Irmscher, Evelin (geborene Dörre) - Leipziger Frauenporträts
Evelin Irmscher, privat © Peter Irmscher Bilder vergrößert anzeigen
Rubrik
- Politik
- Frauenbewegung
- Bildung/ Pädagogik
geboren/ gestorben
10. Juni 1947 (Bischofswerda) - 9. Februar 2006 (Leipzig)
Zitat
"Nun mach's mal kurz und komme zur Sache."
(in: "Ausgezeichnete Frauen", herausgegeben von der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag)
Kurzporträt
Als Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Markkleeberg und danach als Gleichstellungsbeauftragte für den Regierungsbezirk Leipzig zählte Evelin Irmscher zu den Pionierinnen des Aufbaus der Gleichstellungsarbeit im Freistaat Sachsen.
Herkunftsfamilie
- Vater: Heinz Dörre (1912-1993), kaufmännischer Angestellter, danach selbständig
- Mutter: Charlotte Dörre (1917-2006), Hausfrau und nach der Erziehungszeit der Kinder Büroangestellte, verheiratet mit Peter Irmscher, eine Tochter
Biografie
Evelin Irmscher wuchs in Bischofswerda auf, hier besuchte sie die Schule bis zum Abitur im Jahr 1966. In diesem Jahr zog sie nach Leipzig, wo sie von 1966 bis 1970 am Pädagogischen Institut - der späteren Pädagogischen Hochschule - studierte und den Abschluss als Diplom-Lehrerin erwarb. Nach der erfolgreichen Tätigkeit an verschiedenen Schulen im Raum Leipzig erfolgte Mitte der 1980er Jahre der Wechsel zurück an ihre Studienstätte. Hier arbeitete sie bis zur Integration der Pädagogischen Hochschule in die Universität Leipzig im Jahr 1991 im Bereich Methodik des Deutschunterrichts. Nach vorübergehenden Tätigkeiten in Projekten wurde sie 1993 zur Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Markkleeberg bestellt, 1994 erfolgte die Bestellung zur Gleichstellungsbeauftragten für den Regierungsbezirk Leipzig.
Evelin Irmscher gehörte zu den Wegbereiterinnen der Gleichstellungsarbeit im Freistaat Sachsen. Die bekennende Netzwerkerin förderte und unterstützte zudem vielfältige Projekte und kulturelle Einrichtungen sowie Initiativen von Unternehmerinnen.
Sie war aktiv an der Diskussion des Gleichstellungsgesetzes und von Vorlagen beteiligt. Über die stete Zusammenarbeit mit Friederike de Haas (1990 bis 1994 parlamentarische Staatssekretärin; 1994 bis 1999 Staatsministerin für die Gleichstellung von Frau und Mann im Freistaat Sachsen) und deren Nachfolgerin Christine Weber (1999 bis 2003 Staatsministerin für die Gleichstellung von Frau und Mann; 2002 bis 2003 Staatsministerin für Gesundheit und Soziales) sowie Helma Orosz, die Christine Weber in dieser Funktion folgte, ist es ihr mit großem Erfolg gelungen, Sichtweisen und Bedarfe der drei Regierungsbezirke mit denen des Freistaates Sachsen zu verbinden und in der fruchtbaren Zusammenarbeit mit ihren beiden Kolleginnen aus den Regierungsbezirken Chemnitz und Dresden zu artikulieren und einzufordern.
