Mit dieser hat die Stadtverwaltung erstmals die Lebenswelten von Leipzigerinnen und Leipzigern mit Migrationshintergrund detailliert in den Blick genommen. "Beinahe 13 Prozent der Leipzigerinnen und Leipziger haben einen Migrationshintergrund, dass heißt entweder sie selbst oder ihre Eltern kommen aus dem Ausland. Die aus der Befragung gewonnenen Informationen helfen uns, besser Teilhabe zu ermöglichen aber auch gezielte Anforderungen zu stellen."
Von den 73.042 Personen mit Migrationshintergrund, die zum Zeitpunkt der Untersuchung (Stichtag 31.03.2016) in Leipzig lebten, kamen die meisten aus der Russischen Föderation, gefolgt von Syrien, Polen, der Ukraine und Vietnam. Insgesamt leben in Leipzig Migrantinnen und Migranten aus 175 (heute existierenden) Ländern. Zur Befragung wurden fünf Stichprobengruppen nach Herkunftsregionen gebildet:
- Osteuropa und Kasachstan
- Türkei, Syrien, Irak, Tunesien, Afghanistan, Marokko und Syrien
- China, Vietnam, Indien
- Südeuropa (Italien, Griechenland, Portugal, Spanien)
- Westeuropa und USA (Frankreich, Vereinigtes Königreich, Österreich, Vereinigte Staaten)
Für diese Auswahl an Herkunftsländern wurden Erhebungsbeauftragte mit Sprachkompetenz für insgesamt 16 verschiedene Sprachen verpflichtet. Ihre Aufgabe war es, die 2.000 zufällig ausgewählten Migrantinnen und Migranten der oben genannten Gruppen aufzusuchen und um ein Interview zu bitten. Nicht alle der Ausgewählten erklärten sich zu einem Gespräch bereit. Letztlich betrug der Rücklauf 35,6 Prozent. Die ausgewiesenen Gesamtergebnisse (alle Befragten) bilden somit nicht die Gesamtheit der Migrantinnen und Migranten in Leipzig ab, was aufgrund der ausgewählten Herkunftsgruppen auch nicht der Anspruch der Studie ist.
Lebenssituationen
Die Unterschiede innerhalb der einzelnen Migrantengruppen sind größer als zwischen Leipzigerinnen und Leipzigern mit und Leipzigerinnen und Leipzigern ohne Migrationshintergrund. Das Bildungsniveau der Befragten liegt deutlich über dem Durchschnittsniveau in ihren Herkunftsländern. Im Vergleich zur Leipziger Gesamtbevölkerung 2015 ist der Anteil an Akademikern mit 47 Prozent doppelt so hoch. Der Anteil an (noch) Unqualifizierten ist im Vergleich zur Stadt Leipzig mit 28 Prozent ebenfalls doppelt so hoch. Die Hälfte der Befragten ist erwerbstätig. 13 Prozent sind arbeitslos. Die größten Probleme bei der Arbeitssuche stellen für die Befragten mit 58 Prozent die Sprache und mit 27 Prozent die Anerkennung von Berufsqualifikationen und Berufserfahrung dar.
Der Median des Nettoäquivalenzeinkommens liegt bei 863 Euro und damit deutlich niedriger als der für die Gesamtstadt ermittelte Wert von 1.343 Euro (Kommunale Bürgerumfrage 2015). Etwa zwei Drittel aller Befragten leben gemeinsam mit einem Partner beziehungsweise einer Partnerin. Bei 38 Prozent mit Partnerin oder Partner handelt es sich um eine Partnerin oder einen Partner ohne Migrationshintergrund.
Rund 80 Prozent der Befragten sind (sehr) zufrieden mit ihrem Leben. Die Lebenszufriedenheit und Zukunftssicht ist in allen Altersgruppen höher als im Vergleich zur Gesamtbevölkerung 2015.
Integration und Zusammenleben
96 Prozent der Befragten sind nicht in Deutschland geboren. Migrantinnen und Migranten aus Osteuropa und Kasachstan sind sogar zu 99 Prozent nach Deutschland immigriert. Für jeden Vierten ist Leipzig der erste Wohnstandort in Deutschland. Die deutsche Sprache ist bei rund einem Drittel der Befragten die Sprache, die am häufigsten zu Hause gesprochen wird. Am häufigsten wird in Haushalten mit einem deutschen Partner oder einer deutschen Partnerin deutsch gesprochen. 94 Prozent haben Kontakt zu Deutschen ohne Migrationshintergrund, am häufigsten durch Bekannte und Freunde. Der Kontakt zwischen Menschen mit und Menschen ohne Migrationshintergrund wird von den Befragten als "sehr gut" oder "normal nachbarschaftlich" bewertet.
Von 23 aufgeführten Leipziger Institutionen sind die Leipziger Verkehrsbetriebe sowie die Bürgerämter am bekanntesten. Den Migrantenbeirat kennt etwa jede beziehungsweise jeder Vierzehnte der Befragten.
Benachteiligungen werden nur von einer Minderheit der Migrantinnen und Migranten in allen genannten Lebensbereichen wahrgenommen ‒ am häufigsten bei der Arbeitssuche.
Kommunale Lebensbedingungen
Die Befragten sind mit den städtischen Lebensbedingungen generell zufriedener als die Gesamtbevölkerung. Das gleiche trifft auf die Zufriedenheit mit dem Kita-Angebot zu - bei allen Migrantengruppen. Der Anteil an Personen, die mit dem Arbeitsplatzangebot in Leipzig zufrieden sind, ist unter den befragten Migrantinnen und Migranten höher als in der Gesamtbevölkerung. Alle Herkunftsgruppen sind mit der Möglichkeit, die eigene Religion auszuüben, zu sehr großen Teilen zufrieden. Mit dem Straßenzustand ist hingegen weniger als die Hälfte zufrieden.
Das größte Problem in Leipzig sehen die Befragten in Kriminalität und Sicherheit. Probleme sehen sie auch im Zusammenleben der Bevölkerungsgruppen, der Integration und der Flüchtlingszuwanderung.
Neun von zehn Befragten bewerten öffentliche Behörden, insbesondere des Bildungsbereichs, positiv. Etwas seltener, aber auch mehrheitlich zufrieden sind sie mit der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter. Mehr als die Hälfte hat Anmerkungen und Wünsche an die Stadt Leipzig. Verbesserungswünsche werden am häufigsten im Zusammenhang mit Ämtern geäußert, insbesondere bezüglich Verständigung und Terminvergabe.