von Hoffmann, Martina Limburger (geborene Freiin von Hoffmann) - Leipziger Frauenporträts
Martina Limburger von Hoffmann, 1954 © Monika Klein Bilder vergrößert anzeigen
Rubrik
- Soziales
- Stiftungswesen
- Sport
geboren/ gestorben
1. Mai 1869 (Leipzig) - 2. April 1956 (Murrhardt)
Zitat
"[...] ist sie denn nicht blos etwas früher zu einer Tür hinausgegangen?"
("Kindheitserinnerungen" von Martina Limburger von Hoffmann für Hugo von Metzler, der mit ihrer Jugendfreundin Madeleine geborene Jay verheiratet war, geschrieben Weihnachten 1931, Abschrift, Maschinenmanuskript. In: Familiennachlass Limburger, StAL, Nummer 104, Blatt 1)
Kurzporträt
Martina Limburger von Hoffmann öffnete sich durch die Begegnung mit Rudolf Steiner für die geistige Welt der Anthroposophie. Als reiche Erbin übte sie Wohltätigkeit, förderte zahlreiche soziale Bestrebungen, den Kunstverein sowie die Entwicklung des Golfsports in Leipzig.
Herkunftsfamilie
- Vater: Oskar Freiherr von Hoffmann (1832-1912), Bankier
- Mutter: Eveline, geborene Becker (1842-1913)
- Schwestern: Frieda verheiratet von Keil (geboren 1865), Kati verheiratet von Thielmann (geboren 1874)
- Bereits beide Großelternfamilien waren in Bankgeschäften tätig und mit Sachsens wohlhabendster Bankiersfamilie, den Freges, verwandt.
Biografie
Martina wurde 1869 als zweite von drei Töchtern im Stadtpalais ihrer Eltern am Augustusplatz 7 in Leipzig geboren. Sie wuchs im Sommer in enger Gemeinschaft mit Kindern aus dem Umfeld der Familie Frege auf dem Landsitz in Abtnaundorf auf. Der Vater stellte als früher Privatier Familie und Erziehung der Töchter in den Mittelpunkt. Martina erhielt eine standesgemäße Ausbildung. Mit sechs Jahren begann ihre private Unterrichtung zusammen mit Mädchen verwandter Familien. Bereits mit acht Jahren wurde sie angehalten, über Einnahmen und Ausgaben Buch zu führen. Sie erlebte eine Kindheit mit Spielen, Vergnügungen und selbstgestalteten Aufführungen. Bei körperlichen Herausforderungen stand sie Jungen in nichts nach. Schwimmen lernte sie im 1869 eröffneten Sophienbad, dem ersten Leipziger Hallenbad. Auf dem Johannapark-Teich lief sie ab dem sechsten Lebensjahr Schlittschuh. Als junges Mädchen spielte sie auf privaten Tennisplätzen in Abtnaundorf Tennis.
Die Hoffmann'schen Töchter wurden in die Gesellschaft und die Welt der Bälle eingeführt. Einer der wichtigsten Lebenswerte waren die sozialen und geistigen, sprachlichen und literarischen Anregungen durch die Großelterngeneration. Solche Nähe und liebevolle Zuwendung schenkte Martina später ihren eigenen Enkelinnen.
Martina von Hoffmann und der 1861 geborene Paul Bernhard Limburger junior, den sie seit der Jugend kannte, heirateten 1894. Sie bezogen eine Wohnung in der Schwägrichenstraße 1. Teile der reichen Ausstattung kaufte Martina selbst ein. Ihr Ehemann entstammte dem 1747 begründeten Leipziger Handelshaus Seiden- und Garnhandlung J. B. Limburger Junior. Er war seit 1888 dessen Teilhaber, ein glänzender Kaufmann, kulturvoller Repräsentant seiner Familie und ab 1897 Mitglied der Leipziger Gesellschaft "Die Vertrauten". 1899 bezogen die Eheleute das vom Schwiegervater 1861 errichtete Haus Bornaische Straße 142 im Vorort Dölitz. Am 26.02.1901 wurde nach zwei traurigen Enttäuschungen der einzige Sohn Oskar Bernhard in Leipzig geboren. Ende 1905 starb ihr Ehemann 44-jährig, nachdem bereits 1903 Lungen-Tbc diagnostiziert wurde.
