Oeser, Friederike Elisabeth - Leipziger Frauenporträts
Adam Friedrich Oeser: Bildnis Friederike Oeser im Profil. Um 1768 © Stadtgeschichtliches Museum Bilder vergrößert anzeigen
Rubrik
- Kunst
- Literatur
geboren/ gestorben
1748 (Dresden) - 13. Juni 1830 (Leipzig)
Zitat
"Ich ging aus Leipzig und Ihr Geist begleitete mich, mit der ganzen Munterkeit seines Wesens." (Goethe an Friederike am 13.2.1769)
Kurzporträt
Friederike Oeser wurde vor allem als Jugendfreundin Goethes bekannt und war eine für ihre Zeit ungewöhnlich gebildete Frau. Für ihren Vater, den berühmten Maler Adam Friedrich Oeser, übernahm sie die Rolle einer "Kunstagentin".
Herkunftsfamilie
- Vater: Adam Friedrich Oeser (1717-1799)
- Mutter: Rosine Elisabeth Hohburg (gestorben 1794) aus Dresden, Tochter eines Accisregistrators, Eheschließung am 15.11.1745
- Geschwister: Johann Friedrich Ludwig Oeser (1751-1791), Landschaftsmaler; Juliane Wilhelmine Geyser, geborene Oeser (1755-1813), Karl Oeser (1756 - vor 1791), Fecht- und Zeichenmeister in Russland
- Schwager: Christian Gottlieb Geyser (1742-1803), zeitweilig Vormund Friederikes
- Neffe: Gottlieb Wilhelm Geyser (1789-1865); heiratete Dorothea Boerner
- Stiefnichte: Friederike Henriette Geyser, heiratete den Kunsthändler Johann Gottfried Pfarr
- Nichte: Sophie Seipp geborene Kowatsch in Preßburg (1758-1838), Ehemann Christoph Ludwig Seipp (1747-1793) seit 1778, war ein Brieffreund Friederikes
Biografie
Friederike Oeser wurde 1748 als erstes Kind des Malers Adam Friedrich Oeser in Dresden geboren. 1759 ließ sich die Familie in Leipzig nieder. Christian Felix Weiße verhalf Oeser zu Porträtaufträgen und trug 1764 zu seiner Berufung zum Direktor der neugegründeten Leipziger Kunstakademie bei. Oeser erhielt eine Dienstwohnung in der Pleißenburg. Goethe, der ab 1765 sein Schüler war, lernte Friederike 1766 auf dem Landgut in Dölitz kennen. Nach der Abreise des Freundes Behrisch wurde Friederike seine Vertraute. Den letzten Abend vor der Rückkehr nach Frankfurt verbrachte er in Dölitz. "Glauben Sie mir", schrieb er aus Frankfurt, "Sie sind alleine schuld, daß ich Leipzig ohne sonderliche Schmerzen verlassen habe." In seinem Briefgedicht "An Mademoiselle Oeser" (1768) erinnerte sich Goethe gern an die Gespräche in Dölitz und im Theater. Als Geschenk für sie ließ er eine Abschrift von zehn Gedichten mit Melodien von Bernhard Theodor Breitkopf anfertigen. Der lockere Rokoko-Ton dieser Lyrik gefiel ihr nicht immer. Der Kontakt zu Goethe bestand nach seiner Abreise fort. Bei seinen späteren Besuchen in Leipzig kam es zu weiteren Begegnungen, etwa 1782.
Friederike war sehr gebildet, schrieb einen guten Stil und ließ sich gern mit einem Buch in der Hand malen. "Die älteste Tochter ... Friederike, von 21 Jahren, ... ist zwar von Person klein, groß aber an Tugenden und Geschicklichkeit, sie leitet die häusliche Wirthschaft, führt ihres Vaters Correspondenz, ist sehr belesen, spielt vorzüglich Clavier und befleißt sich dennoch aller nützlichen weiblichen Arbeiten." (Johann Mathias Korabinski 1769 an Oesers Schwester Rosine Kowatsch in Preßburg).
Dennoch bekannte sie 1770 einem Herrn Neumann: "Ein gelehrtes Mädchen habe ich mir nie getraut zu werden, oder nie werden mögen, ... Ich habe ... jederzeit viel Liebe, viel Begierde zu denjenigen Teilen der Wissenschaft gehabt, die mein Herz beßern, meinen Verstand erweitern, und mir manche einsame Stunde angenehm machen konnten. ..."
