Immer häufiger führen extreme Wetterlagen dazu, dass Flüsse über ihre Ufer treten. Jahrzehntelang tragen Städte und Gemeinden sowie betroffene Menschen an den schweren Schäden. Das Jahrhunderthochwasser 2002 mit seinen Folgen in Mitteldeutschland markiert einen Höhe- und Wendepunkt. Seither genießt der Hochwasserschutz in Politik und Verwaltung besondere Priorität.
Rückblick auf das Hochwasser 2013 in Leipzig
2013 profitiert Leipzig davon: Tagelanger Starkregen, die Landestalsperrenverwaltung (LTV) öffnet das wenige Tage zuvor fertiggestellte Abschlagsbauwerk Zitzschen, große Mengen Wasser werden in den Zwenkauer See abgeleitet. Dennoch fließt die Weiße Elster mit bis zu 500 Kubikmeter Wasser pro Sekunde in Richtung Stadt. In Leipzig wird am 3. Juni erstmals Katastrophenalarm ausgelöst. Schulen und Kitas im Gefährdungsgebiet werden geschlossen, 700 Bewohner aus Altenheimen werden in Sicherheit gebracht. Mehr als 1000 freiwillige Helfer füllen Tag und Nacht Sandsäcke, um die Deiche zu stabilisieren. 600 Feuerwehrleute sind im Einsatz, dazu Technisches Hilfswerk und Bundeswehr. Die Deiche halten, Leipzig atmet auf.
Schadensbilanz erheblich
Leipzig hat Glück gehabt. Die Investitionen in den technischen Hochwasserschutz seit 2002 haben sich also bezahlt gemacht. Und dennoch fällt auch 2013 die Schadensbilanz nicht unerheblich aus: "Die wasserwirtschaftlichen Schäden im Direktionsbezirk Leipzig belaufen sich auf rund 270 Mio. Euro,sachsenweit sind es etwa 350 Mio. Euro", sagt Axel Bobbe, Chef der LTV. Zu seinem Ressort gehören die Gewässer I. Ordnung wie die Flussgebiete der Elbe und Mulde, auch der Weißen Elster. "Auf beiden Seiten des Elsterhochflutbettes waren die Deiche zwischen Knauthain und Schleußig auf jeweils vier Kilometern total geschädigt. Ihre Sanierung mit Kerndichtung, Spund- und Betonwänden hat 4,5 Mio. Euro gekostet, ist seit Februar 2014 aber abgeschlossen. Zwei große Sanierungsvorhaben laufen derzeit: Gebaut wird parallel das große Wehr in Knauthain und das Nahleauslassbauwerk am Auensee, beides sind Ersatzneubauten", erklärt Bobbe. Das Wehr werde 7 Mio. Euro kosten, das Auslassbauwerk 4 Mio. Euro, ihre Fertigstellung sei Ende 2014 geplant.
Das Amt für Stadtgrün und Gewässer erfasste Schäden in Höhe von 1.694.397 Euro. "Parkanlagen, Spielplätze, Wälder, wassertechnische Anlagen, Sicherheitseinrichtungen, Uferböschungen und Kleingärten wurden überflutet, beschädigt und zerstört", fasst Amtsleiterin Inge Kunath zusammen. "Die dringendsten Aufräumarbeiten konnten wir 2013 relativ rasch erledigen, denn wir haben mit 99.000 Euro vom Hochwassersofortprogramm des Freistaates profitiert", so Kunath. Um alle weiteren Schäden zu beseitigen, hat Leipzig 2013 Fördermittel beim Freistaat beantragt, die auch bewilligt worden sind.
Erst 2015 werden voraussichtlich alle aus dem Juni-Hochwasser 2013 resultierenden Schäden an Leipziger Gewässern II. Ordnung behoben sein.
Konzepte für mehr Schutz
Unabhängig von diesen Hochwasserschäden hat die Stadt im März 2013 das Mittelfristige Programm zur Finanzierung von Hochwasserschutz- und ausgewählten Gewässerentwicklungsmaßnahmen für Gewässer II. Ordnung beschlossen.
43 städtische Hochwasserschutzmaßnahmen bis 2020
Daraus geht hervor, dass Leipzig bis 2020 43 städtische Hochwasserschutzmaßnahmen realisieren will, dafür rund 48 Millionen Euro benötigt. Die Verwaltung geht davon aus, dass die Maßnahmen zu 50 bis 75 Prozent förderfähig sind. Zwei der Vorhaben sind schon umgesetzt und mit 187.153,54 Euro vollständig aus dem städtischen Haushalt finanziert: die Sohlschwelle in der Östlichen Rietzschke und der dazugehörige Wasserzulauf in den Parkteich Stünz und die Entschlammung von Teilen des Hochwasserschutzbeckens Sellerhausen.
Betroffene informieren und einbinden
Doch Schutzmaßnahmen sind das Eine. Betroffene informieren, stärker auch selbstverantwortlich einbinden, das fordert seit 2013 auch die EU in ihrer Hochwasserschutzrichtlinie und seit 2004 das Sächsische Wassergesetz. Dazu gehören Hochwassergefahren- und -risikokarten und auch Risikomanagementpläne. Hier ist der Freistaat schon in Vorleistung gegangen: Flurstücksgenaue Überschwemmungskarten existieren seit 2006 für Gewässer II. Ordnung. In Leipzig sind die Hochwassergefährungskarten für die Gewässer I. Ordnung im Amt für Umweltschutz ausgelegt und stehen online zur Verfügung wie auch ein Verhaltenscodex und wichtige Antworten zu Fragen in Hochwassersituationen.
SMS-Warnsystem
Auf der Homepage des Landeshochwasserzentrums kann sich außerdem jeder über aktuelle Pegelstände und Hochwasserwarnungen informieren. Leipzig geht noch einen Schritt weiter: Die Stadt möchte als Pilotprojekt ein SMS-Warnsystem entwickeln. Derzeit wird dafür ämterübergreifend das Pflichtenheft erarbeitet. Jeder, der sich künftig in diesem System anmeldet, soll zur aktuellen Hochwassersituation benachrichtigt werden können.
Neue Lenkungsgruppe
Und die Stadt hat die Katastrophennachsorge neu geregelt. Seit 01. Dezember 2013 ist eine Lenkungsgruppe neu installiert, die nach dem Katastropenalarm ihre Arbeit aufnimmt und beispielsweise die Hilfskräfte koordiniert und organisiert, wie u. a. private Hilfsangebote eingebunden und weitergeleitet werden können.