Zu ihren großen Stärken zählten ihre Kommunikationsfähigkeit und ihre Netzwerkarbeit. Bereits in ihrer Tätigkeit in Markkleeberg förderte sie den Aufbau des Frauenbegegnungszentrums und war als Unterstützerin zahlreicher Frauenprojekte und -vereine maßgeblich daran beteiligt, dass vor allem die technisch gut ausgebildeten Frauen der DDR nach der politischen Wende zueinander fanden und somit über Jahrzehnte erworbenes Wissen nicht verlorenging. 1998 wurde sie für ihr Engagement mit dem Frauenpreis der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag ausgezeichnet. In der Begründung heißt es: "Sie ist unermüdlich, wenn es darum geht, die Chancengleichheit von Frauen in Sachsen ein Stück voranzubringen. Als Mitbegründerin und als Mitglied zahlreicher Frauenvereine hat sie die Probleme des Frauenarbeitsmarktes immer wieder öffentlich gemacht." In der steten Kenntnis von Problemen und der Zusammenführung unterschiedlicher Interessenlagen hat sie es verstanden, sowohl um die differenzierten Anforderungen der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten als auch der Gleichstellungsbeauftragten in den ländlichen Gebieten zu wissen und einvernehmliche Lösungen zu finden. Mit Vehemenz hat sie sich für die Stärkung der jeweiligen Positionen eingesetzt, mit Wehmut musste sie in den letzten Monaten ihrer Tätigkeit personelle und sachliche Einschnitte zur Kenntnis nehmen.
Kenntnisreich, mit Charme, Humor und der ihr eigenen Zielstrebigkeit setzte sie auf vielfältigen Gebieten nachhaltige Zeichen. Die Mitglieder des Förderkreises der Oper Leipzig und des ZONTA-Clubs haben sie als hilfsbereite und warmherzige Förderin in Erinnerung. Der Name "Ladies-Breakfest" - ein monatlich stattfindendes Treffen - stand für die Vernetzung und den Austausch von Frauen, die als Selbständige, Freiberuflerinnen oder als leitende Angestellte für Bewegungen sorgten. Als Wahl- Leipzigerin war es Evelin Irmscher eine Verpflichtung, das Erbe der jüdischen Tradition in dieser Stadt zu bewahren. In ihrer Funktion als Vorsitzende der Arbeitsgruppe Leipzig der Deutsch-Israelischen-Gesellschaft (DIG) organisierte sie für Mitglieder und Interessierte Reisen nach Israel, Krakau, Wien und Budapest. So ist es ihr über Jahre mit ihren Verbündeten gelungen, jüdische Spuren in Deutschland und Europa zu verfolgen und jüdisches Leben im kollektiven Gedächtnis nachfolgender Generationen zu verankern.
Dem Leipziger Synagogalchor, dem Künstlergut Prösitz und der Universität Leipzig war sie eine gute und verlässliche Partnerin. Stetig trat sie für die Verbindung von Bildung, Kultur, Politik und Gesellschaft ein. Die Initiierung von Veranstaltungen anlässlich des "Welttages des Mannes" hat bis in die Gegenwart an der Universität Leipzig Bestand. Sie gehörte zu den Ideengeberinnen wesentlicher Tagungen in der Kooperation zwischen der Stadt und der Universität Leipzig wie "Frauenaufbruch in die Moderne". 140. Gründungstag des Allgemeinen deutschen Frauenvereins (ADF), ein Kooperationsprojekt zwischen den Gleichstellungsbeauftragten der Stadt und der Universität Leipzig, dem Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung der Universität und der Louise-Otto-Peters-Gesellschaft e. V. sowie der Konferenz "100 Jahre Frauenstudium in Leipzig" (2006).
Zu ihren großen Vorlieben gehörte neben der Musik die Literatur, vornehmlich das Werk von Else Lasker-Schüler. Deren Gedichte, ihr großer Freundeskreis, das Reisen, das Autofahren, ihr Garten und vor allem ihre Familie gaben ihr stets den Rückhalt und die Kraft, all diesen Aufgaben und Vorhaben gerecht zu werden. Sie brachte viele Facetten ihrer Ausbildung, ihres Berufs und ihrer Berufung zusammen und war in ihrer breit gefächerten Tätigkeit erfolgreich. Stets strahlte sie Souveränität, Lebensfreude und Begeisterung aus. Ihr früher Tod am 9. Februar 2006 hinterließ eine nur schwer zu schließende Lücke.
Adressen in Leipzig
- Nibelungenring 89, 04279 Leipzig
Erinnerung/ Gedenken/ Würdigung in Leipzig
- Schwarz, Gisela: "Ausgezeichnete Frauen / Fünf Jahre Frauenpreis der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag", herausgegeben von der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag.
Autorin: Ilse Nagelschmidt, 2016