Mit 8-Zoll-Disketten, Film, Wachs, Skalpell, Lichttisch, Reprokamera und sage und schreibe einem Personalcomputer schnitzte das damalige Duo nach engen Gestaltungsvorgaben der Hochschule für Grafik und Buchkunst die ersten Amtsblätter im Verlag der ersten deutschen Tageszeitung "Wir in Leipzig", und das bis in die späten Abendstunden. Denn von Amts wegen gab es viel zu berichten und gerade in den Anfangsjahren noch mehr amtlich zu verkünden. Oft machten mehr als 30 Seiten plus viel Werbung die Umfänge der Zeitung aus, die sich Schritt für Schritt inhaltlich und optisch genauso gewandelt hat wie ihr gesellschaftliches Umfeld.
Holpriger Anfang
Der erste Verlag ging schnell in die Knie. Die überstürzte Übernahme durch einen der Geschäftsführer - unter heutigen kommunalen Vergabebestimmungen undenkbar - führte zu abenteuerlichen Produktionsumständen in Hinterzimmern einer bekannten Leipziger Schnappsbrennerei. Doch der Wechsel von Partnern und Produktionsstätten gehörte zum Laufenlernen in sozialer Marktwirtschaft.
Nachhilfestunden bot auch der Verwaltungsalltag nicht zu knapp: Wer Strümpellstraße mit einem "l" schreibt, muss seitenlange Bekanntmachungen wiederholen, wer mit ungeübter Hand Bürgermeister fotografiert, muss sich als Saboteur verantworten, wer ungebetene Gäste im offiziellen Bild belässt, hält besser die Druckmaschine an. Und auch eine echte Pleite schrieb Amtsblatt-Geschichte: 2004 hatte sich unser Verleger finanziell schwer verhoben und musste aufgeben. Zwei Monate kein Leipziger Amtsblatt, dafür teure Bekanntmachungen in der lokalen Presse und zur Sicherheit danach noch einmal im neuen Blatt.
Sachlich und rechtssicher
"Zur Sicherheit", das galt vor 30 Jahren und bleibt noch heute oft Maxime: Was im Leipziger Amtsblatt steht, muss stimmen, und lieber ein paar Paragrafen mehr aufgeführt und noch einmal mehr nachgeprüft als zu wenig.
"Ich lese nur noch die Todesanzeigen und das Amtsblatt" versicherte vor nicht allzu langer Zeit eine ältere Leserin aus Leipzig, die das aktuelle Blatt nicht erhalten hatte. Ein Schmunzler, der zeigt: Die sachliche Berichterstattung wird geschätzt von Lesern, die klare Orientierung lieben.
Und so stehen wir nach 30 Jahren vor einem kleinen Bücherberg voller gepresster Amtsblätter und voller Erfahrungen, die wir nicht missen möchten. Das ist es wert, weiter für Sie dranzubleiben - schon allein, weil wir längst mittwochs produzieren.