Die Ergebnisse des Lebenslagenreports 2009 (PDF 5 MB) liegen jetzt vor. Die ZAROF GmbH erstellte ihn im Auftrag der Stadt Leipzig. Auf der Basis von Daten Ende 2008 und einer Befragung von 838 Personen wurden verschiedene Faktoren beschrieben, die die konkreten Lebenslagen der Menschen in der Stadt bestimmen und die damit Einfluss auf deren gesellschaftliche Teilhabechancen haben.
Armutsquote 18,9 %
Im Durchschnitt bekamen 2008 pro Monat fast 87.000 Einwohner der Stadt staatliche Hilfen zur Sicherung ihrer physischen und gesellschaftlichen Existenz. Das betraf 17 Prozent der Bevölkerung. Zählt man außerdem einen Teil der Empfänger von Wohngeld zu dieser Gruppe hinzu, dann lebten 2008 etwa 96.600 Personen in Leipzig am Rande des Existenzminimums, was einer Armutsquote von 18,9 Prozent entspricht. Darin sind allerdings jene, die keine staatlichen Leistungen beanspruchen und dennoch wegen geringer Renten oder Erwerbseinkommen am Rande des Existenzminimums leben, nicht enthalten.
Armut bestimmt sich durch das Zusammenkommen mehrerer Faktoren, zum Beispiel durch eine
Unterversorgung in den Lebenslagen Arbeit, Einkommen, Gesundheit und Bildung sowie mangelnde gesellschaftliche Teilhabe, die oft zu sozialer Ausgrenzung führen.
Die 2008 am stärksten von relativer Armut betroffenen Gruppen in der Stadt waren:
- Alleinerziehende (mit Kind/ern unter 18 Jahren) (ca. 7.600 Personen = 58 Prozent aller Alleinerziehenden)
- Kinder und Jugendliche (ca. 19.000 Personen = 34 Prozent aller Kinder und Jugendlichen)
- Migranten (ca. 9.300 Personen = 34 Prozent aller Menschen mit Migrationshintergrund)
- Langzeitarbeitslose (ALG II Empfänger) (ca. 15.400 Personen = 24,4 Prozent aller ALG II Empfänger)
- Senioren (ca. 9.000 Personen = 9 Prozent aller Senioren).
Städtevergleich Leipzig - Dresden - Chemnitz
Bestandteil des Lebenslagenreports ist ein Städtevergleich mit Dresden und Chemnitz, dem Land Sachsen und dem Bund zu allen verfügbaren lebenslagenbezogenen statistischen Faktoren, wobei Leipzig mit 18,9 Prozent der Bevölkerung 2008 eine höhere Armutsquote hatte als Dresden (13,8 Prozent) bzw. Chemnitz (15,8 Prozent).
Es hat in den letzten Jahren zwar einen Anstieg bei der Zahl der Erwerbstätigen und gleichzeitig
sinkende Arbeitslosenzahlen gegeben, jedoch reicht diese eher moderate Entwicklung bei weitem nicht aus, um das anhaltend hohe Beschäftigungsdefizit grundsätzlich zu verringern. Das anhaltende Ungleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt und insbesondere die verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit
bleiben die Hauptverursacher für das Entstehen von relativen Armutslagen.
Handlungsmöglichkeiten der Kommune
Nicht für alle aufgezeigten Problemfelder stehen der Stadt Leipzig die entsprechenden Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Die Festlegung der Höhe von Regelsätzen beim Arbeitslosengeld II und dem Sozialgeld zum Beispiel ist Angelegenheit des Bundes. Handlungsmöglichkeiten bestehen bei der Ausgestaltung kommunalspezifischer Leistungen so erweitern der Leipzig-Pass, die Leipzig-Pass-Mobilcard, die Schüler-Mobilcard und weitere Angebote die Möglichkeiten der gesellschaftlichen Teilhabe.
Kinder und Jugendliche
Die Zahl der Kinder und Jugendlichen in Leipzig hat sich aufgrund des Geburtenrückgangs seit 1990 um mehr als 40 Prozent reduziert. Dennoch hat sich der sozialpolitische Handlungsbedarf nicht verringert. Nach einer stetigen Steigerung seit den 90-er Jahren lebten Ende 2008 etwa 19.000 Leipziger Kinder unter 15 Jahren in relativen Armutslagen, das heißt jedes dritte Kind in einer Familie mit Leistungen nach dem SGB II. In Familien mit Migrationshintergrund und SGB II-Leistungen betrifft dies jedes zweite Kind.
