330 Leipziger haben den Fragebogen in der Printausgabe ausgefüllt und an die Redaktion geschickt, 253 Leser haben ihre Kreuze in der Onlinefassung gesetzt. Melanie Tropper, Studentin am Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaften der Universität Leipzig, hat die Daten für ihre Bachelorarbeit erhoben und entsprechend ausgewertet.
Print oder online?
Noch ziehen die Leipziger die Papierausgabe der Onlineausgabe vor. Sie wollen ihre Zeitung in der Hand halten. Leser, die die gedruckte Fassung des Fragebogens beantwortet haben (Durchschnittsalter 65 Jahre), lesen das Blatt fast ausschließlich im Papierformat (95 Prozent). Von den Online-Befragten (Durchschnittsalter 47 Jahre) lesen nur 7 Prozent immer die Onlinefassung, 39 Prozent lesen das Blatt gelegentlich im Internet und 65 Prozent nutzen ebenso immer die gedruckte Ausgabe. Allerdings weiß etwa nur jeder zweite Leser überhaupt, dass das Amtsblatt auch im Internet verfügbar ist.
Alternative zu lokalen Medien?
Als objektive Alternative zur lokalen Berichterstattung sehen die Zeitung 42 Prozent aller Befragten. Dennoch nutzen 20 Prozent das Amtsblatt als wichtigste Informationsquelle für Kommunalpolitik in Leipzig, gefolgt von der LVZ (18 Prozent) und dem MDR (16,5 Prozent) und anderen Medien. Ihre Meinung beeinflusst das Amtsblatt jedoch nicht oder nur teilweise, schätzt die überwiegende Mehrheit der Leser ein.
Der Lesestoff
Thematisch bietet das Amtsblatt offenbar Vielfalt und eine gute Mischung: Während die Online-Befragten ihre Favoriten in den Rubriken Kommunalpolitik, Beschlüsse aus dem Stadtrat, Bekanntmachungen, Bau und Soziales sehen, konzentrieren sich die Leser der Printausgabe neben den Bekanntmachungen mehr auf die Themen Umwelt, Soziales, Kultur und Gesundheit. Weniger gut schneiden die Rubrik "Fraktionen zur Sache" und das Editorial ab, und auch das Titelthema trifft nur teilweise den Geschmack der Leser.
Über die Hälfte der Leser wünschen sich mehr Sonderseiten. Baugeschehen, Stadtentwicklung und Verkehrsplanung rangieren bei den Themen weit oben, gefolgt von Sonderseiten zu Kulturbetrieben, Natur- und Umweltthemen, Kita- und Schulausbau sowie Veranstaltungen rund um Leipzig und Umgebung. Ob als Sonderthema oder einfacher Beitrag: Die Befragten möchten mehr erfahren über Stadtgeschichte, Stadtteile, über Vereinsarbeit, besondere Bürger und Stadtverordnete. Auch Ämter sollten vorgestellt, über das regionale Handwerk oder Mitwirkungsmöglichkeiten für Bürger sollte mehr berichtet werden. Genauso wichtig: Die Leipziger wollen mehr zu Sauberkeit, Ordnung und Sicherheit im Amtsblatt lesen. Vereinzelt wollen Leser auch Kreuzworträtsel lösen oder ihre Leserbriefe abgedruckt finden. Über die Hälfte aller Befragten wünschen sich außerdem, dass stadteigene Unternehmen wie LVB, SWL, KWL oder LWB stärker im Amtsblatt behandelt werden.
Aufmachung und Qualität
Die Aufmachung Aufbereitung und Qualität der Beiträge werden überwiegend positiv bewertet. Sie sind aktuell und interessant, zumeist gut lesbar, kurz, sachlich und prägnant geschrieben. Dennoch vermissen die Leser Selbstkritik: Häufig seien die Beiträge einseitig abgefasst und unkritisch. Besonders gern lesen sie den Bericht (36 Prozent), gefolgt von der Kurzmeldung (26 Prozent) und dem Porträt (15 Prozent).
Anzahl, Qualität, Größe und Motivauswahl der Fotos halten die Leser überwiegend für an gemessen und gut. Die Gestaltung des Amtsblattes bewerten die Print-Befragten deutlich besser als die Online-Befragten. Zeitgemäß ist sie für 44 Prozent der Zeitungsleser, die Online-Leser teilen die Auffassung nur zu 35 Prozent. 16 Prozent dieser Gruppe halten das Layout für antiquiert. Einige Leser regen an, ein handlicheres Zeitungsformat zu wählen.
Lob und Kritik
Gelobt wird das Amtsblatt dafür, dass es noch immer kostenlos ist, nach Hause geliefert wird und nicht so viel Werbung enthält. Starke Kritik gilt jedoch dem Vertrieb. Viele Leser und auch die Redaktion bedauern die Zustellprobleme, an deren Lösung regelmäßig gearbeitet wird.
Wunsch und Wirklichkeit
583 Lesermeinungen sind nicht repräsentativ für eine Stadt wie Leipzig und eine Zeitungsauflage von 225.000 Stück. Und doch zeigen sie Trends. An denen kann sich die Amtsblatt-Redaktion orientieren und ihre inhaltliche Arbeit besser
ausrichten. Danke also jenen Leserinnen und Lesern, die mit ihren Antworten
unterstützt haben und deren Wünsche die Redaktion jetzt besser kennt.
Dennoch wird ein Amtsblatt immer ein Amtsblatt bleiben. Meinungsbilder und Wertungen gehören nach wie vor in Tageszeitungen und andere Medien, deren Aufgaben das Amtsblatt nicht übernehmen darf und will. Die Anregungen und Hinweise der Leser auswerten, behutsam über Neuerungen nachdenken und sie schrittweise umsetzen will die Redaktion indes schon. Denn immerhin 46 Prozent aller Befragten sagen: "Ja, das Leipziger Amtsblatt stärkt mein Zugehörigkeitsgefühl als Leipziger Bürger". Hier sieht das Amtsblatt eine Chance, noch etwas nachzulegen.