Den Kreis von Persönlichkeiten um den Vater empfand sie als anregend, blieb aber Autodidaktin: "Meines Vaters kleine Reise Bibliothek war alles womit ich mir ... die Zeit verkürzen konnte, ich laß auch sehr fleißig ... und ... erwarb ... mir meine Begriffe von der großen Welt."
Für ihren Vater verfasste sie die Korrespondenzen und kümmerte sich um seine Angelegenheiten. Den Sommer verbrachte sie meist auf dem Land. "Im Monat Mai geht's nach Dölitz, im September wieder herein, in den beiden großen Messen sehen wir unsere auswärtigen Freunde ..." (am 10.01.1784 an Christoph Seipp). Zu ihnen gehörte die Weimarer Herzogin Anna Amalia.
In Dölitz traf man viele Künstler, etwa den Komponisten Johann Friedrich Reichardt, der "des biederen Oesers", gedachte, "der mit seinen angenehmen Töchtern ein recht gemütliches Künstlerleben führte ...".
Sowohl in der Pleißenburg als auch in Dölitz war Friederike mit ihrem Konversationstalent der Mittelpunkt der Gesellschaft. Sie war anziehend trotz ihrer Pockennarben. "Ich habe das Vergnügen, viele große Männer persönlich zu kennen und gekannt zu haben. ... Lessing, Ramler, Diderot, Sulzer, Büsch, Wieland, Knebel, Hagedorn, Teller, Thümmel, Jacobi, Basedow, Cramer, Garve, Goethe, Gleim und andere mehr, ohne die Künstler zu rechnen, und habe einen Winkelmann, Rabener und Michaelis gekannt." (an Sophie Kowatsch am 9.11.1775). Sie war Freundin von Corona Schröter, Bauses Tochter Juliane und Geysers Tochter Henriette.
Als Unverheiratete blieb Friederike im Haus der Eltern. Ihre Lebensaufgabe verlor sie, als der Vater am 18. März 1799 starb. Sie hatte nun keinen "Versorger" mehr, verkaufte das Dölitzer Gut und zahlreiche Kunstwerke ihres Vaters. Ein Freund der Familie, Christoph Gottfried Bachmann, bot ihr eine Wohnung in seinem Haus am Brühl an. Friederikes Kurator (Vormund) wurde ihr Schwager Christian Gottlob Geyser. Als dieser 1803 starb, konnte sie als unverheiratete Frau nur noch unter Schwierigkeiten eine neue Wohnung mieten.
In den Sommermonaten hielt sie sich bei ihrer Schwester Wilhelmine in Eutritzsch auf. Auf dem Geyserschen Gut bewohnte sie das "Friederikenhaus", Gräfestraße 25. Ihre Stadtwohnung, die von der Familie Geyser mitgenutzt wurde, behielt sie bei.
Nach dem Tod ihrer Schwester 1813 führte Friederike mit ihrem Neffen Gottlieb Geyser eine Wirtschaftsgemeinschaft und unterstützte ihn in seiner künstlerischen Ausbildung. Zuletzt lebte sie bei dem Kunsthändler Carl Gustav Boerner (1790-1855). "Die arme alte Fritze" starb 1829 hochbetagt in Leipzig. Boerner schrieb 1833 an ihre Nichte Sophie: "Ob sie schon seit geraumer Zeit vor ihrem Tode mit harten körperlichen Leiden zu kämpfen hatte, so vermochte dies doch ihren Geist nie zu trüben, und heitere Gottergebung und warme Liebe zu allen ihren Bekannten und Freunden blieben bis zu ihrem letzten Augenblicke das hohe Eigenthum ihrer schönen Seele."
