Sander, Else Franziska - Frauen in der Leipziger Politik
geboren/ gestorben
1873 (Grimma) - ?
Ausbildung
Sie studierte in Berlin und Dresden.
Gesellschaftliches Engagement
Seit 1908 gab sie im Rahmen der Fortbildungskurse des Leipziger Lehrerinnenvereins unentgeltlich Fortbildungsunterricht an Mädchen, die nach der Volksschule einer gewerblichen Betätigung nachgingen.
Im Jahre 1912 verfasste sie eine erste Schrift über die Arbeit der Mädchenfortbildungsschule. Ihre Erfahrungen auf diesem Gebiet waren überaus nützlich, nachdem die städtischen Gremien im Jahr 1914 die Einrichtung einer Pflichtfortbildungsschule für Mädchen beschlossen, die Ostern 1915 ihre Arbeit aufnahm.
Partei
DDP
Rolle im Stadtrat
Else Sander war als Stadtverordnete im Schul- und Hochbauausschuss tätig und wurde zudem in den gemischten Ausschuss für Erwerbung von Arbeiten Leipziger Künstler und Kunsthandwerker gewählt. Sie engagierte sich insbesondere für eine verbesserte Mädchen- und Frauenbildung sowie die finanzielle Besserstellung von Lehrerinnen und Erzieherinnen.
Porträt
Else Sander kam am 27. Februar 1873 als Tochter eines Zimmermeisters in Grimma zur Welt. 1888 zog sie mit ihrer Familie nach Leipzig. Sie studierte in Berlin und Dresden und arbeitete von 1892 bis 1895 in See bei Niesky als Hilfslehrerin. Seit 1899 war sie im städtischen Schuldienst in Leipzig tätig. 1899 unterrichtete sie an der 20. Bezirksschule Leipzig. Seit 1908 gab sie im Rahmen der Fortbildungskurse des Leipziger Lehrerinnenvereins unentgeltlich Fortbildungsunterricht an Mädchen, die nach der Volksschule einer gewerblichen Betätigung nachgingen. Im Jahre 1912 verfasste sie eine erste Schrift über die Arbeit der Mädchenfortbildungsschule. Ihre Erfahrungen auf diesem Gebiet waren überaus nützlich, nachdem die städtischen Gremien im Jahr 1914 die Einrichtung einer Pflichtfortbildungsschule für Mädchen beschlossen , die Ostern 1915 ihre Arbeit aufnahm. Von 1915 bis 1925 leitete sie Fortbildungskurse für Mädchen an der städtischen Mädchenfortbildungsschule. Sie wurde zudem im Jahr 1916 in den städtischen Fach- und Fortbildungsausschuss gewählt , nachdem die städtische Mädchenfortbildungsschule diesem Ausschuss unterstellt worden war. Allerdings wurde sie nur zu den Beratungen hinzugezogen, die sich mit Angelegenheiten der Mädchenfortbildungsschule befassten.
Sie trat nach der Novemberrevolution von 1918 der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) bei und wurde von ihr als Kandidatin sowohl für die Wahlen zur Nationalversammlung als auch zum Leipziger Stadtverordneten-Kollegium aufgestellt. Sie engagierte sich im Wahlkampf und suchte vor allem die Frauen für die DDP zu gewinnen. Da nur die ersten zwei Kandidaten der DDP im Leipziger Reichstagswahlkreis in die Nationalversammlung gewählt wurden, ging Else Sander, die auf Platz fünf der Liste stand, leer aus.
Am 26. Januar 1919 wurde sie dann aber als eine von zehn Frauen in die Leipziger Stadtverordnetenversammlung gewählt. Sie gehörte dem Stadtparlament bis zum 31. Januar 1921, dem Ende der Legislaturperiode, an, kandidierte aber nicht erneut bei den Stadtverordnetenwahlen am 13. November 1921.
Else Sander war als Stadtverordnete im Schul- und Hochbauausschuss tätig und wurde zudem in den gemischten Ausschuss für Erwerbung von Arbeiten Leipziger Künstler und Kunsthandwerker gewählt. Sie engagierte sich insbesondere für eine verbesserte Mädchen- und Frauenbildung sowie die finanzielle Besserstellung von Lehrerinnen und Erzieherinnen. Auch nach ihrem Ausscheiden aus dem Stadtverordnetenkollegium war Else Sander weiter ehrenamtlich in der Stadt Leipzig tätig. Sie wurde in den Jahren 1922 und 1923 als Vertreterin der Bürgerschaft in den gemischten Ausschuss für das Sozialpädagogische Frauenseminar gewählt. Für die DDP kandidierte sie zur Reichstagswahl vom 7. Dezember 1924 im Leipziger Reichstagswahlkreis, wenn auch auf dem aussichtslosen elften Listenplatz.
