Physikalische Grundlagen der Schallausbreitung
Grundbegriffe
Nach DIN 1320 "Akustik, Grundbegriffe" handelt es sich bei Schall um mechanische Schwingungen und Wellen in einem elastischen Medium.
Die dadurch hervorgerufenen Schallvorgänge können z. B. von der Membran eines Lautsprechers, den Stimmbändern im Kehlkopf, der Saite eines Musikinstrumentes oder dem Gehäuse einer Maschine verursacht werden.
Dazu gehören auch Strömungen in Flüssigkeiten oder Gasen, womit z. B. die Geräuschentwicklung des Abgasstrahls von Düsenflugzeugen und Raketen zusammenhängt. In jedem Fall ist die Schallausbreitung an ein Übertragungsmedium gebunden. Im Zusammenhang mit der Lärmkartierung geht es um den sogenannten "Luftschall".
Die Stärke des Schalls (die Lautstärke) kann gemessen werden. Diese Messgröße wird als Schalldruck und der entsprechende Messwert als Schalldruckpegel bezeichnet und in Dezibel (dB) angegeben.
Ein Schallereignis stellt sich als kleinste Druckschwankung um den atmosphärischen Luftdruck dar, diese Schwingung wird vom Gehör wahrgenommen.
Um Missverständnissen vorzubeugen, hat es sich in der Umweltschutz-Praxis als notwendig erwiesen, situationsbedingt zwischen "ausgesandtem" und "ankommendem" Schall zu unterscheiden.
- Emissionen:
Sind die von einer Anlage ausgehenden Geräusche (oder auch: Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Erscheinungen). - Immissionen:
Sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Geräusche (oder auch: Erschütterungen, Licht, Wärme,Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen).
Vom Schall zum Lärm
Schall wird emittiert. Die Schallwellen stoßen während ihrer Ausbreitung auf Hindernisse. Diese Hindernisse, zum Beispiel Schallschutzwände, lassen unterschiedlich viel Schall passieren (Transmission: Größe zur Beschreibung der Durchlässigkeit). Wird bei der Immission von Schall das Wohlbefinden von Menschen oder Tieren beeinträchtigt, handelt es sich um Lärm.
Lautstärkeskala
Das menschliche Ohr verfügt über einen Wahrnehmungsbereich für Schallschwingungen deren Frequenz zwischen 16 und 20.000 Schwingungen pro Sekunde liegt.
Eine auf den absoluten Schalldruck-Werten aufbauende lineare Lautstärkeskala wäre wegen der großen Spanne der Zahlenwerte äußerst unzweckmäßig. Deshalb wurde ein logarithmischer Maßstab für die Lautstärkeskala festgelegt, der zum einen zu zahlenmäßig überschaubaren Werten führt und zum anderen der nichtlinearen Lautstärkeempfindung besser entspricht.
Das nach dem amerikanischen Ingenieur Alexander Graham Bell (1847 - 1922) benannte "Bel" ist keine physikalische Einheit, sondern lediglich ein dimensionsloses Hilfsmaß zur Kennzeichnung von Pegeln und Maßen. In der Praxis ist die Verwendung des zehnten Teils eines Bels (Dezibel, dB) üblich.
Der Hörschwelle entspricht in der dB-Lautstärkeskala einem Schallpegelwert von 0 dB. Am oberen Ende der Skala liegt die sog. Schmerzgrenze, der Schallpegelwert beträgt an dieser Grenze 140 dB. Das Empfinden der Lautstärke eines Schallereignisses wird durch den Schalldruck und die Frequenz (Anzahl der Schwingungen pro Sekunde) bestimmt.
Für Fragen des Schallschutzes ist bedeutsam, dass die Lautheitsempfindung des Menschen gleichfalls einer Potenzfunktion folgt:
- Eine Schallpegelzunahme um 10 dB als Verdopplung der Lautheit empfunden wird.
- Eine Halbierung (Verdopplung) der Einwirkungszeit eines Geräusches vermindert (erhöht) seinen Mittelungspegel um 3 dB.
- Eine Halbierung (Verdopplung) der Schallleistung eines Geräusches vermindert (erhöht) seinen Mittelungspegel um 3 dB.
Frequenzbewertung
Das menschliche Ohr empfindet Töne mit gleichem Schalldruck in unterschiedlichen Tonhöhen als unterschiedlich laut. Bei der Frequenzbewertung werden die Messgrößen durch einen bewertenden Filter gewichtet, der den Frequenzgang des menschlichen Gehörs berücksichtigen soll. Dafür werden sogenannte Frequenzbewertungskurven verwendet.
Im Zusammenhang mit der Berechnung der Schallpegel für die Lärmkartierung ist der international verbreitete "A-Filter" bedeutsam. Dazu wird ein Bewertungsfilter in die Messkette geschaltet, dessen Dämpfung aus den Kurven gleicher Lautstärke abgeleitet ist. Er entspricht den Kurven gleicher Lautstärkepegel bei ca. 20-40 phon.
