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newsartikelimperia_select_template^Leipziger Demokratieforum endet mit Aufruf zur aktiven Gestaltung der Demokratie und der europäischen Einheit
Der 9. Oktober als Tag der Freiheit diese Idee für einen Feiertag in Erinnerung an die entscheidende Montagsdemonstration des Herbstes 1989 in Leipzig unterstützten gestern Abend Gesprächsteilnehmer und Publikum des Demokratieforums im Gewandhaus geradezu leidenschaftlich. Freiheit wird immer neu in Frage gestellt und muss immer neu gelebt und verteidigt werden aber einen ihrer Höhepunkte hatte sie zweifellos am 9. Oktober 1989 in Leipzig, sagte Hans-Dietrich Genscher, Bundesaußenminister a. D., in seinem Impulsreferat zu Beginn der Veranstaltung, die den Ruf aus Leipzig: 40 + 20 = 60 Jahre Bundesrepublik Deutschland zum Thema hatte. Das Forum, zu dem wie in jedem Jahr die Initiativgruppe Tag der Friedlichen Revolution Leipzig 9. Oktober 1989 eingeladen hatte, entwickelte sich zu einem emotional geprägten Plädoyer für eine lebendige Erinnerung an die Friedliche Revolution und für ein freiheitliches, einiges Europa. Er erlebe sowohl in der Stadt als auch außerhalb gerade eine starke Renaissance der Wertschätzung des 9. Oktober, urteilte Oberbürgermeister Burkhard Jung und führte dies in erster Linie auf das entsprechende Engagement der Leipziger zurück. Auch Paul Nolte, Historiker an der Freien Universität Berlin, konstatierte ein gewisses Pathos in der gegenwärtigen Diskussion um die Frage, ob ein anderer als der 3. Oktober der geeignete Termin für den Tag der deutschen Einheit sein könnte. Er war es auch, der den Begriff vom Tag der Freiheit ins Gespräch brachte, denn: Wir brauchen nicht immer gleich einen arbeitsfreien Tag, um einen Feiertag zu begehen.
Freiheitsdenkmal für Leipzig
Wenn Sie klug sind und selbstbewusst, haben Sie Chancen, beurteilte Rainer Eppelmann, Vorsitzender der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, die Frage nach der Verlegung des Nationalfeiertags auf den 9. Oktober. Man müsse allerdings dem überwiegenden Teil der Bevölkerung noch klar machen, dass es sich bei dem historischen Datum nicht um einen rein ostdeutschen, sondern um einen Termin von gesamtstaatlicher und sogar europäischer Bedeutung handle. Oberbürgermeister Jung betonte zudem, wie wichtig es sei, ausgehend von der Erinnerung an den Herbst 89 nach vorn zu denken und die Demokratie mitzuentwickeln. Mit einer Mumifizierung eines Feiertages sei keinem gedient. Ähnliches gelte für das Freiheitsdenkmal, dass kürzlich von Bundestagspräsident Norbert Lammert angeregt wurde. Für dessen Gestaltung müsse ein großer künstlerischer Entwurf her. Und: Das Denkmal gehört nach Leipzig.
Podiumsteilnehmer sehen Zukunft Deutschlands in geeintem Europa
Diesen Vorschlag unterstützte auch Hans-Dietrich Genscher, der im Verlauf der Veranstaltung immer wieder auf den europäischen Gedanken zu sprechen kam. Der wichtigste Gewinn des Jahres 1989 war aus seiner Sicht die Erkenntnis der übrigen europäischen Staaten: Diesmal, da es um die Freiheit geht, stehen die Deutschen auf der richtigen Seite. Und das ist auch ein Verdienst der Leipziger. Die Völker Europas seien sich im blutigen 20. Jahrhundert nie so nahe gewesen wie in den letzten Monaten des Jahres 89, und sie stellten fest: Wir können Großes erreichen, wenn wir zusammenwirken und Schreckliches, wenn wir das Gegenteil tun. Die Zukunft Deutschlands sieht Genscher daher alternativlos in einem einigen Europa.
Den vielen leidvollen Debatten über die vermeintlich misslungene deutsche Einheit setzte Genscher zum Abschluss der Veranstaltung eine einzige Frage entgegen: Über 60 Jahre Frieden in Europa ist das etwa nichts, meine Damen und Herren?
Weitere namhafte Unterzeichner unter dem Ruf aus Leipzig: 40 + 20 = 60
Ausgangspunkt für die Diskussion war der Ruf aus Leipzig unter dem Motto 40 + 20 = 60. Namhafte Leipziger Persönlichkeiten hatten mit diesem Papier im Sommer auf die vielfache historische Bedeutung des Jubiläumsjahres 2009 hingewiesen, in dem sich die Friedliche Revolution zum 20. Mal und die Gründung der Bundesrepublik Deutschland zum 60. Mal jähren. Der Ruf verweist besonders auf die zentrale Bedeutung des 9. Oktober, als in Leipzig 70.000 Demonstranten mit dem Ruf Wir sind das Volk! das Ende des SEDRegimes einleiteten. Die Friedliche Revolution ist ein wesentlicher Teil der demokratischen Traditionslinie der Bundesrepublik und gehört als erster gelungener antidiktatorischer Aufstand zu den besonderen Ereignissen unserer Geschichte, auf den alle Deutschen stolz sein können. Die Demokratie wurde im Osten Deutschlands 1989/90 von den Bürgern selbst errungen und in gesellschaftlicher Selbstvergewisserung ein zweites Mal bestätigt, heißt es in dem Aufruf. Inzwischen gehören weitere namhafte Vertreter aus Bundes- und sächsischer Landespolitik zu den Unterzeichnern des Rufs aus Leipzig. Deren Namen sowie der vollständige Wortlaut sind unter www.herbst89.de zu finden.
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9. Oktober 2007
Datum: