Dem 30-jährigen Jubiläum der Friedlichen Revolution widmete Leipzig ein herausragendes Programm. Zentrale Feierlichkeit war der gemeinsame Festakt der Sächsischen Landesregierung und der Stadt Leipzig im Gewandhaus zu Leipzig. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach sich auf der Veranstaltung für "einen neuen Solidarpakt der Wertschätzung" aus. Oberbürgermeister Burkhard Jung fordert einen verstärkten Blick auf die Nachwendezeit. Diese Jahre seien geprägt von tiefen Brüchen in ostdeutschen Biographien, über die der Westen so gut wie nichts wisse. "Wir brauchen mehr Wissen, mehr Auseinandersetzung." Beim Festakt hielt auch die Bürgerrechtlerin Freya Klier eine Rede. Zeitzeugen, Bürgerrechtler und Vertreter demokratischer Basisinitiativen kamen ebenfalls zu Wort.
Die Nikolaigemeinde lud unter dem Titel "Den Klang der Hoffnung spüren" zum traditionellen Friedensgebet in die Nikolaikirche ein. Die Predigt hielt Superintendent Martin Henker. Während des Friedensgebetes erklang das neue Geläut der Nikolaikirche zum ersten Mal.
Zum Lichtfest versammelten sich wieder Leipzigerinnen, Leipziger und Gäste zum Abstellen von tausenden Kerzen auf dem Augustusplatz. In Reflexion der Montagsdemos von 1989, die sich buchstäblich immer mehr Raum entlang des Innenstadtrings eroberten, wurden im Vorfeld des 9. Oktobers nacheinander sechs Lichträume geschaffen – ausgehend von der Nikolaikirche entlang des Ringes, die zum Lichtfest schließlich bei einem Rundgang erlebt werden konnten. Trotz der tragischen Ereignisse in Halle und der regnerischen Witterung waren viele Besucher der Einladung gefolgt, sich zu Fuß auf den Weg um den Leipziger Innenstadtring zu begeben und entlang der historischen Demonstrationsstrecke zahlreiche Lichtinterventionen zu erleben. Licht, Bild- und Videomaterial überlagerten Fassaden und Räume entlang der rund 3,6 Kilometer langen Strecke, Soundcollagen ergänzten den visuellen Ansatz.
Leipzig im Herbst 1989
Woche für Woche versammeln sich mehr Menschen auf dem Leipziger Nikolaikirchhof, um nach dem montäglichen Friedensgebet öffentlich gegen das SED-Regime zu protestieren. Der SED-Staat reagiert mit Polizeigewalt und Verhaftungen. Am 9. Oktober demonstrieren trotz großer Ängste mehr als 70.000 Bürgerinnen und Bürger mit den Rufen "Keine Gewalt!" und "Wir sind das Volk!" entlang des Leipziger Innenstadtrings. Tausende sind extra nach Leipzig gereist, um sich anzuschließen. Stasi und Polizei können der Menge nichts mehr entgegensetzen, die Staatsmacht zeigt sich machtlos. Von nun an ist das Ende des sozialistischen Systems nicht mehr aufzuhalten. Der 9. Oktober wird zum Schlüsseldatum für die deutsche und die europäische Geschichte.
Schweigeminute für Opfer in Halle
Am Abend wurde beim Lichtfest der Opfer von Halle gedacht. Oberbürgermeister Burkhard Jung: "Ich bin in tiefer Tauer um die beiden Opfer der feigen Morde in unserer Nachbarstadt Halle. Mein inniges Mitgefühl gilt den Familien und Freunden. Heute vor 30 Jahren haben sich die mutigen Leipzigerinnen und Leipziger mit dem Ruf "Keine Gewalt" die Freiheit erkämpft. Das lässt uns dankbar zurückblicken und ist uns ein Auftrag. Die jüdischen Bürgerinnen und Bürger Halles sind unsere Schwestern und Brüder. Ein Angriff auf sie ist ein Angriff auf uns alle. Die Freiheit ist in Gefahr, wenn Empathie und gegenseitige Achtung aus den Herzen verschwinden, wenn Hass und blinde Wut das Handeln bestimmen und aus verblendeten Ideologien grausame Taten werden. Heute wie 1989 müssen wir zusammenstehen. Niemals dürfen wir den Feinden der Freiheit weichen. Die Würde des Menschen ist unantastbar! Schalom."