wobei sie auf ihre Verwaltungserfahrung aus Klosterzeiten zurückgreifen konnte. Beide Schwestern blieben unverheiratet, lebten bis zu ihrem Lebensende auf dem Rittergut Kleeberg (heute Markkleeberg) und taten sich als fromme Stifterinnen für die örtliche evangelische Pfarrkirche und Schule hervor.
Da nach ihrem Austritt das Leipziger Nonnenkloster unter landesherrliche Verwaltung kam und zunächst ein weltlicher Verwalter, dann die Priorin Magdalena von Erdmannsdorf die Klostergeschäfte regelte, war Cecilia von Haugwitz die letzte Leipziger Äbtissin. Aufgrund ihrer adligen Herkunft, ihrer Klosterausbildung und ihrer verantwortungsvollen Tätigkeit als Rechtspflegerin und Verwalterin großer Haushalte und Besitzungen während und lange nach ihrer Klosterzeit war ihre gesellschaftliche Position herausgehobener und ihr Aktivitätsfeld deutlich größer als das anderer zeitgenössischer Frauen. Ihre Biographie stellt damit gleichsam eine große Ausnahme und den Verweis auf die dennoch vorhandenen Optionen für ein spätmittelalterliches Frauenleben dar.
Adressen in Leipzig
- Nonnenkloster St. Georg - gelegen in der Petersvorstadt, südwestlich vor dem Peterstor
Zum Weiterlesen/ Literatur/ Quellen
- Gornig, A. J.: Das Nonnenkloster St. Georg vor Leipzig - ein Beitrag zur spätmittelalterlichen Kirchen- und Stadtgeschichte, ms. Dissertation Universität Leipzig 2015.
- Haugwitz, Eberhard von: Die Geschichte der Familie von Haugwitz, Band 1 Darstellung, Leipzig 1910).
- Codex Diplomaticus Saxoniae Regiae, Hauptteil II: Urkundenbuch der Stadt Leipzig, Band 3, herausgegeben von Joseph Förstemann, Leipzig 1894.
- Ausführliches Zitat von oben, aus: Sächsisches Hauptsstaatsarchiv Dresden, Geh. Rat 10024 Loc. 10531/13 Leipziger Händel 1541 Januar, Bl. 199r.:
"Ich Cecilia vonn Haubitz [Haugwitz], eptischenn zcu Sant Georgenn vor Leipzigk, vor mich meiner erbnemen thue kunth allermennigklich in krafft ditz brieffs: Nachdem ich dem closter zcu Sant Georgen etzliche jhare bis anhere als ein eptischenn vorgestandenn vnnd aber aus christlichen bedenckenn vnd vilen bewegklichenn vrsachen mir vngelegen forderin solcher vorwaltunge vnnd closter zcubleibenn, wie mirs dan auch iziger zceit, von wegen des vngehorsams des gesindes vnnd vnrichtikeit der haußhaldunge inn diesenn leufften lenger an mergklichenn schadenn vnnd nachteill des gestiffte zcugehoriger guter zcuerhaltenn vnnmuglich. [...] Demnach bekenne ich das ich ann alle bedrangkniß, freiwilligk mich der administrationn vnnd vorwaltunge diß closters vnnd seines zcugehorigen gutter begeben habe."
Übertragen in modernes Deutsch: "Ich Cecilia von Haugwitz, Äbtissin zu Sankt Georg vor Leipzig, bekenne, dass nachdem ich dem Kloster Sankt Georg etliche Jahre bis heute als eine Äbtissin vorgestanden habe mir nun aus christlichen Bedenken und weiteren emotionalen Ursachen nicht mehr weiterhin möglich erscheint, das Kloster zu führen und dort drin zu bleiben. Zudem erscheint mir unmöglich, aufgrund des Ungehorsams des Gesindes und unfähiger Haushaltung in diesen schweren Zeiten weiteren Schaden und Nachteil vom Kloster und seiner Güter fernzuhalten. [...] Daher bekenne ich, dass ich mich ohne äußere Bedrängnis freiwillig aus Administration und Verwaltung dieses Klosters und seiner Güter begeben habe."
Autorin: Dr. des. Antje J. Gornig, 2017