In über 700 Städten und Gemeinden gehen mehr als eine Million Bürgerinnen und Bürger am 17. Juni 1953 auf die Straße. Eine Welle von Streiks, Massen-Demonstrationen und blutige Auseinandersetzungen bestimmen das Lagebild an diesem Tag in der DDR. Menschen aller sozialen Schichten wehren sich gegen den teils rücksichtslos geführten Aufbau des Sozialismus.
Auch 40.000 Leipzigerinnen und Leipziger mobilisieren sich, darauf hoffend, bessere Lebensverhältnisse, Freie Wahlen und die Deutsche Einheit erkämpfen zu können. Am Morgen des 17. Juni marschierten Belegschaften von einigen Baustellen und Industriebetrieben ins Stadtzentrum. Wenige Stunden später zogen bereits mehrere zehntausend Menschen durch die Innenstadt. Nach friedlichem Beginn der Demonstrationen änderte sich das Bild im Verlauf des Tages. Mit dem Einsatz von Schusswaffen und der Verhängung des Ausnahmezustandes durch den sowjetischen Militärkommandanten wurden alle Hoffnungen auf Veränderungen zerstört. Neun Tote und mindestens 95 Verletzte waren im Bezirk Leipzig zu beklagen.
Auf den Ruf nach Freiheit und Demokratie antwortet das SED-Regime überall im Land unnachgiebig und mit Waffengewalt. Mindestens 55 Menschen werden getötet oder von der DDR-Justiz zum Tode verurteilt, mehr als 15.000 Bürger kommen in Haft. Volkspolizei, Staatssicherheit, Kasernierte Volkspolizei und Sowjetarmee zementieren damit unmissverständlich: Widerspruch und Widerstand gegen die SED-Führung sind keine Option.
Zentrale Gedenkveranstaltung
Mit einer Reihe von Veranstaltungen rund um den Jahrestag lädt die Stadt Leipzig gemeinsam mit verschiedenen Partnern zum Gedenken und Erinnern ein. Am Samstag, 17. Juni 2023, werden 15 Uhr bei der zentralen Gedenkveranstaltung der Stadt Leipzig und der Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ am Denkmal der Panzerspuren im Salzgässchen Oberbürgermeister Burkhard Jung, der Leiter der Gedenkstätte „Museum in der Runden Ecke“, Tobias Hollitzer, sowie die Direktorin der Bundesstiftung Aufarbeitung, Dr. Anna Kaminsky, das Wort ergreifen. An eine Schweigeminute und Blumenniederlegung schließt sich ein Rundgang entlang der authentischen Ereignisorte an. Im heutigen Salzgässchen, am Markt, in der Straße des 17. Juni, am Peterssteinweg und auf dem Simsonplatz geben historische Fotos einen Überblick über das damalige Geschehen.
Gegen 16:20 Uhr wird an der Gedenktafel für die Leipziger Opfer in der Straße des 17. Juni der Zeitzeuge Thomas Reininger seine Sicht auf die Geschehnisse von 1953 schildern. Schülerinnen des Immanuel-Kant-Gymnasiums stellen die Ergebnisse des Schulprojektes „Was geht uns der 17. Juni 1953 heute an?“ vor. Auch hier wird der Opfer mit Blumen gedacht.
Per Straßenbahn „Dieter Teich“, dem ersten Leipziger Todesopfer, geht es ab 17:05 Uhr von der Haltestelle Münzgasse zum Südfriedhof und hier zur Grab- und Gedenkanlage für die „Opfer der Gewaltherrschaft 1945-1989“. Schüler und Studenten werden Biografien der Opfer verlesen, bevor Kränze niedergelegt werden. Um 18:30 Uhr findet die zentrale Gedenkveranstaltung mit der Rückfahrt der Straßenbahn vom Südfriedhof zur Haltestelle Münzgasse ihren Abschluss.
Rundgänge, Filme, Ausstellungen
Am 18. und 25. Juni bietet das Team der Gedenkstätte „Museum in der Runden Ecke“ Rundgänge zu Ereignisorten des 17. Juni 1953 an (Treff: jeweils 11 Uhr, Volkshaus, Karl-Liebknecht- Straße 32).
Vom 14. bis 17. Juni zeigt die Gedenkstätte außerdem im ehemaligen Stasi-Kinosaal, Dittrichring 24, jeweils 19:30 Uhr, Dokumentarfilme aus der Reihe „Schicksale von Opfern der stalinistisch-kommunistischen Willkür“.
Das Stadtgeschichtliche Museum lädt am 16. Juni 2023, 16 Uhr, zu einer Führung durch die Dauerausstellung unter dem Titel „Unterdrückte Sehnsucht. Der Volksaufstand 1953 in Leipzig“ ein. Am gleichen Tag bietet auch das Zeitgeschichtliche Forum um 19 Uhr eine szenische Lesung zum 17. Juni 1953 an.