Else Sander war zudem auf dem Feld der Mädchen- und Frauenbildung weiter aktiv. Nach 1919 sah sie es als eine zentrale Aufgabe der Mädchenfortbildungsschule an, den Mädchen ihre staatsbürgerlichen Pflichten nahe zu bringen, durch staatsbürgerlichen Unterricht sollten sie erkennen, dass die demokratische Gesellschaft eine Schnittmenge aus Familie, Beruf und öffentlichem Leben darstellt und die Frau sich nicht nur auf einen Bereich beschränken dürfe.
1925 wurde Else Sander zur Studienrätin ernannt. Im Frühjahr 1925 ging sie als erste Dozentin an das Pädagogische Institut der Sächsischen Technischen Hochschule in Dresden, das ansonsten von männlichen Professoren geführt wurde. Das Pädagogische Institut war am 5. Mai 1923 eröffnet worden und übernahm fortan die Volkschullehrerausbildung. In diesem Zusammenhang kam es zu einer starken Zunahme von Studentinnen an der Technischen Hochschule in Dresden , für die nun auch Lehrkräfte mit Erfahrung in der Mädchen- und Frauenbildung gebraucht wurden - Else Sander war dafür in besonderem Maße durch ihre bisherige Tätigkeit und ihre Schriften zum Thema Mädchenbildung, geeignet.
Von ihrem Einsatz für die Mädchen- und Frauenbildung zeugt auch, dass sie auf dem Mädchenberufsschultag 1925, organisiert vom Allgemeinen deutschen Lehrerinnen-Verein in Verbindung mit dem Reichsverband der Lehrerinnen an beruflichen Schulen, einen Vortrag über "Die Bedeutung der Berufsschulen für die Kulturleistung und das Staatsbürgertum der Frau" hielt. 1928 nahm sie zusammen mit Alice Rühle-Gerstel an der Tagung der entschiedenen Schulreformer in Dresden teil.
Else Sander wurde 1934/35 in den Ruhestand versetzt. Die Nationalsozialisten strebten seit 1933 danach, den Dresdner Lehramtsstudiengang zu beseitigen und entließen zahlreiche Lehrkräfte der Kulturwissenschaftlichen Abteilung, insbesondere solcher Wissenschaften, die den Nationalsozialisten zu kritisch und damit suspekt waren. Bei Else Sander dürfte als weiterer Entlassungsgrund zudem ihre Mitgliedschaft in der DDP gelten. Als Handhabe für die Versetzung in den Ruhestand diente bei Else Sander der Paragraph 6 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums, der eine solche zur "Vereinfachung der Verwaltung" zuließ, wenn die Position in der Folge nicht erneut besetzt würde.
Else Sander wird im Dresdner Adressbuch unter der Adresse Anton-Graf-Straße 10b letztmalig im Jahr 1935 aufgeführt.
Thomas Höpel, 2018
Quellen
Literatur
- Reiner Pommerin, Geschichte der TU Dresden 1828-2003, Köln/ Weimar/ Wien 2003, Seite 130, 143, 183.
- Else Sander, Die Organisation der Mädchenfortbildungsschule auf dem Lande und in Städten, Leipzig 1912.
- Else Sander, Lebenskunde: Selbsterziehung für das persönliche Leben, Leipzig 1916; dies., Mädchenfortbildungsschule und Volkskultur, Leipzig 1919; dies., Das hauswirtschaftliche Volljahr als Organisationsproblem der Berufspflichtschule für Mädchen, Leipzig 1925.
- Margarete Schecker, Die Entwicklung der Mädchenberufsschule, Weinheim 1963, Seite 178-180, 287-289.
Archive
- Stadtarchiv Leipzig, Wahl- und Listenamt, Bürgerakten, S 12024, Blatt 1.
- Stadtarchiv Leipzig, Polizeimeldebücher, Nr. 217, Blatt 75.
- Stadtarchiv Leipzig, Kapitel 6, Nummer 59, Band. 1, Blatt 56-58: Schulamt an den Rat, Leipzig, Dezember 1917.
Gedruckte Quellen
- Adreßbuch für Dresden und Vororte 1935, II. Teil, Dresden 1935, Seite 694.
- Die Wahlen zum Reichstag am 4. Mai 1924 und am 7. Dezember 1924, Drittes Heft, Berlin 1925, Seite 69.
- "Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums. Vom 7. April 1933", in: Reichsgesetzblatt, Teil 1, Nummer 34, Berlin, 7. April 1933, Seite 175-177, hier Seite 176.
- Leipziger Tageblatt, Nummer 19, 12. Januar 1919, Seite 19.
- Leipziger Tageblatt, Nummer 28, 17. Januar 1919, Seite 6: "Leipzig und Umgebung".
- Personal-Verzeichnis der Sächsische Technischen Hochschule für das Sommersemester 1925, Dresden 1925, Seite 34, 49.
- Verhandlungen der Stadtverordneten zu Leipzig im Jahr 1914, 1915, 1919-1923.
- Verwaltung der Stadt Leipzig 1916, Leipzig 1916, Seite 34.
Internet
- http://www.stadtwikidd.de/wiki/Else_Sander#cite_note-ab-0 (Zugriff 7.8.2018)