In ihrer Trauerzeit besuchte sie am 31.01.1906 den ersten Vortrag Rudolf Steiners in Leipzig und fand in seiner Geisteswelt Führung und seelische Hilfe für ihren weiteren Lebensweg. 1906 wurde Martina Mitglied der Theosophischen Gesellschaft (ab 1913 Anthroposophische Gesellschaft). Sie begegnete Steiner mehrfach, besuchte Vorträge, erhielt Übungen und Meditationsanweisungen, mit denen sie ihr ganzes Leben streng arbeitete.
In den Jahren 1914 bis 1920 stiftete sie für den Bau des ersten Goetheanums Dornach, darunter für eines der Glasfenster. Mehrere Male besuchte sie Dornach. Intensiv beschäftigte sie sich mit dem Werk des Franzosen Fabre d'Olivet und übersetzte eine seiner Schriften. Zeitlebens fühlte sie sich der Seele geliebter Menschen - auch nach deren Tod - verbunden.
Mit scharfem Intellekt, ausgeprägtem Willen und lebhaftem Temperament ausgestattet, war sie in ihrem Kern voll Güte und Verständnis für menschliches Leid und Sorgen. Sie leitete Verzagende und Trostsuchende an, aktiv zu werden.
Nach dem Tod des Ehemanns blieb sie im Witwenstand. Am 10.07.1911 erlangte sie als Martina Limburger von Hoffmann den erblichen Königlich-Sächsischen Adelsstand. Durch das reiche Erbe ihres Mannes wie das ihrer Eltern lebte sie mit dem Sohn in gut gesicherten Verhältnissen, widmete sich Musik und Literatur, reiste, überflog sogar den Vesuv. Ihr Sohn studierte später Rechte und promovierte zum Doktor der Rechtswissenschaft.
Wohltätig und gemeinnützig zu handeln, gehörte zur selbstverständlichen Bürgertugend der Hoffmanns und Limburgers. Martina tilgte 1914 für die Familie ihres Schwagers Bankschulden. 1912 spendete sie für den Leipziger Kunstverein und den gerade gegründeten Leipziger Krippen Verein, für die Wohlfahrtspflege, für Blinde und Obdachlose, 1914 für das Leipziger Kinderkrankenhaus. Während des Ersten Weltkrieges ließen sie und ihre Schwestern das Elternhaus am Augustusplatz als Lazarett einrichten; nach Dölitz wurden Verwundete eingeladen. 1916 erhielt sie dafür vom sächsischen König das "Ehrenkreuz für Freiwillige Wohlfahrtspflege mit dem Bande für Tätigkeit im Kriege".
Mit ihrem Sohn nahm sie 1914 bei einem Aufenthalt in Oban/ Schottland erste Lehrstunden in der Sportart Golf. Anfang 1915 trat sie dem Golf-Club Gaschwitz bei, ermöglichte dem Sohn die Entfaltung seines Talents zum erfolgreichen Golfspieler. In der Folge förderte sie ideell und materiell die Entwicklung des Golfsports in Leipzig. 1919-25 war sie als erste Frau Mitglied im Vorstand des Golf-Clubs. Als Sohn Bernhard 1925 das Golf zum Lebensberuf machte, seinen Golf-Verlag mit Sitz in der Bornaischen Straße 140 gründete und ab 1926 Golfplätze entwarf, unterstützte Martina ihn finanziell.
Im Zuge der neuen Ringbebauung in den 1920er Jahren wurde das Hoffmann'sche Palais am Augustusplatz 7 abgebrochen. Martina und ihre Schwestern ließen auf ihrem Grundstück in den Jahren 1928/29 als Gegenstück zum Kroch-Hochhaus das 13-geschossige Europahaus vom Leipziger Architekten Otto Paul Burghardt errichten.
Im Verlauf des II. Weltkrieges sehnte sie die Kapitulation herbei. In Enge und Bedrängnis, auch durch Einquartierungen, bezog sie spirituelle Kraft aus der Anthroposophie. Am 10.07.1946 holte ihr Sohn sie zur Familie nach Reutti. 1952 bezog Martina Limburger von Hoffmann ein Altersheim der Christengemeinschaft in Murrhardt. Hier wurde sie verehrt als Dame, die Rudolf Steiner noch persönlich gekannt hatte. Sie starb am 02.04.1956.