Senioren
Aufgrund des demographischen Wandels ist die Zahl der Senioren in der Stadt stetig gewachsen und wird weiter wachsen. Sie sind bisher zwar von allen Altersgruppen am wenigsten auf eine
Existenzsicherung durch Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch angewiesen, dennoch leben etwa 3.500 Senioren in Leipzig von der staatlichen Grundsicherung (örtlicher und überörtlicher Sozialhilfeträger) und über 5.000 können wegen geringer Einkommen Wohngeld beanspruchen. Das geschätzte Potenzial der relativen Armut bei den Senioren liegt bei knapp neun Prozent, Tendenz steigend.
Menschen mit Behinderungen
Die Zahl der Menschen mit Behinderungen stieg seit Anfang der 90-er Jahre stetig. Wegen ihrer Beeinträchtigung sind Behinderte auf besondere Maßnahmen der Integration angewiesen. Die
Mehrzahl der Behinderten ist älter als 60 Jahre, im Hinblick auf relative Armutslagen sind aber besonders erwerbsfähige Behinderte von einem Armutsrisiko bedroht. Wegen der zahlreichen Anstrengungen zur Integration von Behinderten in die Gesellschaft ist die Situation in Hinsicht auf soziale Ausgrenzung der Behinderten aber nicht gravierender als bei anderen Gruppen der Bevölkerung. Gleichwohl bleibt auch hier ein Handlungsbedarf zur Verbesserung der Teilhabechancen Behinderter, insbesondere wenn eine Behinderung mit relativen Armutslagen kumuliert.
Bildung
Die Bildungsabschlüsse der Leipziger Bevölkerung zeigen ein relativ hohes Bildungsniveau, das über dem Bundesdurchschnitt liegt und einer deutschen Großstadt mit vergleichbaren
Bildungseinrichtungen entspricht. Problematisch ist dennoch der im Bundes- und Landesvergleich hohe Anteil der Förderschüler in Leipzig (zehn Prozent Anteil an der 7. Klassenstufe; Sachsen ca. sieben Prozent, Bund ca. fünf Prozent). Der Anteil der Schulabgänger ohne Schulabschluss ist seit Jahren mit zehn bis zwölf Prozent konstant hoch und ist derzeit mit 19 Prozent bei den Schulabgängern mit Migrationshintergrund ebenfalls vergleichsweise hoch.
Entwicklung in den Stadtteilen
Neben zielgruppenbezogenen Ansätzen gilt es vor allem, sozialräumliche Entwicklungen zu
berücksichtigen. Insbesondere die städtischen Quartiere, die seit Anfang 2000 als Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf gekennzeichnet sind, weisen nach wie vor überdurchschnittliche Werte in Bezug auf Langzeitarbeitslosigkeit und andere soziale Merkmale auf. Am höchsten ist der Handlungsbedarf dort, wo sowohl städtebauliche als auch soziale Problemlagen kumulieren, das heißt vor allem in den Stadtteilen Neustadt-Neuschönefeld, Volkmarsdorf und Schönefeld-Abtnaundorf, Lindenau, Altlinde-nau, Neulindenau und Kleinzschocher sowie in Leipzig-Grünau, insbesondere in Grünau-Mitte, Grünau-Nord und Lausen-Grünau. Für Leipzig besonders auffällig ist, dass sich Armutslagen von Familien und Kindern auch sozialräumlich deutlich abbilden. Im Jahr 2009 waren Familien von jedem dritten Leipziger Kind unter 15 Jahren auf Sozialgeldzahlungen angewiesen, in den Ortsteilen Volkmarsdorf und Neustadt-Neuschönefeld sind sogar drei von vier Kindern auf diese Leistungen angewiesen.
Mit Beschluss der Ratsversammlung im Herbst 2007 wurde die Stadtverwaltung beauftragt, den Lebenslagenreport 2009 zu erstellen. Nach einem Teilnahmewettbewerb wurde die Bietergemeinschaft ZAROF GmbH Leipzig und SoWi Forschung
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