"Kinder haben ein Recht auf Bildung und Teilhabe. Schulen und Kitas können nicht für längere Zeit geschlossen bleiben. Die Folgen sind für die Kinder und Familien nicht tragbar. Durch die Schließung verstärken sich Bildungsdefizite, soziale Ungleichheiten und leider auch unentdeckte Kindeswohlgefährdungen. Es wird aber immer eine Abwägung zwischen Infektionsschutz und Kinderrechten bleiben", erklärte Kultusminister Christian Piwarz und ergänzte: "Auch in Zukunft kann es zu Corona-Infektionen an Schulen und in Kitas kommen. So ehrlich und realistisch müssen wir sein. Aber Schulen und Kitas stellen kein größeres Risiko als andere Bereiche des öffentlichen Lebens dar." Es sei daher wichtig, die Hygieneregeln einzuhalten und bei einer Corona-Infektion an Schule oder Kita schnell zu reagieren. Der Minister betonte zudem: "Jeder Einzelne von uns trägt eine Verantwortung, um die schnelle Ausbreitung von Corona zu verhindern und damit den Regelbetrieb an Schulen und Kitas zu sichern."
Um auf das Pandemiegeschehen reagieren zu können und eine Ausbreitung zu verhindern, hat das Kultusministerium gemeinsam mit dem Sozialministerium und in Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden einen Vier-Stufen-Plan vorbereitet, der bei lokalen Ausbrüchen ein schnelles und sicheres Handeln der Schulen und Kitas ermöglicht. "Wir haben Sicherheitsvorkehrungen getroffen, um Corona-Infektionsketten schnell zu unterbrechen und Schließungen zu vermeiden oder sie so kurz und begrenzt wie möglich zu halten", so Piwarz zum Ziel des Stufenplanes.
Sollten Infektionszahlen steigen und eine Kita oder Schule betroffen sein, sieht der Plan vor, dass zunächst gestaffelt vorgegangen wird. Die Kontakte werden ermittelt, es wird untersucht und einzelne Kinder oder Gruppen in Quarantäne geschickt. Auch lokale Schulschließungen können nicht ausgeschlossen werden. "Schulschließungen wird es auch im neuen Schuljahr geben, aber sie dürfen nur die Ultima Ratio sein und nur punktuell oder regional und zeitlich begrenzt erfolgen. Die transparenten Entscheidungsstufen sollen dazu beitragen." Der Minister machte auch deutlich, dass allein die Gesundheitsämter entscheiden, welche Sicherheitsmaßnahmen an den Schulen und Kitas getroffen werden müssen und ob eine komplette Schließung notwendig ist.
Kommt es zu Quarantänemaßnahmen oder 14-tägigen Schulschließungen, erhalten die Schüler Lernaufgaben für zu Hause. Wechselmodelle zwischen Lernen zu Hause und Präsenzteilen in der Schule sind aufgrund der Kürze der Maßnahmen nicht sinnvoll.
Die Schulen müssen auf die vorübergehende Lernzeit zu Hause vorbereitet sein. Sie bekommen dazu Handlungsempfehlungen und eine lehrplangerechte Materialsammlung, die über eine digitale Bildungsplattform zur Verfügung steht.
Der Stufenplan
Der Stufenplan basiert auf folgenden Szenarien bezogen auf die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner des Landkreises beziehungsweise der Kreisfreien Stadt in einem Zeitraum von 7 Tagen.
1. Bis 20 Neuinfektionen
Bei Fallzahlen von bis zu 20 Neuinfektionen ist grundsätzlich von einer Normallage auszugehen. In diesem Fall werden allgemeine Maßnahmen wie beispielsweise Kontaktnachverfolgung vom Gesundheitsamt ergriffen, um einen weiteren Anstieg des Infektionsgeschehens zu verhindern.
Wenn Schulen und Einrichtungen der Kindertagesbetreuung vom Infektionsgeschehen betroffen sind: In der Regel bleiben Kindertageseinrichtungen/ Kindertagespflegestellen und Schulen geöffnet. Es kann aber zur Anordnung von Quarantänemaßnahmen bezüglich einzelner Schüler beziehungsweise Beschäftigter der Einrichtungen sowie von Gruppen und Klassen kommen. Arbeitet eine Kindertageseinrichtung nach offenem/ teiloffenem Konzept, so kann die gesamte Einrichtung geschlossen werden.
Ausnahme ist auch hier eine Fall-Konstellation, dass sich ein Infektionsgeschehen auf eine Schule beziehungsweise Einrichtung der Kindertagesbetreuung sowie gegebenenfalls benachbarte Einrichtungen konzentriert (lokaler Hotspot). Hier wird das Gesundheitsamt fallabhängig auch bei insgesamt niedrigen Fallzahlen über eine vorrübergehende Schließung der Schulen beziehungsweise Kita/ Kindertagespflegestelle entscheiden. Eine Schließung erfolgt in der Regel über 14 Tage.
