Zeigner, Annemarie - Leipziger Frauenporträts
- © Stadtarchiv Leipzig, Bildarchiv BA 1989/28416 Bilder vergrößert anzeigen
Rubrik
- Frauenbewegung
- Politik
- Zivilcourage
geboren/ gestorben
20. August 1894 (Leipzig) - 11. Februar 1982 (Leipzig)
Zitat
"[...] unzerstörbar ist das Leben, unzerstörbar unser Herz."
(Brief Annemarie Zeigners vom 29.04.1947 an ihre Jugendfreundin Charlotte. Stadtarchiv Leipzig, Nachlass Annemarie Zeigner Nummer 134)
Kurzporträt
Annemarie Zeigner, geborene Le Mang, unterstützte ihren Mann, den Politiker Erich Zeigner, die Verfolgungen und Verhaftungen während der Zeit des Nationalsozialismus zu überstehen und bewahrte nach 1949 sein ideelles und materielles Vermächtnis.
Herkunftsfamilie
- Vater: Georg Le Mang (1854 Penig - 1935 Leipzig), Volksschullehrer
- Mutter: Gisela, geborene King (1868 Albany/USA - 1941 Leipzig)
- zwei Brüder und zwei Schwestern
Biografie
Annemarie Franziska Le Mang wuchs in einem musischen und politisch interessierten Klima auf. Die Familie Le Mang war nicht vermögend, gehörte aber zum Bildungsbürgertum. Nach dem Besuch der anerkannten I. Höheren Mädchenschule am Schletterplatz in Leipzig wurde Annemarie an der Handelsschule Rackow & Schmidt als Stenotypistin ausgebildet. 1925 legte sie die Geschäftsstenographenprüfung bei der Handelskammer Leipzig ab. Sie übte ihren Beruf in bekannten Leipziger Firmen aus, unter anderem in der Siemens-Schuckertwerke AG Leipzig und im Autohaus am Johannisplatz Fritz Opel & Co.
Annemarie Le Mang trat 1920 in die SPD und 1923 in den Bund der Freidenker ein. Sie war Mitglied in der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit, Deutscher Zweig. Deren Leipziger Ortsgruppe organisierte einen Jugendaustausch mit Frankreich. Als Schriftführerin arbeitete sie im Weltbund der Mütter und Erzieherinnen. Wie sie später betonte, sei sie aber erst durch ihren Mann Erich Zeigner - Jurist, SPD-Politiker, von 1945 bis 1949 Leipziger Oberbürgermeister - eine "politische Frau" geworden.
Wie Fotos belegen und Zeitgenossen bestätigen, war Annemarie Le Mang eine attraktive Frau. Erich Zeigners erste Ehe war an den Belastungen des Prozesses 1924 und der Gefängnisstrafe zerbrochen, sie wurde im Mai 1926 geschieden. Eine "zufällige Begegnung im September 1926" hatte Erich Zeigner und Annemarie Le Mang zusammengeführt. Annemarie wurde in Worten Erich Zeigners "Wegbegleiter in jedes Land". 1931 fand die standesamtliche Eheschließung statt. Vor allem in den Jahren 1933 bis 1945 bewährte sich die Partnerschaft unter den Bedingungen jahrelanger erzwungener Arbeitslosigkeit und der Verfolgungen Erich Zeigners durch das Naziregime. Über ihr Verhältnis geben Briefe Annemarie Zeigners beredte Auskunft. Sie schreibt 1947 an eine Jugendfreundin: "Mit meinem Mann verbindet mich alles, was Menschen überhaupt verbinden kann [...] Wir haben viele schwere Jahre zusammen verlebt und die haben uns vielleicht noch fester aneinander gekettet. Ich arbeite viel für meinen Mann, begleite ihn fast auf allen seinen Dienstfahrten und versuche, ihm Behagen und Ruhe in das unruhvolle Leben zu bringen." In der Ehe Zeigner herrschte eine geistig rege und musische Atmosphäre. Bücher und Musik waren nicht nur gemeinsame Interessen, sondern auch Ausdruck einer Lebensauffassung.
