Nikolaikirche - Ausgangspunkt der Friedlichen Revolution
Die Nikolaikirche Leipzig ist 1989 zum Symbol der Friedlichen Revolution geworden. Sie ist der Ort, an dem sich lange vorher Entwicklungen vollzogen haben, die im Herbst 1989 das auslösten, was im Sprachgebrauch etwas kurz als "Wende" bezeichnet wird.
Diese Entwicklungen sind eng verknüpft mit dem Phänomen der Friedensgebete und sind ein Grund, warum das Ende der DDR von Leipzig ausging. Die Friedensgebete im Angesicht des Wettrüstens in Ost und West waren seit Beginn der 1980er-Jahre ein entscheidender Meilenstein auf dem Weg zur Überwindung der Teilung Deutschlands und Europas. Aber es gab niemanden, der sie mit diesem Ziel ins Leben gerufen hätte.
Nein, die Anfänge waren bescheidener, der Verlauf in diesen Jahren durchaus konfliktreich, und gerade im Rückblick darauf erscheint das Wunder umso größer, dass die Geschichte den bekannten Verlauf genommen hat. Die jährliche Friedensdekade hatte den Wunsch junger Christen aus Leipzig nach wöchentlichen Friedensgebeten aufkommen lassen.
Friedensgebete ebbten in Leipzig nicht ab
Der Kirchenvorstand entsprach diesem Wunsch. Selbstverständlich war das damals und vor allem später nicht. Mit der allen Protesten zum Trotz dennoch erfolgenden Aufrüstung im Osten und Nachrüstung im Westen schwand die Hoffnung, mit Gebeten etwas bewirken zu können. Die Teilnehmerzahlen sanken, Friedensgebete wurden andernorts mangels Beteiligung eingestellt. Die Besonderheit in Leipzig war, dass eine kleine Schar Unentwegter sich nicht beeindrucken ließ und unbeirrt die Gebete fortsetzte, zeitweise in einer kleinen Nebenkapelle. Sie wurden nun vor allem zur Heimstatt für die vielen Basisgruppen, die hier die Bühne fanden, die ihnen Staat und Gesellschaftnicht zugestanden. Daraus entstanden letztendlich die Demonstrationen des Herbstes 1989, die dann den Verlauf der Geschichte bestimmten.
Nikolaikirche stand für Jugend und Innovation
Doch warum war gerade die Nikolaikirche so prädestiniert dafür, diese Entwicklungen voranzutreiben? Die Innenstadtlage war sicher eine wichtige Voraussetzung, um überhaupt bemerkt zu werden. Die hatte die Thomaskirche zwar auch zu bieten, kam aber dennoch nicht in Betracht. Die Rollenverteilung zwischen den beiden Innenstadtkirchen hatte sich seit Jahren eingespielt: Die Thomaskirche stand für die Tradition, insbesondere durch die Thomaner, die Nikolaikirche für neue Entwicklungen und die Aufgeschlossenheit gegenüber der Jugend.
Autor: Frank Pörner