2. Von 21 bis zu 35 Neuinfektionen
Es werden in der Regel die gleichen Maßnahmen ergriffen wie in der 1. Phase. Allerdings erfolgt eine Intensivierung der Maßnahmen.
Bei diffusem Infektionsgeschehen im Landkreis beziehungsweise der Kreisfreien Stadt mit Infektionsfällen bei Schülern, Lehrern beziehungsweise anderen Beschäftigten in mehreren Schulen und Kitas/Kindertagespflegestellen erfolgt in der Regel keine vollständige Schließung aller Einrichtungen. Ausnahme sind auch hier Fälle, in denen sich gerade die Neuinfektionen an der jeweiligen Schule beziehungsweise Kita/ Kindertagespflegestelle konzentrieren. Hier entscheidet das Gesundheitsamt im Einzelfall.
Sollte sich das Infektionsgeschehen auf eine Region innerhalb eines Landkreises beziehungsweise bestimmte Stadtteile einer Kreisfreien Stadt konzentrieren, wird das Gesundheitsamt im Falle der Notwendigkeit Einrichtungen nur in diesem Bereich vorrübergehend schließen und ansonsten Schulen und Kitas/ Kindertagespflegestellen geöffnet halten.
3. Von 36 bis zu 50 Neuinfektionen
Bei einem Neuinfektionsgeschehen und Betroffenheit von einzelnen Schulen und Kindertageseinrichtungen/ Kindertagespflegestellen wird auch eine vorübergehende Schließung von Einrichtungen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens notwendig werden. Das kann auch beinhalten, dass einzelne Schulen beziehungsweise Kindertageseinrichtungen/ Kindertagespflegestellen geschlossen werden, wenn diese selbst gar nicht beziehungsweise nur geringem Umfang selbst von Neuinfektionen betroffen sind und das Infektionsgeschehen von Betrieben oder anderen Einrichtungen in der Nachbarschaft ausgeht. Schließungen werden zeitlich auf das unbedingt notwendige Maß beschränkt, in der Regel 14 Tage.
In den Landkreisen beziehungsweise Kreisfreien Städten werden die Entscheidungen in Krisenstäben vorbereitet. Die Schulträger und die jeweiligen Standorte des Landesamtes für Schule und Bildung werden hier ebenso eingebunden, wie auch die kommunalen Verantwortungsträger für die Kindertagesbetreuung (Jugendämter und Gemeinden/ Eigenbetrieb Kita).
4. Über 50 Neuinfektionen
Bei einem Neuinfektionsgeschehen im Umfang von über 50 Neuinfektionen wird regelmäßig auch die Schließung von Schulen und Kitas/ Kindertagespflegestellen notwendig sein, um das Neuinfektionsgeschehen einzudämmen und wieder zu reduzieren. Dies umfasst auch großräumige Schließungen von Schulen und Kitas/Kindertagespflegestellen und kann auch die Schließung aller Schulen und der Kindertagesbetreuung des Landkreises beziehungsweise der Kreisfreien Stadt umfassen.
Die Entscheidungen werden über den Krisenstab des Landes vorbereitet unter Einbeziehung des Kultusministeriums und der kommunalen Spitzenverbände (SSG und SLKT).
Über die Schließung von Schulen und Kindertageseinrichtungen/Kindertagespflegestätten entscheidet in Vollzug des Infektionsschutzgesetzes ausschließlich das örtlich zuständige Gesundheitsamt (Landkreis/ Kreisfreie Stadt).
Das Gesundheitsamt entscheidet des Weiteren in allen Phasen über die Durchführung und Umfang von Tests und Maßnahmen der Nachverfolgung.
Eine Notbetreuung bei Schließung von Kita oder Grundschule erfolgt im Übrigen nur für unmittelbar systemrelevante Berufsgruppen, wenn beide Personensorgeberechtigten in entsprechenden Bereichen tätig sind.
Ausgewählte Hygieneregeln für den Schulbetrieb nach den Sommerferien
Die Einhaltung eines Mindestabstandes von 1,5 Metern gilt im kommenden Schuljahr für Schulen und schulische Veranstaltungen nicht mehr. Die an der Schule tätigen Personen müssen täglich dokumentiert werden, um Infektionsketten besser nachvollziehen zu können. Eine Gesundheitsbestätigung, wie sie bisher im eingeschränkten Regelbetrieb an Grundschulen notwendig war, entfällt für den schulischen Bereich künftig. Wer die Schule betritt, muss unverzüglich die Hände waschen oder desinfizieren. Personen, die mit dem Corona-Virus infiziert sind oder Symptome zeigen, dürfen nach wie vor die Schulen nicht betreten.