Nachhaltige Mobilität und städtebauliche Qualität durch Automatisierung im Verkehr (NaMAV)
Im Förderprojekt NaMAV wird ein weiter Blick in die Zukunft gerichtet und Perspektiven des automatisierten Verkehrs heute schon gedacht.
Ausgangspunkt des Projekts Nachhaltige Mobilität und städtebauliche Qualitäten durch Automatisierung im Verkehr (NaMAV) ist die Hypothese, dass automatisierte Fahrzeuge der Stufen vier und fünf auch in urbanen Räumen zum Einsatz kommen werden, dass diese erhebliche Chancen sowie auch Risiken mit sich bringen können und die Stadt- und Verkehrsplanung sich heute auf derartige Szenarien einer Automatisierung im Verkehr vorbereiten und diese aktiv mitgestalten sollte.
Urbane Mobilität im Zieljahr 2050 gedacht
Die drei Partner TU Dresden, TU Berlin und Stadt Leipzig (VTA) erarbeiten im Projekt NaMAV Konzepte für eine solche vorausschauende Nutzung möglicher Chancen und Minimierung von Risiken künftiger automatisierter Verkehrssysteme. Als Ergebnis des Projekts NaMAV liegen für die Stadt Leipzig maßgeschneiderte Einsatzszenarien für automatisierte Verkehre vor, welche im Hinblick auf ihre Wirkungen zur Förderung nachhaltiger urbaner Mobilität im Zieljahr 2050 bewertet und für deren Umsetzung konkrete Schritte und Empfehlungen abgeleitet werden. Im Rahmen des Projekts NaMAV werden zudem verallgemeinerbare Handlungsoptionen zu nachhaltiger urbaner Mobilität entwickelt, welche über die konkrete Anwendung in Leipzig hinaus auch andere Regionen und Städte adressieren. Automatisierte Verkehre können ein Baustein nachhaltiger Mobilität sein, in diesem Sinne wird das Projekt in enger Abstimmung auch mit den Arbeiten zum Stadtraumkonzept erweiterte Innenstadt entwickelt.
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Nachhaltigkeitskonzept
Das Leitbild nachhaltiger Entwicklung und Mobilität ist im Projekt NaMAV (Nachhaltige Mobilität und städtebauliche Qualitäten durch Automatisierung im Verkehr) fest verankert. Dieses orientiert sich an den Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen bei denen das Thema nachhaltige Mobilität vor allem in den Themenbereichen Gesundheit, Industrie/Innovation/Infrastruktur, nachhaltige Städte und Gemeinden und Klimaaktionen integriert ist.
Auch die Mobilitätsstrategie 2030 der Stadt Leipzig bildet ein Fundament für NaMAV. Gemäß dieser Strategie gilt es, die Mobilität für 2030 sicher, zuverlässig, sauber, bezahlbar und mit Möglichkeit zur Teilhabe für alle Bevölkerungsgruppen zu gestalten.
Die im Zuge des Projekts NaMAV entwickelten Einsatzszenarien orientieren sich an diesen Rahmenbedingungen und werden anschließend bewertet. Für die Bewertung wird das Leitbild nachhaltiger Entwicklung und Mobilität operationalisiert. Dabei finden folgende Themenfelder Berücksichtigung:
- Sicherstellung des Zugangs zu relevanten Zielen (Personen und Güter)
- Lebendige Straßen und öffentliche Räume
- Einhaltung der Grenzen negativer Auswirkungen im Verkehr
Die fünf Stufen des automatisierten Fahrens
- Fahrende müssen ständig aktiv am Fahren beteiligt sein und den Verkehr beachten
- Assistenzsysteme unterstützen die Fahrenden
- für Verkehrsverstöße haften die Fahrenden
In vielen Fahrzeugen befinden sich heute schon Assistenzsysteme. Der Tempomat hält die gewählte Geschwindigkeit ohne die Betätigung des Gaspedals. Bei einer adaptiven Geschwindigkeitsregelung (ACC) wird die Position und Geschwindigkeit zum vorausfahrenden Fahrzeug ermittelt und durch Motor – und Bremseingriff das eigene Fahrzeug angepasst. Der Bremsassistent erhöht bei einer Notsituation den notwendigen Pedaldruck, um eine Gefahrenbremsung einzuleiten. Ein aktiver Spurhalteassistent (LKAS) ermittelt die ideale Mitte der Fahrspur, warnt und greift durch leichtes Mitlenken beim Verlassen der Spur ein.
- Fahrende müssen ständig aktiv am Fahren beteiligt sein und den Verkehr beachten
- das Fahrzeug hält die Spur, beschleunigt und bremst selbstständig
- Fahrende haften für Verkehrsverstöße
Das Fahrzeug kann zum Teil manche Aufgaben ohne das Eingreifen des Fahrenden übernehmen. Bei der Stufe zwei kann das Fahrzeug gleichzeitig die Spur halten, beschleunigen und bremsen. Das Fahrzeug kann ohne Eingriffe des Fahrenden automatisch einparken. Die Assistenzsysteme müssen vom Fahrenden stetig überwacht werden, es besteht aber die Möglichkeit die Hände kurz vom Steuer zu nehmen.
