Die Industrie und das Verlagswesen des Landes, seine Museen und Sammler, seine intellektuellen Köpfe und Arbeitervereinigungen erwiesen sich in vielerlei Hinsicht als potente Partner für die Kunstschule und ihre Absolvent/-innen. Eine Reihe prominenter Bauhäusler/-innen sind in Sachsen geboren oder wirkten hier. Man denke an Marianne Brandt, Lothar Schreyer, Hajo Rose oder Franz Ehrlich. 1932 gab es sogar - wenn auch nur kurze und gescheiterte - Verhandlungen über einen Umzug des Bauhauses von Dessau nach Leipzig. Zur Messestadt Leipzig und speziell zum Grassimuseum unterhielt das Bauhaus frühzeitig und kontinuierlich fruchtbare Kontakte. Auf diese und auf die Werke sächsischer Bauhäusler/-innen, aber auch auf prägende Meister wie Wassily Kandinsky, László Moholy-Nagy, Paul Klee oder Josef Albers und ihre Verbindungen in die Region richtet sich ein Fokus der Ausstellung. Auf der andauernden Inspiration des Bauhauses bis heute ein weiterer. Im Dialog zu den historischen Bauhaus-Werken stehen Arbeiten von sieben zeitgenössischen Künstler/-innen.
Das Bauhaus in Sachsen
Die Ausstellung "BAUHAUS_SACHSEN" beleuchtet die Beziehungen zwischen Sachsen und dem Bauhaus in einer Reihe von Themenbereichen. So sind in "Frühes Bauhaus" Arbeiten mit Bezug zu den hauseigenen Grassimessen hervorzuheben: neben dem bekannten Bauhaus-Schachspiel von Josef Hartwig aus dem Jahr 1924 und einer silbernen Teekanne von Christian Dell von 1922 auch Schmuck und Keramik. Bei der "Bühne am Bauhaus" stehen Fotografien, Figurinen und Marionetten des in Sachsen gebürtigen Kurt Schmidt im Mittelpunkt. Im Bereich "Josef und Anni Albers" werden unter anderem grafische Arbeiten, Probesegmente der Albers-Fenster des Grassimuseums sowie Arbeiten von Anni Albers gezeigt. Entwurfszeichnungen von Marianne Brandt, Gebrauchsgrafik von Hajo Rose, Grafiken, Malereien und Materialstudien von Franz Ehrlich werden unter "Sächsische Bauhäusler" vorgestellt. Arbeiten von Jan Tschichold, Irmgard Sörensen-Popitz und weiteren Künstlern stehen im Fokus von "Grafikdesign und Typographie".
Neben weiteren Themenkomplexen verdient der Bereich "Bauhaus-Produkte auf den Grassimessen" ein besonderes Augenmerk. Denn eine besonders enge Verbindung zur Avantgardeschmiede Bauhaus unterhielt das Leipziger Kunstgewerbemuseum/ Grassimuseum bereits seit 1919. Auf dessen hauseigenen Grassimessen wurden viele Weichen für das Bauhaus und aus ihm hervorgegangene Künstler/-innen gestellt. Schon früh erwarb das Museum Bauhaus-Objekte für seine Sammlungen und ist damit heute das einzige Museum in Sachsen, das in seiner Ständigen Ausstellung das Bauhaus komplex darstellen kann. Im Bereich "Bauhaus für die Industrie" werden Kandem-Leuchten aus Leipzig, wichtige Arbeiten aus der Staatlichen Porzellanmanufaktur Berlin, Stahlrohrmöbel, Möbel von Peter Keler für die Waldheimer Firma Albert Walde, Möbel von den Deutschen Werkstätten Hellerau präsentiert.
Zeitgenössische Künstler/-innen reflektieren das Bauhaus
Die Künstlerinnen Judith Raum und Katharina Jebsen rekonstruieren Bauhausstoffe und machen sie neu erlebbar. Felix Bielmeier führt fotografisch durch das von Oskar Schlemmer geprägte Haus Rabe in Zwenkau. Die angekündigte, aber nie erschienene zweite Bauhaus-Grafikmappe legt Felix Martin Furtwängler als Überraschungsüberlieferung vor. Lutz Könnecke setzt sich mit der frühen Bauhauskeramik auseinander. Die Künstlerin Oskar Rink schreibt Bildräume der Bauhäusler/-innen fort. Joachim Brohm verfolgt die architektonische Umsetzung einer Skizze von Mies van der Rohe. Und Alexej Meschtschanows Möbelassemblagen werfen Fragen nach Sitz-Ikonen auf.
Josef Albers-Fenster im Grassimuseum
Das Haupttreppenhaus des Grassimuseums beherbergt ein einzigartiges Kunstwerk der Moderne - die Flachglasgestaltungen der 18 bis zu sieben Meter hohen Fenster. Die Entwürfe dieser streng geometrisch angelegten Fenster lieferte 1926 Josef Albers (1888-1976), der zu dieser Zeit am Dessauer Bauhaus unterrichtete. Seine raumabschließende Komposition im "Thermometerstil" verbindet die einzelnen Geschossebenen. Obwohl innen von keiner Stelle aus komplett erfassbar, wirken sie wie ein gegliedertes, aber doch zusammengehöriges abstraktes Bild, das sich erst in der Bewegung völlig erschließt. Im Zweiten Weltkrieg zerstört, galten die Albers-Fenster lange als verloren. Nach jahrelanger intensiver Forschung und einer folgenden Spendenkampagne war 2011 ihre detailgenaue Rekonstruktion realisiert worden. Das Museum ist ein ausgewählter Ort der "Bauhaus 100: Grand Tour der Moderne" (https://www.bauhaus100.de).
Zeit und Ort
Laufzeit der Ausstellung: 18. April bis 29. September 2019
Eröffnung: 17. April 2019, 18 Uhr, mit Musik und Theater, Mode und Aktionen
Grassi Museum für Angewandte Kunst
Johannisplatz 5-11
04103 Leipzig