Adressen in Leipzig
- 1869-1894: Augustusplatz 7 (seit 1929 mit Europahaus bebaut) und Abtnaundorfer Straße (vermutlich) 52, neben Familie Jay
- 1894-1899: Schwägrichenstraße 1
- 1899-1946: Bornaische Straße 142
Erinnerung/ Gedenken/ Würdigung in Leipzig
- Die folgende Nennung ist nicht unmittelbar mit der Person Martina Limburger von Hoffmann verbunden, aber mit ihrer Familiengeschichte:
Limburgerstraße (seit 1897 in Erinnerung an Paul Bernhard Limburger senior und seine Vorfahren) - Europahaus, Augustusplatz 7 (Ort, an dem Martina von Hoffmann im Vorgängerbau geboren wurde und mit ihren Schwestern das jetzige Haus errichten ließ)
Zum Weiterlesen/ Literatur/ Quellen
- Paul, Alfred E. Otto: Der Neue Johannisfriedhof in Leipzig. Leipzig 2012. Seite 62-139.
- StA-L: Familiennachlass Limburger, Nummer 1, 4, 6, 15, 18, 21, 23, 49, 50, 51, 52, 60, 65, 74, 75, 80, 83, 87, 104.
- Sächsisches Staatsarchiv, StA-L: PP-V 978 Golf-Club Gaschwitz 1921-1951.
- Sächsisches Staatsarchiv, StA-L: Amtshauptmannschaft Leipzig Nummer 3339 Golf-Klub Gaschwitz. Schankwirtschaft im Vereins-Hause.
- Sächsisches Staatsarchiv, StA-L: PP-V 2770 Anthroposophische Gesellschaft in Deutschland Steiner-Zweig 1904-1936.
- Leipziger Adress-Buch. 1859-1863, 1881-1883, 1894, 1928-1930, 1943, 1948-1949.
- Stadtlexikon Leipzig von A bis Z. Herausgegeben von PROLeipzig. Leipzig 2012.
- Abtnaundort: Eine historische und städtebauliche Studie. PRO LEIPZIG. Leipzig 1999.
- Dölitz: Eine historische und städtebauliche Studie. PRO LEIPZIG. Leipzig 1994.
- Volk, Waltraud: Leipzig. Historische Straßen und Plätze heute. 1. Auflage Berlin 1979.
- Geschichte des Golf-Club Gaschwitz 1905/1930: Nach den Akten zusammengestellt und überreicht von O[skar] de Liagre zur Zeit Vorsitzender des Clubs. Leipzig, 1. April 1930.
- Limburger, Bernhard von: Golftrilogie: Gesammelte Essays von Limmy. Triesen, Liechtenstein 1999. Faks.-Ausgabe Münstertor-Verlag, Stuttgart 1956.
- http://biographien.kulturimpuls.org/detail.php?&id=1133 (Martina Limburger von Hoffmann; Zugriff am 18.09.2015)
- http://biographien.kulturimpuls.org/detail.php?&id=247 (Jürgen von Grone; Zugriff am 20.09.2015)
- https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der.../ (Schillerstraße 4/Neumarkt 35; Zugriff am 26.09.2015)
- https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Kulturdenkmale.../ (Bornaische Straße 140-144; Zugriff am 26.09.2015)
- https://de.wikipedia.org/wiki/Vertraute_Gesellschaft (Zugriff am 26.09.2015)
- http://www.anthroposophie.net/steiner/.../ (Zugriff am 05.10.2015)
- http://www.goetheanum.org/ (Zugriff am 05.10.2015)
- http://www.goetheanum.org/Einfuehrende-Texte...html (Zugriff am 05.10.2015)
- https://de.wikipedia.org/wiki/Goetheanum (Zugriff am 26.09.2015)
- http://www.adelskartei.de/046.htm
- http://www.adelskartei.de/046.htmhttp://adelsmatrikel.de/ADEL//.../
Autorin: Dr. Ingeburg Zeidler, 2015