- Fahrende dürfen sich zeitweise vom Verkehrsgeschehen abwenden
- Fahrende müssen auf Aufforderung das System übernehmen
- Fahrende haften nur, wenn den Aufforderungen nicht nachgekommen wird
Innerhalb eines begrenzten Zeitraums können Fahrzeuge der Stufe 3 bestimmte Fahraufgaben ohne menschlichen Eingriff selbständig bewältigen. Fahrende können sich vom Verkehrsgeschehen abwenden. Wenn das System jedoch ein Problem wahrnimmt, muss das Steuer umgehend übernommen werden.
- die Fahrzeugführung kann komplett abgegeben werden
- Fahrende werden zu Passagieren und können schlafen oder lesen
- Fahrzeug kann ohne Insassen völlig selbstständig Strecken zurücklegen (Autobahn, Parkplatzsuche und so weiter)
- die Passagiere haften nicht für Verkehrsverstöße
Das technische System führt alle Fahraufgaben selbstständig durch und kann so auch große Strecken zurücklegen. Das Steuer kann aber jederzeit übernommen werden. Die Parkplatzsuche findet vollautomatisch auch ohne Insassen statt.
- die Fahrzeugführung wird komplett abgegeben
- Fahrende haben keine Fahraufgaben mehr
- das technische System bewältigt alle Verkehrssituationen
- die Passagiere haften nicht für Verkehrsverstöße
Das Fahrzeug wird komplett vom technischen System übernommen und benötigt keine Unterstützung von Fahrenden. Dabei ist es in der Lage auch komplexe Verkehrssituation zu bewältigen.
Chancen und Risiken hochautomatisierter Verkehre
Aufgrund der rasanten technologischen Entwicklung automatisierter Verkehrsmittel müssen wir uns heute schon mit der Entwicklung vernetzten und hochautomatisierten Fahrens auseinandersetzen. Dabei sollte die Fragestellung nicht nur rechtliche, ethische oder sicherheitsbezogene Gesichtspunkte behandeln, sondern auch den Einfluss auf Klima, Umwelt und den Anspruch der Nachhaltigkeit betrachten. Wir müssen heute schon Chancen und Risiken abschätzen können. Automatisiertes Fahren kann ein Baustein für mehr Verkehrssicherheit darstellen. So könnte der Systembetrieb derart gestaltet werden, dass häufige menschliche Fehler der Verkehrsteilnehmer/-innen vergeben werden können. Die strikte Einhaltung von Verkehrsregeln und Verkehrsregelungen könnten mit Ausschluss von Fahrlässigkeit oder vorsätzlichem menschlichen Fehlverhaltens zu einem deutlichen Anstieg der Verkehrssicherheit beitragen.
Steuerungssysteme ermöglichen eine effizientere Nutzung des Verkehrsraums. Damit kann der Verkehrsablauf gerade bei hohen Verkehrsaufkommen besser organisiert werden. Vernetzte Fahrzeuge können zudem die Parkplatzsuche erheblich optimieren.
Hochautomatisierte Fahrzeuge machen die Nutzung für solche Zielgruppen zugänglich, die vorher keinen eigenen PKW besitzen konnten. Dabei besteht ein erhebliches Risiko, dass der motorisierte Individualverkehr zunimmt. Es könnten längere Fahrtstrecken in Kauf genommen werden, da die Fahrzeit zum Arbeiten und als Ruhezeit genutzt werden kann.
Die Forschungsgesellschaft für Straßen - und Verkehrswessen (FGSV) hat sich intensiv mit "Chancen und Risiken des autonomen und vernetzten Fahrens aus der Sicht der Verkehrsplanung" auseinandergesetzt.
Auch die Initiative der Stiftung Mercator und der European Climate Foundation, Agora Verkehrswende beschäftigt sich mit dem Thema des autonomen Fahrens. Beide Publikationen finden Sie im Downloadbereich rechts.
Workshops
Am 7.6.2021 fand der Online-Workshop zur Erarbeitung zukünftiger Einsatzszenarien im Projekt NaMAV statt. Dabei nahmen vor allem Vertreterinnen und Vertreter des Projektbeirats Leipzig sowie weitere interessierte Akteurinnen und Akteure teil. In kleinen Gruppen entwickelten die Teilnehmenden Ideen für Einsatzszenarien automatisierter Mobilität in Leipzig 2050, diskutierten über mögliche Auswirkungen und entwickelten Lösungsansätze, wie sich schon heute auf wünschenswerte Einsatzszenarien vorbereitet werden kann.
Gegliedert wurden die Szenarien in die vier Themenbereiche Modifikation Straßenraum, neue Verkehrskonzepte, neue Verkehrsmittel sowie Wirtschaftsverkehr. In der Diskussion zeigte sich, dass die Vereinbarkeit des Ziels nachhaltiger Mobilität im Sinne der Mobilitätsstrategie 2030 mit der Automatisierung im Verkehr eine Herausforderung, gleichzeitig aber auch eine Chance ist, wenn die neuen Technologien mit geeigneten Nutzungskonzepten kombiniert und gezielt gesteuert werden. Die Dokumentation der Ergebnisse erfolgte über Collaboards und unterstützt das Projektteam bei der Ausformulierung der Einsatzszenarien für ein Leipzig 2050.