Der A-bewertete Schallpegel erhält die Kennzeichnung dB (A).
Rechenregeln
a) Schallpegel-Addition
Bei der Einwirkung mehrerer Schallquellen ergibt sich eine Zunahme der Schallimmission. Schallpegelwerte dürfen jedoch nicht einfach arithmetisch addiert werden. Demzufolge ist der Summenpegel L der drei einwirkenden Schallpegel L1 = 35 dB (A), L2 = 40 dB (A), L3 = 45 dB (A) keinesfalls 120 dB (A).
Die drei Schallpegel müssen nach folgender Gleichung energetisch addiert werden:
L = 10 lg∑i10 hoch 0,1Li
Dazu muss für jeden Summanden Li zunächst der Ausdruck 100,1 Li gebildet werden, für die Schallpegel L1 bis L3 ergibt sich folgende Gleichung:
L = 10 lg (10 hoch 3,5 + 10 hoch 4,0 + 10 hoch 4,5) dB (A)
L = 46,5 dB (A)
Unterscheiden sich zwei Schallpegel um mindestens 10 dB, leistet der jeweils niedrigere Pegel zum Summenpegel praktisch keinen Beitrag mehr, es gilt demnach näherungsweise (mit und ohne Zusatz der A-Bewertung):
65 dB (A) + 54 dB (A) = 65 dB (A)
43 dB (A) + 44 dB (A) + 58 dB (A) = 58 dB (A)
Die Addition zweier gleicher Schallpegel führt zu einem um drei Dezibel höheren Summenpegel, was einer Verdopplung der Schallleistung entspricht, somit gilt:
55 dB (A) + 55 dB (A) = 58 dB (A)
b) Energetischer Mittelungspegel
Die Bildung der Mittelungspegel verläuft analog zur energetischen Schallpegel-Addition, wobei jedoch nach der Addition der Glieder 10 hoch0,1L durch deren Anzahl zu dividieren ist, und zwar vor dem Logarithmieren.
Der Mittelungspegel Lm ergibt sich demnach im Beispiel:
L1 = 35 dB (A), L2 = 40 dB (A), L3 = 45 dB (A) zu
Lm = 10 lg (1/3 (10 hoch 3,5 + 10 hoch 4,0 + 10 hoch 4,5))
Lm = 42 dB (A) (aufgerundet)
c) Pegelabnahme bei Schallausbreitung
Mit zunehmendem Abstand von einer Schallquelle nimmt der Schalldruckpegel ab.
Die theoretische Beschreibung der Pegelabnahme geht bei einer als punktförmig angenommenen Schallquelle davon aus, dass sich die in alle Richtungen des Raumes abgestrahlten Schallwellen in der Form einer Kugelwelle ausbreiten. Damit verteilt sich die von der Schallquelle ausgehende Schallleistung mit zunehmendem Abstand auf eine immer größer werdende Kugeloberfläche. Aus dieser Überlegung ergibt sich für die Pegelabnahme ∆L bei einer Vergrößerung des Abstandes von r1 auf r2 die Beziehung
∆L = 20 lg (r2/r1).
Im Falle einer Punkt-Schallquelle nimmt deshalb der Schallpegel bei verlustloser Schallausbreitung bei jeder Abstandsverdopplung um 6 dB ab.
Bei Linien-Schallquellen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sie im Vergleich zum jeweils betrachteten Abstand eine große Längenausdehnung haben und dabei gerade verlaufen, erfolgt die Schallabstrahlung in der Form einer zylinderförmigen Welle. In diesem Fall wird die Pegelminderung ∆L bei Vergrößerung des Abstandes von r1 auf r2 durch den Ausdruck
∆L = 10 lg (r2/r1)
beschrieben. Dies besagt, dass bei einer linienförmigen Schallquelle (z. B. Straßen, Eisenbahnlinien, lange Rohrleitungen) bei verlustloser Ausbreitung der Schallpegel nur um 3 dB je Abstandsverdopplung abnimmt.
In der Realität jedoch ergeben sich von diesen theoretischen Werten abweichende Pegelminderungen bei der Schallausbreitung, weil sowohl die schallabsorbierende Wirkung der Erdoberfläche als auch Wettereinflüsse (Wind und Lufttemperatur) zu berücksichtigen sind.
Viele Schallquellen können bzgl. ihrer Schallabstrahlung nicht den Idealfällen einer Kugel- oder Zylinderwelle zugeordnet werden, weil sie eine gewisse Richtwirkung aufweisen.
Der Einfluss der Erdoberfläche auf die Schallausbreitung ergibt sich aus den unterschiedlichen Formen von Bewuchs und Bebauung sowie durch schallabschirmende und schallreflektierende Strukturen auf dem Ausbreitungsweg der Schallwellen.