Adressen in Leipzig
- ab 1759: Leipzig, Roßplatz 7 (Goldener Helm)
- ab 1765: Pleißenburg, Westflügel (Dienstwohnung Oesers)
- im Sommer Landhaus Dölitz (heute Bornaische Straße 146)
- später Aufenthalte in Eutritzsch, Gräfestraße 25 (früher auch Friederikenhaus genannt)
- ab Ostern 1800: Brühl 455/39 Bachmann'sches Eckhaus, "Zum Sonnenweiser"
- später Brühl 514/42 (Weißes Roß), Stadtwohnung Gottlieb Geysers und Friederikes
- um 1821: Peterstraße 32/15, bei ihrer Stiefnichte Henriette Pfarr, geborene Geyser (Hohmanns Hof)
- etwa ab 1825: Hainstraße 204/17 bei Gottlieb Geysers Schwager C. G. Boerner und Frau Antonie, geborene Elben
Erinnerung/ Gedenken/ Würdigung in Leipzig
- Grabplatte des Vaters mit Gedenkinschrift an Friederike an der östlichen Außenwand der Nikolaikirche (Begräbnis ursprünglich Alter Johannisfriedhof, Abteilung 3, Gruft Nummer 72, dann Neuer Johannisfriedhof, Abteilung 4, Nummer 2204 bis zur Schließung)
- Porträtmedaillon Friederike Oesers am Sockel des Goethedenkmals von Carl Seffner, am Naschmarkt nach einer Zeichnung Adam Friedrich Oesers
- Friederikenstraße in Leipzig-Dölitz (seit 1932)
- Gedenktafel am Geyserhaus Gräfestraße 25 (1937 angebracht, jetzt verschwunden)
Zum Weiterlesen/ Literatur/ Quellen
- Anonym: Friederike Oeser. In: Illustrirte Zeitung. Band 115 (1900), Nummer 2985 vom 13.9. 1900, Seite 395.
- Benyovszky, Karl: Adam Friedrich Oeser. Der Zeichenlehrer Goethes. Leipzig 1930.
- Böttger, Adolf: Goethes Jugendliebe. Leipzig 1862 (Enthält Stahlstich, Goethe vor Friederike Oeser kniend).
- Dürr, Alphons: Adam Friedrich Oeser. Ein Beitrag zur Kunstgeschichte Leipzigs. Leipzig 1879.
- Geiger, Ludwig: Briefe der Friederike Oeser. In: Westermanns Monatshefte. Band 59 (1885/86), Seite 578-588.
- Jahn, Otto: Goethes Briefe an Leipziger Freunde. Leipzig 1849
- Krahnstöver, Henriette: "Da ging ich nun in deinem Paradiese..." - das Oeser'sche Sommerdomizil in Dölitz. Leipziger Blätter, 2008, Heft 53, Seite 73-75.
- Krebs, Kurt: Friederike Oeser, die Zeitgenossin Goethes in Eutritzsch. In: Festschrift zum Heimatfest Leipzig Eutritzsch vom 18. bis 21. Juni 1932. Leipzig 1932, Seite 14-18.
- Wustmann, Gustav: Aus Briefen Friederike Oesers. In: Neujahrsblätter der Stadtbibliothek Leipzig. Band 2. Leipzig 1906, Seite 123-162.
- Leipziger Zeitung Nummer 140 vom 17.6.1829, Seite 1656 [Todesanzeige Friederikes].
- Universitätsbibliothek Leipzig, "Lieder mit Melodien Mademoiselle Friederiken Oeser gewidmet von Goethen" (sogenanntes Leipziger Liederbuch).
- Der Verleger Salomon Hirzel erwarb die Handschrift am 27.8.1849 in Eutritzsch von Gottlieb Geyser.
- Als Druck: Neue Lieder mit Melodien von Bernhard Breitkopf. Leipzig 1770.
- Briefe von und an Friederike Oeser vorhanden in: Sächsische Landesbibliothek Dresden, Freies Deutsches Hochstift Frankfurt am Main, Stadtarchiv Hannover, Goethe-Museum Düsseldorf, Stadtgeschichtliches Museum Leipzig, Briefe und Porträts,
- Universitätsbibliothek Leipzig: Oeser-Nachlass 2 Kästen (Sammlung Alphons Dürr), darunter Konzept zu Brief an Herrn Neumann in Dresden vom 21.1.1770, Signierte Replik VI 25 zh: 2) sowie aus der ehemaligen Sammlung Alexander Meyer-Cohn, Schenkung des Oberbürgermeisters Bruno Tröndlin.
- Goethe- und Schiller-Archiv Weimar
Autorin: Sabine Knopf, 2019