1945 war Annemarie Zeigner wieder in die SPD eingetreten und wurde 1946 Mitglied der SED. Sie arbeitete praktisch als (Privat-)Sekretärin ihres Mannes, zunächst ohne Entgelt. Da aus rechtlichen Gründen das Arbeitsverhältnis legalisiert und bezahlt werden musste, spendete sie ihr bescheidenes Gehalt einem Kinderheim in Großdeuben. Das Ehepaar Zeigner hatte außerdem Patenschaften für Kinder dieses Heimes sowie für zwei Schülerinnen des nahe gelegenen Max-Klinger-Gymnasiums übernommen.
Nach dem frühen Tode Erich Zeigners 1949 sah Annemarie Zeigner ihre Hauptaufgabe darin, das materielle und ideelle Vermächtnis ihres Mannes zu bewahren und das Andenken an ihn wachzuhalten. Unermüdlich und unerschrocken ging sie bei staatlichen und SED-Leitungen gegen Fehldeutungen und Missachtung der historischen Rolle Erich Zeigners vor. Ihr vom Direktor des Stadtarchivs Leipzig Dr. Manfred Unger angeregter Versuch, ihrem Mann mit einer biographischen Skizze ein literarisches Denkmal zu setzen, gelangte nicht zum Druck.
In den 1950er und 1960er Jahren übte Annemarie Zeigner kleinere gesellschaftliche Funktionen aus. Sie war Abgeordnete des Deutschen Kulturbundes im Stadtbezirk Leipzig-Südwest und Mitglied verschiedener Kommissionen (Gesundheitswesen, Mutter und Kind). Außerdem betreute sie ihre Schwägerin, die Künstlerin Wanda Zeigner-Ebel, die von 1936 bis 1970 im Leipziger Marienheim lebte.
Zu ihrem 80. Geburtstag erhielt Annemarie Zeigner 1974 den Vaterländischen Verdienstorden der DDR in Bronze. Nach ihrem Tode 1982 widmete ihr die SED-Bezirksleitung Leipzig einen Nachruf. Die Urne mit ihrer Asche wurde im Familiengrab Zeigner auf dem Südfriedhof Leipzig beigesetzt.
Es war der Wunsch Annemarie Zeigners, dass in der Wohnung Erich Zeigners in der Zschocherschen Straße 21 ein Museum eingerichtet werden sollte. Sie überließ deshalb in Übereinstimmung mit der Tochter Erich Zeigners aus erster Ehe und deren Kindern das Arbeits-, Bibliotheks- und Musikzimmer mit Büchern, Möbeln und Flügel der Stadt Leipzig. Diese richtete in den genannten Räumen das Stadtbezirkskabinett für Kulturarbeit Südwest ein. In den übrigen Räumen erhielt die treue Freundin der Familie Zeigner Johanna Landgraf Wohnrecht.
Nach mehreren Zwischenstufen arbeitet heute im Erdgeschoss der Verein Erich-Zeigner-Haus e. V., der im Sinne Erich und Annemarie Zeigners eine umfangreiche politische Bildungsarbeit leistet.
Werke
- "ERICH ZEIGNER. Biographische Skizzen", unveröffentlichtes Manuskript, mehrere Exemplare im Stadtarchiv Leipzig, Nachlass Erich Zeigner, und in Privatbesitz.
Adressen in Leipzig
- bis 1931: Lorckstraße 4 (heute Kurt-Günther-Straße), Wohnung der Eltern
- bis 1982: Zschochersche Straße 21
Erinnerung/ Gedenken/ Würdigung in Leipzig
Von 1986 bis 1990 trug die DFD-Gruppe 610 (Demokratischer Frauenbund Deutschlands) den Namen "Annemarie Zeigner" (Leipziger Volkszeitung vom 16.05.1986).
Zum Weiterlesen/ Literatur/ Quellen
- Hötzel, Manfred: Annemarie Zeigner und ihr Manuskript "ERICH ZEIGNER. Biographische Skizzen", in: Rudloff, Michael (Herausgeber): Erich Zeigner - Bildungsbürger und Sozialdemokrat, Friedrich-Ebert-Stiftung, Büro Leipzig, Leipzig 1999, Seiten 202-220, mit Fotos.
- Matthes, Anneliese und Lothar: Erich Zeigner. Eine biographische Skizze, herausgegeben von SED-Stadtleitung Leipzig, Leipzig 1985.
- Stadtarchiv Leipzig, Nachlass Erich Zeigner, Teil-Nachlass Annemarie Zeigner.
Autor: Dr. Manfred Hötzel, 2018